Eine kleine Kür mit Biss
Nur ein Foto und doch ist es ein Beispiel dafür, dass alle Dinge immer auch etwas anderes sein können als sie sind. Für mich ist es in diesem Fall ein Gruß an eine Frau, die nicht den Bildern, sondern den Worten den Vorrang geben will. Sie will eine Meisterin der Worte werden, und andere finden, dass sie schon eine ist.
Nun musste sie bei ihrer Rumänienreise einen Kürbis in ihrer Heimat lassen, er passte vermutlich schlecht in die Handtasche. Es geht ihr um den bestimmten Kürbis, das ist mir schon klar, aber jetzt bekommt sie eben gleich zwei, abgebildete, künstliche, kleine, dafür aber mit viel Grün drum herum.
Die Frau, die dieses Foto überhaupt möglich gemacht hat, grüße ich übrigens hiermit ausdrücklich auch.
Für sich allein ist es aber nur ein belangloses Foto mit zwei Kürbissen.
Alle Künste versuchen etwas auszudrücken, was ihre eigenen Mittel übersteigt, Musik, Malerei, Film, Fotografie, Theater, Bildende Kunst. Die geschriebene Sprache, das auf dem Papier erzählte, ist aber noch einmal ein Abstraktum für sich. Wussten Sie, dass sie nur oberflächlich mit Buchstaben funktioniert? Was sie eigentlich sagen will, und das wird mir gerade am Beispiel des Lumpenromans von Roberto Bolaño klar, ist das, was sie nicht sagt, was sie nur als Leerstelle produziert. Bei Ihnen, im Kopf. Wenn ich jetzt böse wäre würde ich sagen: da ist viel Hohlraum. Wenn ich ironisch sein wollte: meine kleine Notiz muss sich den Platz in Ihren so unendlich weisen Schädeln schwer erkämpfen. Deshalb befriedigt eine bloße Inhaltsangabe von Romanen auch nie, vom Wesentlichen, der Poesie und den Leerstellen bekommt man dabei nämlich nichts mit.
Lieber Bücherblogger,
mit der Meisterschaft ist es noch weit hin. Aber man muss es probieren, und zwar, das ist das Problem, vorher. Wie heißt es bei Lacan: in seinem Begehren nicht nachlassen.
Es ging mir einen bestimmten Kürbis. Einen, der auf dem Feld des Großvaters gewachsen war und den er mir nach Berlin mitgeben wollte. Es hat ihn gegossen und dabei an seine Enkelin gedacht. Leider hat er den Kürbis ein bisschen zu viel gegossen, er ist immer größer geworden. Ich konnte den kaum tragen, und ich wollte ihn auch nicht durch halb Europa schleppen. Das war dann traurig, als wir am letzten Tag alle miteinander um den Küchentisch standen, auf dem der Kürbis lag. Eigentlich wussten es da schon alle, dass ich den nicht mitnehmen kann, nur mein Großvater hat es nicht gewusst. Wir haben ihn angesehen, und da habe ich bemerkt, dass er es auch wusste, aber er hat trotzdem auf mich eingeredet.
Vielen Dank aber für den Ersatzkürbis!
Herzlich
Aléa
Liebe Aléa Torik,
ich hoffe Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich Sie mittlerweile zu einer Art Hauptfigur meiner belanglosen Phantasie gemacht habe.
Großväter können heimliche Schauspieler sein, vor allem, wenn sie eine Enkelin lieben. Als Symbol dafür müssen sie etwas von sich selbst verschenken.
Er wusste nicht, dass sie mit der Geste allein schon alles verstanden hatten.
Auch herzlich
Der Buecherblogger