• Schwarzfahren im pluralen Europa

    Dienstagmorgen in Freiburg: Guter Dinge besteige ich den Zug in Richtung Schweiz, denn heute ist wieder Baseltag. Dank des Eucor-Projekts der Europaeischen Konfoederation der Oberrheinischen Universitaeten kann ich naemlich auch dort an der Uni problemlos Scheine erwerben. Waehrend ich an der Station Basel Badischer Bahnhof noch daran erinnert werde, gueltige Grenzuebergangspapiere mit mir zu fuehren, und spaetestens beim Kauf der begehrten Schweizer Schokolade die Verkaeuferin auf Schweizer Franken besteht, herrscht sprachlich ein buntes Mit- und Durcheinander auf den Strassen: Franzoesisch, Schwizer-Duetsch und ein paar Brocken Italienisch tummeln sich in den Ohren.

    Auf kleinstem Raum also das, womit sich Europa (oder soll man sagen: die EU?), so eifrig beschaeftigt: Sprachenvielfalt. Oder ­ was im Uebrigen immer gilt und immer richtig klingt: Einheit in Vielfalt. Die Uni Basel ist eine der 19 europaeischen Universitaeten, die an dem Forschungsprojekt Dylan arbeiten. Das Motto: Language dynamics and management of diversity. Ziel des Unterfangens ist eine Analyse der sprachlichen Pluralitaet Europas, die von Indogermanisch ueber Turksprachen bis hin zu Dravida reicht.

    Dabei stellt sich die Frage, ob die Sprachenvielfalt eher eine Chance oder ein Hindernis fuer den Kontinent ist. Als ich bei der Rueckkehr wieder am Grenzuebergang bin, merke ich einmal mehr, dass das Nebeneinander keinesfalls ein mueheloses Fliessen ist. Sprachen verbinden zwar, aber die Verbindung kennt Grenzen. Bei einer Zugfahrt durch das plurale Europa ist das fuer gewoehnlich anders. Morgen ist wieder Dienstag, in der Fruehe steige ich wieder ein.

  • Die Eloquenz leerer Sprechblasen

    Was haben Mifanwy Kaiser, Sabrina, 19, aus Vorarlbgerg, eine Initiative gegen Tierleid sowie ein Dolmetscher- und Uebersetzungsbuero aus Muenster gemeinsam? Werter Leser, Sie waren eben nur einen Mausklick entfernt von der Antwort. Die da lautet: Sie duenken sich sprachlos. Doch sie sind nicht allein: Hollywood liess in >Speechless< die Protagonisten Reden fuer konkurrierende Politiker schreiben, eine Pop-Band rockt seit sechs Jahren sprachlos durch die Republik (>Musik, die Baende spricht<) und 3Sat weiss zu berichten: Mehr als zehn Prozent der Kinder sind sprachgestoert. Zeit fuer eine Zigarette, deutet mir Peter Glaser in seiner Email von vorgestern an. Der Mann, der grenzuebergreifend fuer seine Texte geschaetzt wird, schickte mir ein Bild: ddr_zigaretten.jpg. Orangefarbene Streifen, drei an der Zahl wie bei Adidas, horizontal plaziert, von einem braunen Quadrat, das ein organenes Z einfasst, wie von einer Guertelschnalle ueberlagert. Drunter, und Sie merken, dass das Bild, das ich beschreibe nur eine Zigarettenschachtel sein kann, drunter ist da ein blaues Rechteck durchzogen von einer braunen Linie, die sich anschickt und wendet wie eine stolzierende Irrgartenmauer. In der untersten Zeile trockene Info zum Content: 20 Stueck HSL 1873360 EVP 2,40 M. In der Mitte des blauen Rechtsecks, umgeben von der braunen Irrgartenmauer prangt es in weisser Schrift: SPRACHLOS. Aber warum beschreibe ich das Ganze so umstaendlich, wenn ich auch einfach ein im Netz archiviertes Bild sprechen lassen koennte? Nun daemmert es auch mir: Das Bild, das Guru Glaser mir schickte, es koennte gar eine Anspielung auf unser McDeutsch-Projekt sein. Ohne Worte sozusagen.

  • In Vergessenheit geraten

    Ich will mich mal so ein bisschen an meiner Biographie entlang hangeln: In Karlsbad geboren, als 3jaehriger nach Bayern gekommen – da hat man schon gleich mit drei Sprachen zu tun. Hochdeutsch, Tschechisch, Bairisch. Tschechisch konnte ich nur ein paar Brocken ueber meine Eltern (und auch nicht die vornehmsten Woerter), Bairisch lernte ich wohl oder uebel, und dann gerne fuer mein Umfeld, und Hochdeutsch mit bairischem Akzent war die Ueberlebenssprache. Dann kamen im Humanistischen Gymnasium die toten Sprachen hinzu, und schliesslich zum obligatorischen Englisch ein reichhaltiges Angebot an Wahlfach-Sprachen (Italienisch, Franzoesisch, Russisch), die ich anlernte (und nie auslernte). Mit den Sprachen nimmt man ja auch mehr oder weniger von der Kultur eines Sprachraums mit. weiterlesen »

  • Deutsch im Rotlicht

    In Deutschland hat die Ueberfremdungsangst eine neue Farbe angenommen, zumindest wenn man im uebertragenen Sinne sagen wuerde, dass die kollektive Psyche – entsprechend dem Alarmsystem der Homeland Security – je nach Aggregatzustand ihre Farben wechselt. Derzeit ist das kollektive Bewusstsein ein Rotlichtsektor und orientiert sich bei Kompensierungsversuchen dieses Zustands an den USA. Dort wird die Ueberfremdungsangst auf der Sprachebene verhandelt; der eloquenteste Homeland-Hueter gibt zu verstehen: There is no Americano Dream. There is only the American dream created by an Anglo-Protestant society. Mexican-Americans will share that dream and in that society only if they dream in English. Und so projiziert auch Deutschland seine Schwierigkeiten mit Phaenomenen wie der Migration von Daten, Kapital und Menschen auf die deutsche Sprache. Stimmt alles mit der Nation? Hat der Staat gutduenken angesichts der Globalisierung? Diese Fragen stellt man nun lieber wie folgt: Sprechen die Buerger der BRD ueberhaupt noch die richtige Sprache oder sind sie laengst verloren gegangen an ein Schattenregime, das unsere Gesellschaft zu unterwandern droht? Nach dem Schulen und Kindergaerten von dieser Frage beschattet worden sind, sowie auch Fitnessstudios, Kneipen und Saunas, bleibt nur noch eines: der Rotlichtsektor. Ich wette, dass man dort richtiggehend fuendig wird, was den Missbrauch, die Verlotterung und die Ueberfremdung der deutschen Sprache anbetrifft. Immerhin wissen Farbforscher schon jetzt: Rot ist die Farbe des Todes. An die Erotik der Sprache (Roland Barthes) denkt dabei kaum einer.

  • Charlotte Chronicles.16

    In meiner Firma hier in den USA werden kostenlose Deutschkurse fuer Mitarbeiter angeboten und nach den ersten Unterrichtsstunden teilten mir einige meiner Kollegen mit, dass Deutsch doch eine sehr harte Sprache sei, bei der fast die Stimmbaender ruiniert wuerden. Ich kann diese Ansicht bis zu einem gewissen Grad teilen, aber ganz so extrem, wie sie es formulierten, sehe ich es dann doch nicht. Von daher bat ich einen der Amerikaner, mir einmal einen Beispielsatz zu nennen und ich muss gestehen, dass nach dem mir entgegengeschleuderten >Ick spraecke Duitsch!< wirklich beinahe meine Trommelfelle bluteten. Es daemmerte mir, dass viele Deutschanfaenger, die spezifisch deutschen Laute, wie das >ch<, noch haerter ausprechen, als es Deutsche ohnehin tun und damit das (Vor)urteil ueber die >harte Sprache< bestaetigt sehen. Daraufhin beschloss ich, herauszufinden welche deutschen Sprachreferenzen man als normaler Amerikaner beim Heranwachsen mitbekommt und landete natuerlich unweigerlich beim Fernsehen. Zum einen wurden deutschen Schauspielern bis vor etwa 20 Jahren in Hollywoodfilmen nur Rollen als Nazis, Soldaten oder James-Bond-Antagonisten zugestanden, weshalb die meisten Amerikaner Ausdruecke wie >Stillgestanden<, >Haende hoch< oder ein gebruelltes >Ordnung muss sein< beherrschen. Deutsche Originalquellen tauchen fast ausschliesslich auf dem >History Channel< auf, der wegen des riesigen Programmanteils an Zweiter-Weltkriegs-Dokumentationen gelegentlich auch >The Hitler Channel< genannt wird und ebenfalls keine weichen Satzmelodien liefert. Nachdem klar war, welche sprachlichen Vorbilder die meisten Amerikaner haben, gab ich es auf, diesen Punkt entkraeften zu wollen und widmete mich lieber ihrem zweiten Kritikpunkt: Der komplizierten Grammatik, bei der man waehrend der unendlich verschachtelten Saetze die meiste Zeit nicht wisse, was denn eigentlich passiert, bis am Ende schliesslich das erloesende Verb komme. Ich erklaerte ihnen also, dass die deutsche Grammatik wie ein guter Krimi sei. Dort entfaltet sich auch ueber den ganzen Roman ein ungeklaertes Verbrechen und wenn am Ende die Aufloesung erfolgt, breitet sich die ganze wunderbare Konstruktion des Kriminalfalles vor dem Leser aus. Ob ich sie damit restlos von der Schoenheit deutscher Grammatikkonstruktionen ueberzeugen konnte, bezweifle ich nach ihrem kopfschuettelnden Abgang allerdings…

  • Eine Frage des Bodens

    Gemeinsam mit meiner Frau Alice Atieno und unseren vier Kindern lebe ich am Rand von Nairobi in einem Ort namens Kahawa Sukari. Es ist ein grosses Stueck Land, das sich die Menschen von der Savanne zurueckerobert haben. Mittlerweile leben hier ueber 20.000 Menschen, darunter viele Beamte aber auch viele Arme. Letztere hausen in Slumsiedlungen, die in den letzten Jahren entstanden sind. weiterlesen »

  • Von der Emailisierung des Deutschen

    Man freut sich immer, Post zu bekommen. Hollywood hat das vor Jahren in >You’ve got mail< thematisiert. Der Film fuehrte einen Abloeseprozess vor Augen – vom Brief zur Email. Gestern war die elektronische Variante einfach nur die schnellere, billigere Schwester. Die so genannte digitale Revolution hat jedoch ihren Charakter veraendert. Vor allem ihre Form. Gerade da sie so schnell vom Sender zum Empfaenger und bei Bedarf wieder zurueck gelangt. Das Dialogische des klassischen Briefes ist hier laengst Vergangenheit. Damit alles noch schneller geht, werden Grammatik und Ortographie entsprechend angepasst.

    Kaum jemand schreibt heute noch korrektes Deutsch. Gross- und Kleinschreibung? Voellig vergessen. Abkuerzungen wie lg fuer liebe Gruesse sind absolut normal. Gefuehlsausdruecke wie grins oder Smileys sind in allen vorstellbaren Varianten laengst etabliert: :-), ;-), :-0… Kurz: Schrift wird immer mehr Zeichen. Die Frage, die sich allen aufdraengt: Ist das ein Schritt zurueck oder ein Schritt nach vorn? Hat das was von der primitiven Kommunikationsform der Hoehlenmenschen? Oder aehnelt’s eher der asiatischen Bildsprache mit ihrem festen Platz in der Science Fiction?

    Wie dem auch sei: Beim Email- oder SMS-Schreiben denkt eigentlich niemand mehr an die schoene Aesthetik des Briefes, sondern hackt einfach drauf los. Fuer die Wissenschaft Grund genug, sich damit zu befassen. Der Sammelband >Von *hdl* bis *cul8r*< zum Beispiel laesst 19 Autoren dazu Stellung beziehen. Jeder fuer sich erforscht den heissen Draht zwischen der geschriebenen Emailsprache und dem Deutschen, wie es im Lehrbuch steht. Einige interessante Thesen werden hier schon praesentiert. Erstaunlich allerdings ist, wie das Banale zur Grundlage hochtrabender Theorien wird. Ob dieser Ansatz ein Schritt zurueck oder ein Schritt nach vorn ist, sei dahin gestellt.

  • Tarnkappenbrowser, Abfreunden, Speicherstaebchen,…

    Wie wuerde der Duden aussehen, wenn er von sprachverspielten Kulturkritikern verfasst wuerde? Also, wenn man ein paar intelligenten Irren oder auch wahnsinnigen Wissenschaftltern die Redaktion ueber das zentrale Nachschlagewerk der deutschen Sprache ueberlassen wuerde? Eine Antwort darauf bietet die Wortistik-Datenbank von Detlef Guertler. Der selbsternatte Wortwart der Nation versteht es, archivarische Ansaetze mit den Anspruechen der Kolumne zu verbinden. Das Ganze nennt sich dann tazblog. Ja, die gute alte taz, sie hat mal wieder Gespuer bewiesen, auch wenn mir persoenlich das Labeling blog in diesem Zusammenhang missfaelt. Wie auch immer. Der Autor zeigt sich taeglich mindestens einmal von seiner besten Seite: Mal als Wortfluesterer, mal als Wortwizard, mal als Wortchronist, mal als Wortschoepfer. Immer geht es ihm um die unerforschten Dimensionen des alltaeglichen Sprachgebrauchs. Seine Kategorien lauten Entdudung (u.a. rote Listen ausgemusterter Begriffe), Kindermund (echte Zukunftsfragen), Leservorschlag (echte Partizipation), Neubewortung (echte Innovation), Sprachloch (fuer Freunde der Schwarzen Loch-Theorie), Unword (hier darf laut gepfiffen werden). Neugierig geworden? Einfach ein paar der knackigeren Begriffe in die >Blogsuche< geben und sich ueberraschen lassen, was der gute Mann aus ihnen so herausholt: Tarnkappenbrowser, Abfreunden, Speicherstaebchen, Klinsmanagement, Alegal, Ultrakurzhaendler, Massstabation, Grubbegugge, salzpfeffern.

  • Im Verschwinden begriffen

    Ich bin Russlanddeutscher. So eine Art Halbblueter. Deutsch koennte eigentlich meine zweite, oder auch erste, Muttersprache sein. Aber meiner Generation wurde die Muttersprache meiner Eltern leider nicht mehr beigebracht. Immer wenn ich in meiner Kindheit mit meinem Vater im Haus meiner deutschen Oma zu Gast war – meistens in der Urlaubszeit – kam ich mit der deutschen Sprache in Beruehrung. Alle sprachen untereinander Deutsch. Es war die Sprache, die sie am besten beherrschten und der sie am naechsten standen. weiterlesen »

  • Ist Deutschland ein sprachgestoertes Kind?

    >Nur Kinder, die einen Deutschtest bestehen, sollen eingeschult werden. Mit mangelhaften Deutschkenntnissen kann man in Bayern also nur noch Ministerpraesident werden.<Harald Schmidts Einsicht scheint einleuchtend. Doch worum geht es wirklich in der Debatte um die Einfuehrung des Deutschtests fuer Kinder? Bundeskanzlerin Merkel: Bereits in der Kindheit entscheide sich die Faehigkeit zum Lernen, zur Leistung und zur Einhaltung geregelter Tagesablaeufe. Wenn in zweiter Generation – nicht nur in auslaendischen Familien – Kinder keine solide Ausbildung mehr machen, bleiben sie doch von jeder Entwicklung ausgeschlossen. Durchatmen und zurueckblicken: Die Pruefung >Zertifikat Deutsch Plus< wurde im Jahre 2000 entwickelt. Anfangs lag der Fokus auf Migrantenkindern. Doch schon nach den ersten Sprachtests hiess es: Auch deutsche Kinder scheitern. 45% fallen durch. Die Ergebnisse riefen Kritiker auf den Plan. Rosemarie Straub etwa meinte: Das Vorgehen fusst auf Ausgrenzung und Selektion kuenftiger Schulanfaenger und steht damit im Widerspruch zum Schulgesetz. Hier ist explizit der Verzicht auf einen Test vorgesehen, der >Grundschulfaehigkeit prueft. Dahinter steht die Einsicht, dass die Schule sich auf alle Kinder in ihren sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Erfahrungen einzustellen hat. Das Recht auf Bildung im Verstaendnis von Chancengleichheit bedeutet Verzicht auf jede Form der Selektion.< Nun sagt Bundesarbeitsminister Muentefering ganz aktuell: Wer sprachlich noch nicht so weit sei, solle zu einem Foerderkurs verpflichtet werden. Sogar Teile der Kindergartenzeit sollten von den Gebuehren befreit werden, um Sozialschwaecheren im Vorschulbereich bessere Bildungsmoeglichkeiten zu geben. Straubs Einwand bleibt dennoch virulent: Es scheint als sei der Staat nicht in der Lage, sich auf eine zunehmend komplexere Gesellschaft einzustellen. Als wollte er den Traum einer integrierten Gesellschaft auf Biegen und Brechen am Leben erhalten. Und wie ich schon an so vielen an anderen Stellen feststellen musste: Kinder dienen in solchen Situationen als favorisierte Projektionsflaeche. Sie erlaubt die Zuspitzung und Dramatisierung der Lage. In diesem Zusammenhang geht es um Entwicklung: Kinder gleich BRD. Das Ganze wirkt allerdings jetzt schon wie eine selbsterfuellende Prophezeiung. Nochmals Straub: Kinder blocken und sperren sich angesichts der Rechthaberei, nicht selten funktionalisieren sie dann Sprache als Mittel der bewussten Selbstausgrenzung. Deshalb meine Frage: Leben wir nicht bereits heute in einem Land, welches – bedraengten Kindern gleich – einfach dicht macht?

  • Linguistische Grenzverschiebungen

    Ich leite seit 2002 das Goethe-Institut in den Palaestinensischen Gebieten. Unser Institut ist in Ramallah, dem politischen und geistigen Zentrum Palaestinas. Ramallah ist bei weitem nicht die groesste palaestinensische Stadt sondern nur etwa so gross wie Giessen. Die groessten Staedte sind Nablus, Al-Khalil (Hebron) und Gaza. Zumindest in Gaza veranstalten wir auch Sprachkurse und Kulturprogramme. Das Goethe-Institut Ramallah bildet seit Sommer 2004 mit dem Centre culturel francais das Deutsch-Franzoesische Kulturzentrum. Was unsere Sprach- und Programmarbeit erschwert, sind die Bedingungen der Okkupation unseres Gastlandes durch ein anderes Land. Checkpoints, Mauern und Strassensperren bestimmen das Leben. Unseren StudentInnen und Partnern ist das Recht auf Freizuegigkeit weitgehend verwehrt, und der Besuch eines Sprachkurses kann da leicht zu einer Odysee werden. weiterlesen »

  • Ich will kein Deutsch lernen!

    >Marhaba!< ruft uns Hamed in der ersten Arabischstunde freudig entgegen und faengt ohne Umschweife an zu quatschen. Keiner von uns kann ihn auch nur ansatzweise verstehen. Dann wechselt er endlich ins Deutsche und alle atmen erleichtert auf. Wer eine neue Sprache lernt, der lernt nicht nur das System Sprache. Der lernt auch, die andere Kultur zu verstehen. Wenn Ihr Arabisch lernt, werdet Ihr die Araber und wie sie so ticken viel besser verstehen. Ich denke noch eine Weile an Hameds Worte, als ich nach dem Kurs durchs dunkle verregnete Berlin nach Hause wandere. Was lernt man eigentlich ueber die Deutschen, wenn man Deutsch lernt? Es ist doch eine ziemlich verrueckte Sprache. Wir unterteilen unsere Substantive in drei Geschlechter und es gibt fast gar kein System dafuer, kaum Erklaerungen, oder Herleitungen. Wie erklaert man, dass es DAS Maedchen heisst, DER Punkt, DIE Liebe? Dann zerreissen wir unsere Verben und stellen einen Teil an den Anfang des Satzes und den anderen ans Ende. Ausserdem kreieren wir gerne ellenlange zusammengesetzte Substantive. Fussballmannschaftskaptiaen, Glasvitrinenputztuch oder den beruehmten Donaudampfschifffahrtskapitaen. Der Deutsche macht es sich gern kompliziert, wuerde ich als Deutschlerner daraus ableiten. Aber gelten die Deutschen nicht als DIE Effizienz-Nation schlechthin? Wer Deutsch lernt, wird schnell feststellen, dass er dieses Vorurteil schnell wegpacken kann. Ich bin jedenfalls froh, dass ich kein Deutsch lernen muss. Doch Arabisch zu lernen ist mindestens genauso verrueckt. Aber dazu ein andermal mehr.