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Dämonenfeuer

DÄMONENFEUER

Michael Laimo
Roman / Horror

Otherworld Verlag

Taschenbuch, 272 Seiten
ISBN: 978-380009519-3

Jan. 2010, 12.95 EUR
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Ein dumpfer Laut ertönte, begleitet von einer Schwingung, die Jyro in den Füßen spürte. Er schaute zur Toilette und sah, wie sich etwas aus den zerschmetterten Überresten erhob, eine abscheuliche Masse aus missgebildeten Beinen, aus Überresten eines frisch erlegten Kadavers, zusammengebunden wie die Beute eines Jägers. Das Ding bewegte sich, schüttelte die faulige Abwasserschicht ab, dann spreizten sich die Beine eines Tiers, vielleicht eines Rehs mit durchdringenden Reißlauten. Riesige, echsenartige Klauen schossen aus dem Ding hervor. Sie verhakten sich am Rand der geborstenen Porzellanschüssel und drückten nach oben. Jyro verschlug es den Atem, als sich die riesige Kreatur zur Decke erhob, ein abscheulicher Klumpen aus Fäkalien, der sich krümmte und wand wie ein gebärendes Tier. Schwarze, schorfige Matschkrusten glitten von der aufbrechenden Oberfläche und ließen nasse Blutflächen zurück.
Jyro schrak mit einem stummen, in seiner Kehle steckenden Schrei vor dem Ding zurück. Panisch drehte er sich dem Ausgang zu, aber die Tür fiel vor seiner Nase mit einem ohrenbetäubenden Krachen ins Schloss und sperrte das spärliche Licht aus, das aus dem Flur hereindrang.
Timothy, der bisher unnatürlich ruhig geblieben war, stieß in der Dunkelheit einen Schrei blanken Grauens aus, drehte sich um und begann, gegen die Wand zu treten und zu schlagen. Jyro richtete den Strahl der Stiftlampe auf ihn. Der Junge kreischte: »Schaff mich hier raus!«
»Komm hierher!« Jyro schwenkte die Lampe auf die Tür. Er packte den Knauf, der sich jedoch nicht drehen ließ. Verzweifelt hämmerte er gegen die Tür. Timothy kam herbeigestolpert und tat dasselbe. Ihre Arme und Fäuste stießen zusammen. Vom Flur vernahm Jyro das Gebrüll der anderen. Auch draußen versuchte jemand, den Türknauf zu drehen, ebenfalls vergeblich.
Das Ding hinter ihnen stieß ein durchdringendes Krächzen aus, sodass sie jäh verstummten. Sie hörten auf, gegen die Tür zu hämmern, duckten sich stattdessen davor und lauschten hilflos den schmatzenden Lauten, die das Ungetüm von sich gab.
Jyro schaute über die Schulter zurück und beleuchtete die Kreatur. Der Schatten, den sie warf, schmolz und bewegte sich hinter ihr. Zwei Meter sich krümmender, blubbernder Fäkalien erstreckten sich vom Boden zur Decke. Die Oberfläche waberte unruhig, und verschiedene Formen bildeten sich heraus, mal unförmige menschliche Hände, dann Tierbeine und -klauen und abscheuliche Fratzen, die vorquollen und Schreie ausstießen, ehe sie wieder mit der dunklen Masse verschmolzen. Das Ding schien aus nichts Festem zu bestehen, sondern aus etwas Amöbenartigem, das Brocken seiner selbst an die Wände und auf den Boden spuckte, von wo sie flink zurück zur Muttermasse krochen.
»Was ist das?«, kreischte Timothy und sackte gegen die Tür zurück. Tränen schossen aus seinen Augen. Jyro spürte, wie der Junge neben ihm zitterte, was sein eigenes Grauen in keiner Weise linderte.
Wie zur Reaktion auf die Stimme des Jungen fuhr das Ding ruckartig in seine Richtung herum; die Mitte zuckte seitwärts und ließ Anzeichen eines affenähnlichen Gesichts darin erkennen. Irgendwo aus den Tiefen der unruhigen Masse drang eine Reihe von halb prustenden, halb schnaubenden Lauten hervor, die an einen wütenden Stier erinnerten.
Jyro und Timothy klammerten sich aneinander, zittrig vor Grauen.
»Du bist nicht real!«, brüllte Timothy. »Das … kannst du gar nicht sein!«
Das Ungetüm wiegte sich hin und her und spie einen Strahl fauliger Masse quer durch den kleinen, gefliesten Raum. Die abgetrennten Teile pulsierten und rollten wie Quecksilbertropfen zurück zu der Kreatur.
»Geh zurück in die Hölle, aus der du gekommen bist!«, schrie Jyro.
Von oben ertönte ein schmatzendes Geräusch. Jyro richtete den Lichtstrahl an die Decke und erblickte Tentakel aus Matsch, die sich darüber wanden. Sie bewegten sich an eine Stelle über ihren Köpfen, dann lösten sie sich von der Decke und kräuselten sich auf sie zu. Jyro konnte auf der fahlen Unterseite eines Tentakels schuppenartige Unebenheiten wie bei einer Schlange erkennen.
Beide schrien: »Nein! Nein!« Dann kauerten sie sich hin und ließen die Blicke hektisch durch den Raum wandern, wollten dem trotzen, was sie bereits wussten: Es gab keinen Weg nach draußen, wenn sie die Tür nicht aufbrächten.
Wieder schlugen sie mit den Fäusten dagegen und brüllten verzweifelt: »Bitte, helft uns! Hilfe! Holt uns hier raus!« Von außen wurde am Knauf gerüttelt, aber die Tür blieb unüberwindbar.
Die Tentakel senkten sich indes weiter herab. Timothy entfernte sich von Jyro, rutschte auf Knien über die nassen Fliesen. Jyro rief: »Nein!« Er sank auf die Knie und packte den Jungen am Gürtel.
Ein Tentakel wickelte sich um Timothys Mitte. Die Spitze streifte Jyros Hand. Mit einem Aufschrei ließ er den Jungen los.
Lieber Gott, bitte hilf uns …
Timothy sah an sich hinab und erkannte, was ihn gepackt hatte. Seine Augen quollen aus den Höhlen. Panisch trat und schlug er um sich. »Ahhh! Nimm es weg! Nimm es weg!«
»O Gott, nein«, stieß Jyro hervor.
Die Tentakel fielen wie Lianen von der Decke – ein Wald von sich windenden, seilartigen Kreaturen, die sich um Timothys Arme und Beine schlängelten und nasse Spuren auf seiner Kleidung hinterließen. Der Junge kreischte und schleuderte den Kopf hin und her, konnte sich jedoch nicht befreien. »Hilf mir, bitte, hilf mir!«
Ein Tentakel schoss aus der Dunkelheit hervor und wickelte sich um Jyros Bizeps. Jyro richtete die Lampe darauf und sah, dass ihn zwei amphibienartige Augen anstarrten, schwarz, feucht und mit unzähligen Facetten.
Kreischend schlug Jyro danach.
Der Tentakel wanderte von seinem Bizeps in seinen Nacken und hinterließ dabei eine Schleimspur.
Jyro ließ die Lampe fallen und grub die Fingernägel in die weiche, matschige Haut des Molochs. Der zischte ihn an. Ein Brocken sich krümmenden Fleisches löste sich, und Jyro beobachtete ungläubig, wie er in die Dunkelheit davonschlitterte. Im selben Augenblick fingen alle anderen Tentakel zu zischen an, als hätten sie gerade erst Kehlen entwickelt. Sie schlängelten sich über den Boden und wickelten sich um Jyros und Timothys Knöchel, Oberschenkel, Handgelenke und Bäuche, kleine, runzlige Mäuler, die sie bissen.
Timothy trat und fuchtelte wild um sich, doch Jyro bemerkte, dass seine Bewegungen schwächer wurden. Die Tentakel schwollen an und schleiften den Jungen auf die große Masse zu.
Jyro erblickte auf dem Boden die Stiftlampe und ergriff sie. Das Licht wanderte über die Wand zu der Stelle, an der sich die Jungfrau Maria befunden hatte. Sie war verschwunden, einschließlich der Wasserflecken. Jyro hämmerte abermals gegen die Tür und brüllte: »Helft mir!« Wieder erzitterte die Tür, doch wieder vergeblich.
Er wirbelte herum und richtete das Licht auf die grausige Masse, in deren Seite er einen dunklen Schlitz entdeckte. Ein Maul, dachte er voll Grauen, und in dem Augenblick glitt eine ölige, gespaltene Zunge daraus hervor und peitschte hin und her.
Timothy schabte kreischend mit den Fingernägeln über die Fliesen. Sein Kopf zuckte hin und her. Die Tentakel zerrten ihn näher und näher zu der mächtigen, peitschenden Zunge und dem klaffenden Schlund.
»Nein!«, brüllte Jyro und erkannte, dass er selbst auf die Masse zugeschleift wurde. Von draußen wurde weiter gegen die Tür geschlagen. Vor Jyro wurde einer von Timothys Füßen vom Boden gehoben – die grausige schwarze Zunge hatte sich darum gewickelt. Der Strahl der Stiftlampe erfasste zufällig den Rosenkranz, den Timothy nach wie vor fest mit der Hand umklammerte.
Vor Angst oder Schmerzen hatte der Junge völlig vergessen, dass er ihn noch besaß.
O mein Gott …
Es war weniger der Rosenkranz selbst, der Jyro unvermittelt die Hoffnung verlieh, sie könnten mit dem Leben davonkommen, sondern vielmehr der Schleim und die Flüssigkeit rings um die Perlen.
»Timothy! Der Rosenkranz!«, rief er.
Der Junge, der sich nur noch wenige Zentimeter vom Schlund der Kreatur entfernt befand, drehte den Kopf und erblickte den aus seinen Fingern baumelnden Rosenkranz.
Und rings um ihn knapp einen halben Meter trockenen, sauberen Bodens.
Das Ungetüm war außerstande, den Rosenkranz zu berühren.
Die Blicke der beiden ehemaligen Ministranten begegneten einander, und in jenem Moment schienen sie eine tiefe, mentale Verbindung einzugehen – schlagartig verstanden sie einander und wussten, was zu tun war.
Weitere Tentakel wanden sich von der Decke herab und wickelten sich um ihre Arme und Beine. Einer schlang sich um einen Toilettenpapierhalter und riss ihn aus der Wand. Die Klopapierrolle landete in einer Lache des Matsches, rollte ein Stück weiter und wurde jäh von der großen Masse gepackt und in sie gesogen.
Timothy, dessen Augen in der Dunkelheit plötzlich klar und wach wirkten, verstärkte den Griff um den Rosenkranz.
Jyro besann sich der Worte Timothys, bevor sie das Badezimmer betreten hatten: Vielleicht können wir das hier zum Schutz verwenden.
Timothy peitschte den Rosenkranz in das klaffende Maul der alles verschlingenden Masse.
Ein Geräusch, wie man sich das Gebrüll der Sklaven der Hölle vorstellte, explodierte im Raum; Tausende Kehlen brüllten auf, tiefe kehlige Laute, vermengt mit dem schrillen Kreischen von gepeinigten Frauen und Kindern. Die Tentakel schnellten zurück und zuckten panisch, bevor sie sich schwarz verfärbten und zu flüssigem Abwasser schmolzen, dass sich als schmierige Überschwemmung auf dem Boden ausbreitete. Von oben regneten die sich verflüssigenden Tentakel herab. Die gewaltige Masse in der Mitte warf sich hin und her, bevor sie sich wie eine mit Salz bestreute Schnecke zu einem riesigen Fäkalhaufen auflöste.
Einen Augenblick lang bildete Timothys Weinen das einzige Geräusch im Raum. Jyro richtete die Lampe auf ihn und sah, dass der Junge immer noch mit ausgestrecktem Arm auf der Seite lag, immer noch mit dem Rosenkranz in der Hand.
Er wollte Timothy gerade etwas zurufen, als ein lautes Krachen sie beide zusammenzucken ließ: Die Tür flog auf und knallte gegen die Wand. Licht flutete den Raum und offenbarte jenen, die hereinspähten, den schauderhaften Anblick der Auswirkungen des Krieges, der soeben in dem Badezimmer stattgefunden hatte.
Als sich Timothy geräuschvoll übergab, rief Jyro: »Schafft uns hier raus, verdammt!«

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