Wolfgang Herrndorf: Tschick
Ich fahre gerade aus Berlin heraus in Richtung Walachei, neben mir ein Russe mit Mongolengesicht. Wir sind vierzehn und ich bin schrecklich verliebt. So wie man nur mit vierzehn verliebt sein kann, nie wieder so. Ich gehe in die achte Klasse eines Gymnasiums und habe einmal einen Aufsatz geschrieben: “Mutter und die Beautyfarm”. Danach nannte mich die ganze Klasse “Psycho”. Die haben zu viel Alfred geguckt. Es ist Sommer, meine Eltern sind verreist, meine Mutter mal wieder in die Beautyfarm, na gut, Entziehungsanstalt. Mein Vater, der glücklose Immobilienhändler mit Geld, ist auf Geschäftsreise und besorgt es seiner zwanzigjährigen Sekretärin. Der hat keine Ahnung, Tatjana Cosic aus meiner Klasse ist das schönste Mädchen der Welt. Aber ich habe ein Problem, ich bin langweilig und sehe nicht so verdammt gut aus wie George Clooney. Ich heiße Maik und mein russischer Klassenkamerad Tschick.
Der sich an mich oder an sich selbst und wahrscheinlich an seine eigene Schulzeit erinnert heißt Wolfgang. Er lässt mich die ersten Kapitel seines Buches im Präsens erzählen. Da stehe ich dann zuerst vollgepisst und blutverschmiert auf einer Autobahnpolizeistation und liege später bei hübschen Schwestern und Weißkitteln im Krankenhausbett. Dann erzähle ich weiter von unserer Fahrt mit einem halb geklauten Lada, im Imperfekt (bin ich nicht gebildet für mein Alter?). Aber jetzt bringe ich wohl zwei Ebenen durcheinander. Egal, wie der Wolfgang über mich schreibt, würde ich mir selbst zum Lesen empfehlen.