Jenseits aller Fiktion: Gartenimpression

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Also beginnen wir im hinteren Teil des Gartengrundstückes, wo unter einer Eiche der darunter wachsende Haselnussstrauch Schatten findet. Um den Steinhaufen rechts kann man nur herumgehen oder man versucht daraus eigene Kunstobjekte für die Documenta 13 zu bauen. Selbst um die hohe Hecke lässt sich herumgehen, aber dann landet man beim Nachbarn, der leider nur seinen eigenen Rasen mäht und nicht den auf dieser Seite der Hecke sichtbaren.

Manchmal spielen die Eiche und die Sonne ein bezauberndes Schattenspiel aus löchrigen Mustern zusammen auf dem Rasen, dessen Formen ständig in Bewegung sind, ein Netz aus flüchtigem Licht. Sie wissen, alle Netze sind flüchtig, auch das, in dem ich dies schreibe. Manchmal spielen darin auch nur Schatten, ungreifbar, vergänglich und einmalig ihr unwiederholbares Wechselspiel. Aber begeben wir uns doch weiter, rechts ein wenig um das Haus herum, dann sehen Sie den Eingang, durch den Roberto Bolaño kam als wir zusammen Kaffee tranken, bzw. er trank aus gesundheitlichen Gründen nur Tee.

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Er hat auf den Klingelknopf drücken müssen und sich für einen Moment gewundert, dass zwei verschiedene Namen auf dem Schild daneben standen, aber was bedeuten schon Namen, am Ende habe ich mir seinen Besuch auch nur eingebildet und er kommt erst nächstes Jahr am 28. April zu seinem sechzigsten Geburtstag. Nichtsdestotrotz, wir werden dann in den beiden Sesseln auf der Terrasse sitzen, wenn sie nicht bereits durch zwei schlafende Katzen belegt sind. Ich werde ihm selbstverständlich auch die Hermann-Hesse-Rose aus Gaienhofen zeigen, was ihn literarisch aber weniger interessieren dürfte. Vielleicht kommen wir beim Blick über die Terrasse auch auf eine Erzählung Robert Musils zu sprechen: Die Amsel. Aus dem profanen Grund, weil eine sich gerade putzig ihr Gefieder badet im flachen Wasser einer Steinschale. Möglicherweise aber ist auch das gemeinsame Schweigen zwischen den Worten die am meisten beredte Form. Ich rede auch nur so viel, um dem Grün der Fotos etwas Text zur Seite zu stellen. Die Natur kommt merkwürdigerweise ganz ohne Buchstaben aus. Also sehen Sie sich noch an den folgenden Fotos satt, ich muss jetzt noch eine Torte zu einem 80zigsten Geburtstag backen. 

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Lesen ist wie denken, wie beten, wie mit einem Freund reden, wie seine Ideen darstellen, wie den Ideen der anderen lauschen, wie Musik hören, wie eine Landschaft betrachten, wie am Strand spazieren gehen.“

Roberto Bolaño: 2666