Haben Sie schon Mal ins Internet geschrieben? Und, wie war es so? Haben Sie sich danach ein bisschen wichtig gefuehlt, so als Blogger, Kommentator oder Forumsnoergler? Oeffentlich schreiben ist heute so einfach wie eine Briefmarke aufzukleben: Bisschen Spucke, bisschen Feingefuehl, Batsch und raus damit. weiterlesen »
Am HAU, das ich 2003 ins Leben rief, interessieren wir uns in erster Linie fuer den Bezirk Kreuzberg – einerseits. Fuer uns als Theater gibt dieser Bezirk viele Themen her: das Thema >migrantische Gesellschaft<, dann das Thema >Leben ohne Geld< als grossangelegter Modellversuch und als Drittes das >Abrutschen in die Unterschicht<. Das Spezifische am HAU ist andererseits, dass Regisseure und Choreographen aus Buenos Aires, Rio und New York auf diesen lokalen Kontext treffen. Wenn man so will, ist Kreuzberg dann ein extrem nach vorne getriebenes Laboratorium, was prononciert repraesentiert, was die Stadt Berlin als Spezifikum auszeichnet. Der Stadtteil war ja fuer die Westberliner Gesellschaft ein wichtiger Orientierungspunkt. weiterlesen »
Nach einer Demo gegen den Ueberwachungsstaat, war ich neulich ziemlich deprimiert. Der Umzug hatte eher den Anschein einer Parade von Oppositionsparteien als den einer politikkritischen Bewegung. Hat das vorherrschende System es wirklich geschafft, Unterdrueckungswiderstaendler so umzuformen, dass sie am Ende doch nichts als noetige Kritik darstellen und nur das System reproduzieren? Tatsaechlich hatte ich den Eindruck, dass kaum einer den Populismus dieser Demonstration erkannt hatte. weiterlesen »
Das Gemeinsame ist weder abstrakt noch konkret – das Geheimnisvolle an den Gemeinschaften, die uns etwas bedeuten, ist die Verbindung aus beiden. Was die Gemeinschaft konstituiert, ist nicht nur was, sondern vor allem wie die Dinge artikuliert und gesagt werden: der ironische Tonfall einer Rede, eine smarte Haltung, Obamas sexy Gang (um nur die belanglosesten Beispiele zu zitieren, von denen das am wenigsten Belanglose natuerlich die Gemeinschaftsbildung des Verliebens ist). weiterlesen »
Die Globalisierung ist nicht neu. Wo immer kulturelle Raeume (Stadtstaaten, Staaten, Imperien) expandiert sind, haben sie auf andere kulturelle Raeume uebergegriffen, sich diese einverleibt usw. Das Roemische Reich ist ein Beispiel, auch das chinesische Han-Imperium. Der europaeische Kolonialismus ist ein Globalisierungsprozess. Neu sind das globale Ausmass und die Tatsache, dass die Oekonomisierung alle Lebensbereiche (auch Kunst, Religion) durchdringt. Globalisierung schafft heute neue kulturelle Formen. Auch Religionen sind davon betroffen, sie durchdringen einander. weiterlesen »
In einer Demokratie kann jeder seine eigene Vorstellung des Heldenhaften entwickeln und die staatliche kann sich mit jeder Neuwahl aendern. Statt eines festen, dauernden Abbilds entscheidet man sich darum, abgesehen von den abstrakten Farben der Nationalflagge, fuer lebende und widerrufbare Monumente: einen Praesidenten oder zumeist sportliche Idole. Wer sich fuer die Allgemeinheit besonders verdient gemacht hat, wird mit einem Strassennamen geehrt, vielleicht kommt er auch klein aufs Geld. Grosse staatliche Monumente aber baut man bald nur noch fuer diejenigen, die ueber jeden Zweifel erhaben sind: die Opfer. Ehrenmaeler werden von Katastrophenmaelern verdraengt oder verschwinden ersatzlos. weiterlesen »
Englisch erobert die Welt – heisst es immer wieder, etwa wenn es um das Verhaeltnis von Sprache und Identitaet geht. Speziell in Deutschland. Denglish und McDeutsch werden als Symptome herangezogen, um das invasorisch-imperialistische Moment der englischen Sprache zu illustrieren. weiterlesen »
Mit der 2005 in der Shedhalle Zuerich begonnenen Ausstellungsserie From/To Europe
gehe ich in Kooperation mit zahlreichen KollegInnen den kolonialen Wurzeln Europas im Verhaeltnis zu den Staedten und Regionen Afrikas nach. Die europaeischen Kolonialmaechte ueberformten den Kontinent und dessen soziale Strukturen massiv, brutal und oftmals moerderisch, haben sich hierdurch aber zugleich selbst massiv gewandelt. weiterlesen »
Kann man fuer Abstraktes offen sein? Das Bild will mir nicht in den Kopf. Mein aeltester Freund ist mein aelterer Bruder. Wir haben zusammen Schach gespielt. Neben dem Schachbrett lag Marx’ Manifest der Kommunistischen Partei. Das las mein Bruder zu der Zeit. Er hat mir erklaert, was ein Gambit ist. Gambit nennt man eine Eroeffnung, bei der man einen Bauer opfert, um einen Stellungsvorteil zu erlangen. Es kann recht gefaehrlich werden, das Opfer anzunehmen. Das zu verstehen, war fuer mich damals anfangs eine recht abstrakte Angelegenheit. Und was hatte es mit dem Manifest auf sich? Das wollte mein Bruder mir ebenfalls erklaeren. Seine fortgesetzten Erklaerungsversuche hatten den Effekt, dass ich Marx ueber Jahre hinweg immer sehr skeptisch gegenueberstand und lange nicht lesen wollte. weiterlesen »
Globalisierung bezeichnet laengst nicht mehr die Veraenderungen der internationalen Finanzstroeme, des Warenaustauschs, der Verlagerung von Produktion, der Architektur, Umweltzerstoerung und dem Artensterben. Sie hat das taegliche Leben erfasst und veraendert jeden einzelnen. Unser Ich ist ein anderes je nach dem Ort, an dem wir leben und uns erleben, anders in der Kleinstadt, in New York, auf der Reise, auf der Flucht oder in der Ortlosigkeit des world wide web. In dieser Ortlosigkeit schreiben und lesen jede Minute Hunderte von Millionen. Die Globalisierung hat deren Sprache und das Gespraech erfasst. weiterlesen »
Muenchen 1979: meine ersten Gedichte entstehen im Umkreis von Freunden. Man traegt gegenseitig vor, streitet naechtelang und geht gemeinsam auf Reisen. Am Bodensee uebersetze ich einige Gedichte aus >Mohn und Gedaechtnis< ins Tuerkische, jene Sprache, die niemand in meinem Umfeld versteht. Paul Celan auf Tuerkisch wird ein staendiger Begleiter in den naechsten Jahren. Celans Sprache oeffnet der deutschen Sprache ein neues Tor, das in der Naehe meiner phantasierten Heimat liegt. Dort ist niemand mehr Zuhause. Ich moechte meine Freunde dorthin einladen, damit sie mich besser verstehen. Ich gebe diese Idee schnell wieder auf. Jeder soll seine Heimat fuer sich behalten. Sie ist wie eine Geliebte. weiterlesen »
Mein Interesse an der Globalisierung hat viel mit Internationalismus und Anti-Imperialismus zu tun, sprich: mit der Moeglichkeit die globale Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Ausbeutung zu vereinigen, besonders jetzt in der neo-liberalen Aera. Das globale Projekt ist per se ein internationalistisches Projekt, eines, das auf jene Bemuehungen vergangener Zeiten zurueckblickt, Einheit zwischen den Unterdrueckten auf der ganzen Welt herzustellen. Eine wahre globale Einheit kann am effektivsten dadurch erzielt werden, dass auf internationaler Ebene eine Einheit der Arbeiterklasse gestiftet wird. Derzeit befinden wir uns in einer neuen Phase dieses historischen Projekts. weiterlesen »