Main Logo
LITERRA - Die Welt der Literatur
Home Autoren und ihre Werke Übersicht
Neu hinzugefügt
Serien / Reihen
Genres
Leseproben
Bücher suchen
Signierte Bücher Künstler und ihre Werke Hörbücher / Hörspiele Neuerscheinungen Vorschau Musik Filme Kurzgeschichten Magazine Verlage Specials Rezensionen Interviews Kolumnen Artikel Partner Das Team
PDF
Startseite > Bücher > Fantasy > Piper > Cayla Kluver > ALERA - GELIEBTER FEIND > Leseproben > 2. Eine unerfreuliche Begegnung
emperor-miniature

2. Eine unerfreuliche Begegnung

ALERA - GELIEBTER FEIND

Cayla Kluver
Roman / Fantasy

Piper
Originaltitel: Legacy

Fester Einband, 560 Seiten
ISBN: 978-349270216-4

Aug. 2010, 19.95 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen

Abenddämmerung. Meine liebste Tageszeit. Ich genoss diese Momente, wenn ich auf dem ausladenden Balkon vor dem Ballsaal stand und über die Hoftore unseres Palastes auf die Stadt hinunterblickte, wo etliche Lichtpunkte anzeigten, dass die Bewohner gerade ihre Laternen anzündeten. Hinter der Stadt erstreckten sich die Felder bis hin zum wilden Fluss Recorah, der aus den Bergen kam und unsere Grenze nach Osten und Süden bildete.
Es war der 10. Mai, mein siebzehnter Geburtstag. Zu diesem Anlass hatte sich die bessere Gesellschaft mehrerer Königreiche eingefunden, um mir die Ehre zu erweisen. Die Feierlichkeiten waren auch deshalb von Spannung gekennzeichnet, weil eine Thronerbin traditionell mit achtzehn Jahren den Mann heiratete, der der nächste König sein würde. Folglich erwartete man von mir, im Laufe des kommenden Jahres einen Bräutigam zu wählen. Ich hatte mich auf den Balkon zurückgezogen, als das Geflüster und die Spekulationen über meinen Favoriten mir zu viel wurden. Ich flüchtete in die frische Luft, um der stickigen Atmosphäre und der Konversation im Saal zu entgehen.

Szenentrenner


(…)

Ich schaute mich um, konnte London jedoch nirgends entdecken. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Sollte er vielleicht nicht bemerkt haben, dass ich den Ballsaal verlassen hatte? Eigentlich hatte ich ihn wachsam durch die Gästeschar streifen sehen.
Beglückt von der unerwarteten Freiheit durchquerte ich die Versammlungshalle und näherte mich dem hinteren Teil des Palastes. Im Garten wollte ich mich ein wenig erholen. Als ich den Hinterausgang erreicht hatte, zogen die Palastwachen die schweren Eichentüren auf, und ich trat nach draußen. Gemäß den Vorschriften verkündete eine der Wachen laut meine Ankunft, um seine Kameraden zu informieren, die an den Mauern entlangpatrouillierten.
Mein Vater hatte Miranna und mich oft davor gewarnt, den Garten ohne Leibwache zu betreten. Er hielt ihn für den idealen Zugang für Eindringlinge, denn um in den Palast zu gelangen, war hier nur ein einziges Hindernis zu überwinden: die Mauer, die zugleich die nördliche Stadtmauer bildete. Andererseits begann jenseits davon sofort die bewaldete und bergige Wildnis, außerdem war die Mauer hier noch einmal drei Meter höher als überall sonst. Ich selbst hatte mir nie vorstellen können, dass inmitten solcher Schönheit Gefahr lauern sollte.
Inzwischen war es stockdunkel, und nur der Mond und die Fackeln entlang der steinernen Mauer sorgten für etwas Licht. Ich sog die wohlriechende Abendluft tief ein und ging auf das Schattenreich zu. Die Stille hier allein genießen zu können, erfüllte mich mit Freude.
»Denk bloß nicht, ich hätte nicht bemerkt, wie du den Ballsaal verlassen hast.«
Ich zuckte vor Schreck zusammen und fuhr herum. Da sah ich London gegen die Palasttür gelehnt stehen. Herausfordernd hatte er eine Augenbraue gehoben. Er war wie immer in ein braunes Lederwams und ein langärmeliges weißes Hemd gekleidet. Seine Handgelenke und Unterarme waren von ledernen Armschienen bedeckt. Am Gürtel trug er zwei Langmesser. Aus einem der hohen, unter dem Knie umgeschlagenen Stiefel schaute der Griff eines Dolches heraus. Am Daumen seiner rechten Hand glänzte ein Silberring.
»Ich bin – ich wollte nur einen Spaziergang machen«, stammelte ich. »Mit etwas so Trivialem wollte ich dich nicht behelligen.«
London lächelte amüsiert.
»Immerhin bist du um eine Ausflucht bemüht! Es ist jedoch meine Aufgabe, dich zu beschützen und aufzupassen, dass du nicht verschwindest und irgendwelchen Unsinn machst – wie jetzt gerade. Ich wäre gespannt, was dein Vater dazu sagen würde.«
»Du wirst mich doch nicht bei ihm verraten, oder, London?«, fragte ich mit einem Anflug von Panik. Der jahrelange Krieg hatte meinen Vater ängstlich werden lassen. Daher waren Miranna und ich auch ständig in Begleitung von Leibwächtern. Ich wusste nur zu gut, wie ungehalten er wäre, wenn er erführe, dass ich dem Mann, der zu meinem Schutz abgestellt war, absichtlich entwischt war. In der Vergangenheit hatte ich seinen Zorn gelegentlich durchaus zu spüren bekommen.
»Nein, ich verrate es ihm nicht.« London lachte. »Ich habe ihn nur erwähnt, um dich ein wenig aus der Fassung zu bringen.«
Ich starrte ihn mit dem zornigsten Blick an, den ich zustande brachte. Dann drehte ich mich um und stapfte einen der Parkwege hinunter.
»Na gut, dann musst du eben mitkommen«, giftete ich über meine Schulter. »Aber bleib bitte so weit zurück, wie es dir erlaubt ist, und sag bloß nichts.«
»Zu Befehl, Prinzessin.«
»Ich meine das ernst, London«, sagte ich, denn ich hatte seinen ironischen Unterton sehr wohl wahrgenommen.
»Natürlich. Und ich kann deinen Wunsch nach ein wenig Ruhe durchaus verstehen.« Diesmal klang er ehrlich, wenn nicht sogar ein wenig entschuldigend.
Das Rascheln der Blätter in der leichten Brise besänftigte mich. Grillen zirpten, und ich genoss die nächtlichen Geräusche des Gartens ebenso wie seine Düfte. London hielt Wort und blieb stumm, sodass ich mich irgendwann fragte, ob er tatsächlich noch hinter mir war.
Als ich um eine Ecke bog, stockte mir der Atem, und ich unterdrückte einen Schrei. Aus der Dunkelheit starrten mir leuchtend grüne Augen entgegen. Während ich mich bemühte, besser zu sehen, und die Angst mir das Blut in den Adern stocken ließ, meinte ich, die Umrisse eines ganz in Schwarz gekleideten Mannes zu erkennen. Er trat auf mich zu, und der Widerschein des Mondlichts auf Metall verriet mir, dass er ein Schwert in der Rechten hielt.
»Prinzessin«, sagte er mit verschlagener Stimme, die viel höher klang als erwartet.
Ich wich zurück, doch bevor ich mich umdrehen und fortlaufen konnte, stand London schon wie vom Himmel gefallen zwischen dem Eindringling und mir. Seine beidseitig geschliffenen Messer hatte er bereits gezückt. Er stürzte sich in den Kampf mit dem jungen Mann, der vom Auftritt meines Leibwächters dermaßen erschrocken war, dass er sein Schwert nicht mehr richtig festhielt. Ich stand wie angewurzelt, als die Waffe des Angreifers durch die Luft wirbelte und ein Stück entfernt auf dem Boden landete. London ließ eines seiner Messer fallen und drehte dem anderen einen Arm auf den Rücken. Das zweite Messer hielt er ihm an die Kehle.
»Rede, Cokyrier«, London spuckte die Anrede aus, als hätte er einen schlechten Geschmack im Mund. »Zu wievielt seid ihr?«
Der Cokyrier gab keine Antwort, und ich trat ein kleines Stück näher, um den Angreifer besser sehen zu können, auch wenn ich vor Angst noch am ganzen Körper zitterte. Ich kniff die Augen leicht zusammen und war vollkommen überrascht.
»Bist du … eine Frau?«
Der Eindringling gab keine Antwort, sondern quittierte meine Dummheit nur mit einem Schnauben. Als ob sie irgendetwas anderes sein könnte.
»Bleib weg, Alera!«, fuhr London mich an, und ich gehorchte, auch wenn mir gar nicht bewusst gewesen war, dass ich mich erneut in Gefahr gebracht hatte. »Ruf die Wachen!«
Ich zögerte, denn die einzige Wache, die ich je hatte rufen müssen, stand bereits vor mir. Doch London erinnerte mich mit seinem scharfen Ton an die Gefährlichkeit der Lage.
»Sofort!«
»Wache!«, schrie ich, rannte auf den Palast zu und wiederholte den Ruf noch mehrmals.
Als ich den Weg erreicht hatte, der den Garten begrenzte, kamen mir drei Wachleute entgegen.
»London braucht Verstärkung!«, keuchte ich und deutete in die Richtung, aus der ich gekommen war. »Da ist ein Eindringling!«
Ich folgte den Männern, die meinem Leibwächter zu Hilfe eilten.
»Werft sie in den Kerker«, dröhnte London, als die Wachen bei ihm waren und er ihnen die Cokyrierin übergab. »Ich werde den Hauptmann und den König alarmieren.«
London packte mich am Handgelenk und eilte mit mir zurück ins Schloss. Ich stolperte hinter ihm her die Wendeltreppe in den zweiten Stock hinauf.
»Wohin bringst du mich?«, fragte ich, als wir den Flur erreicht hatten und ich vergeblich die Fersen in den Boden stemmte, um ihn daran zu hindern, mich weiterzuzerren.
»Zu deinem Vater. Ich muss ihm berichten, was geschehen ist.«
»Und was genau ist geschehen?«, fragte ich weiter und hoffte, nicht vollkommen idiotisch zu klingen.
London fuhr so plötzlich zu mir herum, dass wir beinahe zusammengestoßen wären.
»Weißt du etwa nicht, wer da in deinen geliebten Garten eingedrungen ist?«
»N-nein, ich …«
»Na gut, aber vielleicht hast du schon einmal von ihrem Volk gehört – den Cokyriern.«
»Das habe ich, aber was hat es zu bedeuten?«
London antwortete nicht gleich, sondern packte mein Handgelenk noch fester und eilte weiter. Ich wehrte mich nicht mehr, verlangte aber eine Erklärung.
»Sag es mir doch, London!«
»Das mag dich schockieren, aber es ist unerlässlich, dass du jetzt aufhörst, von kompletter Ahnungslosigkeit zeugende Fragen zu stellen! Ich muss nachdenken!«
Ich war wütend über die Tränen, die mir als Reaktion auf Londons schroffe Antwort in die Augen schossen. So hatte er noch nie mit mir gesprochen, und ich fühlte mich fast, als wäre ich geschlagen worden. Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen und bemühte mich, mit ihm Schritt zu halten. Vor der Tür zum Ballsaal blieb er stehen und schaute mir ins Gesicht.
»Ich will dich da nicht hineinzerren. Besser, wir erregen kein Aufsehen. Folge mir also auf direktem Weg zum König.«
Er schien keine Antwort zu erwarten, also nickte ich nur und blieb dicht hinter ihm, als er sich durch die Menge der Feiernden schob. Er näherte sich meinem Vater, der neben meiner Mutter in einer Gruppe zusammen mit Baron Koranis und Baronin Alantonya, Cannan und dessen Frau, Baronin Faramay, stand.
London ergriff das Wort, noch bevor irgendjemand Notiz von ihm genommen hatte. Er ignorierte Cannan, der eigentlich sein Vorgesetzter war und dem er hätte Bericht erstatten müssen, sondern wandte sich sogleich an meinen Vater.
»Eure Hoheit, es hat einen Zwischenfall gegeben. Ich würde empfehlen, dass die Wachen Euch und Eure Familie sofort in Eure Gemächer begleiten.«
Mein Vater lächelte London gutmütig an. »Das wäre ein wenig unorthodox, meint Ihr nicht?«, fragte er und lachte unbeschwert.
»Eure Majestät, ich halte Euch für einen Mann mit Verstand und erwarte daher genügend Einsicht von Euch, um meinem Vorschlag zu folgen. Bitte, Sire, tut, was ich sage.«
An seinen Hauptmann richtete London nur einen schroffen Befehl. »Folgt mir. Wir müssen den Palast sichern.«
Cannan runzelte die Stirn über Londons offensichtliche, wenn auch nicht untypische Missachtung der Befehlshierarchie, doch etwas am Ton der Stimme des Elitesoldaten ließ ihn schweigen. Stattdessen sah er sich nach Kade um, dem für die Sicherheit zuständigen Offizier der Palastwache. Der war in jeglicher Hinsicht eine bescheidenere Ausgabe von Cannan: etwas jünger, etwas kleiner, etwas weniger ehrfurchtgebietend und etwas weniger streng. Kade steuerte bereits auf uns zu, nachdem er gesehen hatte, wie London zum König geeilt war. Cannan gab ihm die nötigen Anweisungen und entfernte sich mit seinem Stellvertreter.
Sobald die beiden Männer gegangen waren, wechselten Kade und der König ein paar Worte. Anschließend legte mein Vater eine Hand um die Taille meiner Mutter und führte sie zu meiner Schwester, die mit Semari, Steldor und Galen beisammenstand. Nachdem er leise mit Miranna gesprochen hatte, winkte er Kade, der meine Familie zusammen mit der persönlichen Leibwache meines Vaters auf das Podest und von dort durch die Tür ins Honoratiorenzimmer geleitete. Bevor ich den Saal verließ, warf ich noch einen Blick auf Steldor, der soeben zusammen mit Galen in der Richtung verschwand, die auch der Hauptmann und London genommen hatten. Offenbar wollten sie einen möglichen militärischen Einsatz nicht versäumen

http://www.andrae-martyna.de
© http://www.andrae-martyna.de

Weitere Leseproben

Alera - Geliebter Feind
Prolog / Die erste Wahl

[Zurück zum Buch]

Manuskripte

BITTE KEINE MANUS­KRIP­TE EIN­SENDEN!
Auf unverlangt ein­ge­sandte Texte erfolgt keine Antwort.

Über LITERRA

News-Archiv

Special Info

Batmans ewiger Kampf gegen den Joker erreicht eine neue Dimension. Gezeichnet im düsteren Noir-Stil erzählt Enrico Marini in cineastischen Bildern eine Geschichte voller Action und Dramatik. BATMAN: DER DUNKLE PRINZ ist ein Muss für alle Fans des Dunklen Ritters.

LITERRA - Die Welt der Literatur Facebook-Profil
Signierte Bücher
Die neueste Rattus Libri-Ausgabe
Home | Impressum | News-Archiv | RSS-Feeds Alle RSS-Feeds | Facebook-Seite Facebook LITERRA Literaturportal
Copyright © 2007 - 2018 literra.info