Der nicht-bibliophile Privatdruck eines Brief- und Blog-Romans.
“Was wir miteinander hatten, war immer Erinnerung.”
Nun liegt dieser Batzen von 197 Seiten frisch ausgedruckt auf meinem Schreibtisch. Ein Wunderwerk der Buchbinderkunst ist nicht daraus geworden. Aber es ist eine Art Vorzugsexemplar in Plastik. Pygmalion assoziierte ich ganz zuerst, als ich im Gleisbauarbeiten-Blog zu lesen begann, mit George Bernard Shaw und dann erst mit dem Mythos des sich ein Idealbild einer Frau schaffenden Pygmalion. Laut Ovid soll es ja ein Happy End für den zyprischen König gegeben haben. Ein solches wird auch in diesem Briefroman, allerdings von einer Frau, gefordert. Überhaupt ist dies eine viel modernere Version, was man schon an dem Zusatz “Punk” unschwer erkennen kann. Bedingungslose Liebe, Enttäuschungen und Verrat, Lügen und Leichen, progressive Musik der 80er, in dieses unwiderstehliche Gemisch werde ich mich jetzt stürzen. Erfahren werden Sie von meiner Lektüre nichts, vielleicht wenn der Stapel mal zu einem richtigen gebundenen Buch geworden ist. Spannend wird es werden und ich befürchte auch anspruchsvoll. Bei aller Leichtigkeit geht es doch um eine verwickelte Geschichte in einem Geflecht aus Gefühlen und unsicheren Identitäten. Jan Vermeers “Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster” schien mir im Hintergrund gut zu passen. Marker und Kuli liegen bereit, mach dich ans Werk, Buecherblogger…
Ach,—! (Sie sind der Erste, der einen Ausdruck hat, in der Tat! Nicht mal ich selbst habe das „Werk“ bisher ausgedruckt.)
Ihr Link auf den ersten Post hat mir aber was gezeigt, was ich mir gar nicht so bewusst gemacht hatte: An dem Text habe ich wirklich viel „gearbeitet“, denn selbst der Anfang ist ja jetzt ganz anders. Ein wenig traurig stimmt´s mich schon, dass Azar aus der Geschichte „geflogen“ ist. Dafür ist sie in der anderen, in „Ich küsse mein Leben in dich…Die Martenehen“ drin geblieben. Und ich denke an die Herbstwoche in Berlin 2010, von der her beide Erzählungen ihren Ausgang nahmen – zwei ganz unterschiedliche Abende waren das. Am Grunde jeder Geschichte, denke ich, liegt ein autobiographischer Kern, aber er wird so oft „überschrieben“ bis die Schreibende selbst ihn kaum noch entziffern kann. Sie haben mich daran erinnert.
Die „Briefleserin“ von Vermeer passt wirklich sehr gut.
Liebe Grüße und vielen Dank fürs Lesen!
Keine Ursache, liebe Melusine, bei der Lektüre Ihres Textes überwiegt das Lesevergnügen doch jede Form einer Arbeitsanstrengung und spannend bleibt es auch bis zum Schluß. Im Moment wirft die Sommersonne Licht und Schatten über die aufgeschlagene Seite 156, alle Rätsel ziehen mich zum Ende hin, ob sie überhaupt gelöst werden. Aus dem einen Batzen sind jetzt drei, den Hauptteilen entsprechend geworden. Der dicke war schlicht zu unhandlich und fiel immer wieder auseinander. Drei recht ungleiche Teile was den Umfang betrifft und wie Sie schon selbst geschrieben haben auch in der Form. Dass Azar verschwand ist mir auch sofort aufgefallen, aber ich finde es absolut folgerichtig, ich wüßte nicht, welche tragende Rolle sie weiter hätte spielen können. Die Auffassung von Literatur als Palimpsest ist ja sehr modern, aber ich kann mir keine wirkliche schriftstellerische Arbeit vorstellen, die nicht überschreiben würde. Zu welchem Zeitpunkt man dann „fertig“ sagt, ist eine Frage des inneren Gefühls und damit, dass man immer wieder Zweifel hat, ob es so richtig war, muss man leben. Ich finde, Sie könnten ruhig stolz auf das sein, was sie geschaffen haben. Es ist in jeder Hinsicht vielschichtig und innerlich berührend, weitere Details dazu kommen per Mail.
Herzlichen Gruß
Dietmar