La carte d´identité
Den Bundesadler im Gesicht bitte ich zu entschuldigen. Er entspricht nicht meiner politischen Überzeugung. Auch das grüne Leuchten, das mich an die Erzählung “Gomez Palacio” von Roberto Bolaño erinnert, ist absolut nicht als Heiligenschein gemeint:
“Und dann sah ich, wie das Licht, Sekunden nachdem das Auto oder der Lastwagen diese Stelle passiert hatte, sich selbst einholte und dort hängen blieb, ein grünes Licht, das zu atmen schien, das für den Bruchteil einer Sekunde lebte und sich in der Mitte der Wüste spiegelte, von allen Fesseln befreit war, ein Licht, das dem Meer ähnelte, das sich wie das Meer bewegte, als ob es die ganze Zerbrechlichkeit der Erde festhielte, ein grünes, wellenförmiges, wunderbares und einzigartiges Licht, das wohl aus jener Kurve kam, ein Zeichen, das Dach einer verlassenen Hütte, riesige auf der Erde ausgebreitete Kunststoffteile, schuldhaft hervorgebracht, aber in dieser beträchtlichen Entfernung vor uns, erschien es uns wie ein Traum oder ein Wunder, was am Ende der Geschichte auf das gleiche hinausläuft.”
Es ist auch leider nicht dieses surrealistische Leuchten an einer Straßenkurve Mexicos. Mein Scanner und ich können es einfach nicht besser. Ich fühlte mich bemüßigt, einfach mal mein Gesicht aus dem Fenster zu halten, natürlich eingedenk der Tatsache, dass es nie mein wahres und auch nicht das einzige ist. Allerdings habe ich jetzt in Identitätsfragen einen ungeheuren Vorteil gegenüber einer jungen Autorin, die zwar nie ihr Gesicht wird offenbaren können, aber dafür des Öfteren verbal maskiert ihren Arsch aus dem Fenster hält, um damit die einschlägigen phallischen Reaktionen hervorzurufen.
Den vollen Namen möchte ich auf einem Buchrücken sehen. Da hat der Titel ja gar keinen Platz mehr, geschweige eine Covergestaltung… Herzliche Grüße von Mila
Liebe Mila,
mit Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah kann ich noch nicht konkurrieren, aber die Geschichte dieses Namens könnte durchaus Stoff zu einem mehrstündigen Kamingespräch werden. Glücklicherweise gibt es aber das Mittel der Reduktion, bei dem ich selbst mit meinen in scharfen Widerstreit liegenden Disputanten einer Meinung bin, dass es ein geeignetes Mittel jeglicher schriftstellerischer Produktion sein kann, insbesondere der von Romanen. Der Doppelname mit dem „von“ ist ein Vergangenheitsrelikt aus erster Ehe, wobei ich schon damals meine Schwierigkeiten mit diesem angeheirateten „von“ hatte. Die Taufpatenvornamen kann man ohnehin weglassen und so bliebe nur der schlichte bürgerliche Name übrig, den ich immer schon getragen habe und der auch vollkommen ausreicht. Der Adel in Deutschland wurde bereits nach dem Ersten Weltkrieg gleich mit beerdigt, wogegen ich nicht das Geringste einzuwenden habe. Ich bedaure vielmehr, dass er seinen Wirkungszauber z. B. im Geschäftsbereich noch heute zu erfüllen scheint. Ich muss allerdings zugeben, dass ich gleichsam eine proustsche Schwäche für den Zauber, der damit in früheren Zeiten verbunden war, literarisch durchaus hegen kann. Die Menschen, die einen solchen Titel tragen, müssen ja nicht per se eingebildet, elitär und borniert sein. Der Faszination aber folgt die Desillusionierung (kann ich empirisch bestätigen), sodass auch Proust am Ende im Hochadel nur noch einen dekadenten, in ihrem eigenen Aquariumssumpf modernden Anachronismus sah. Was eine Veröffentlichung meiner Schreiberei betrifft, so ist nicht der Platzmangel auf dem Buchdeckel das Problem, sondern der Umfang, bei dem es mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, genug an einer Stelle anzuhäufen. Außerdem betrachte ich mein Schreiben als zwischen Hobbyschriftstellerei und wenn überhaupt Semiprofessionalität schwankend. Kleine Erzählungen kann man ja von mir auch hier im Blog schon genug lesen. ich hatte einmal vor, aus meiner Transplantationserfahrung literarisch etwas zu machen, aber da ist mir nun schon der David Wagner zuvor gekommen. Meine Art der erzählerischen Darstellung sähe aber vermutlich anders aus. Der Ausweis war nur eine Reaktion auf diese ganzen anonymen Avatare, die hinter ihren Masken zu feige sind, ihr Gesicht aus dem Fenster zu halten. Man wirft mir in Bezug auf Frau Torik immer enttäuschte erotische Fantasien vor, aber es geht bei der Anonymität um enttäuschtes menschliches Vertrauen und den Glauben an so etwas wie Ehrlichkeit in der Kommunikation. Man kennt den anderen nicht persönlich, aber das ist noch lange kein Grund ihn oder sie zu belügen. Ich muss mal wieder bei Ihnen vorbeischauen. Ich hoffe es geht Ihnen gut.
Herzlichen Gruß
Dietmar
Lieber Dietmar,
die angeblich enttäuschten erotischen Phantasien wirft ihnen nicht „man“ vor, sondern ausschließlich gewisse Herrschaften, die mit eben solchen lesen (und schreiben) und es auch nicht lassen können, noch dem uninteressiertesten Publikum davon zu berichten, mit welcher literarischen Figur sie gerne mal Geschlechtsverkehr gehabt hätten. Dieselben Leute wollen dann über das Verhältnis von Literatur und Fiktion belehren. Das ist zwar ziemlich putzig, aber am Ende sind die doch in ihrer Dauerwiederholungschleife ein bisschen öde.
Ärgern Sie sich nicht weiter über den ganzen Quatsch. Es gibt so viel berauschend wundervolle Literatur – wie eben Alice Munros!
Liebe Melusine,
Sie haben natürlich mit der „Dauerwiederholungsschleife“ vollkommen recht und ich habe mir schon unzählige Male geschworen, nun nicht mehr mein Torik-Syndrom zu pflegen, aber kaum erscheint eine scheinbar neue Wendung, wie diese „Bauerfeind-TV-Show“ oder „Aléas Ich“ wird irgendwo besprochen, dann berührt das sozusagen eine wunde Stelle und ich muss mich einfach kratzen. Rational habe ich den Ausstieg längst begriffen, emotional laufe ich mir selbst hinterher. Was mich am meisten an der ganzen Sache stört, ist die Untergrabung einer wenigstens teilauthentischen Blogkommunikation. Wenn ich von diesem „Burka-Gefasele“ höre, vergeht mir gleich die ganze Lust, überhaupt noch zu bloggen. Man erkennt jemand eben nicht nur durch das Zeichensystem der Sprache, sondern auch daran, was er mit ihr ausdrückt. Wenn ein Text nicht mehr über sich selbst hinausweist, frage ich mich, wofür es ihn überhaupt gibt. Auch dieses Kaltstellen wie ein toter Fisch ist doch nur verkapptes l´art pour l´art-Getue. Ich frage mich, ob das Bloggen nicht doch immer nur Selbstinszenierung ist, egal wie objektiv, man kann das eigene Subjekt doch nie heraushalten. Ich habe ab und zu schon mit dem Gedanken gespielt, entweder die Kommentare ganz abzuschalten bei neuen Artikeln oder überhaupt einen längeren Blogging-Urlaub einzulegen. Dann denke ich wieder, dass nur Weicheier ständig zweifeln und ich mich aus meiner Schleife mal selbst befreien sollte. Die gehässige Persiflage war so ein sprachlicher Versuch, aber geholfen hat das auch nicht wirklich. Dass es auch soviel lohnenswerte andere Literatur gibt, ist genauso richtig. Da häufen sich bei mir aber die ungelesenen Bücher wie ein Haufen Kies auf einer Baustelle. Neulich ging ich am Hemminger öffentlichen Bücherschrank vorbei und konnte es nicht lassen, in dem Ramsch aus abgelegter Bibliotheksbelletristik und ausrangierten Bänden ein wenig zu stöbern. Schon hatte ich wieder zwei völlig veraltete kleine Bände in Händen. An einem davon sind Sie schuld: „Lichtenberg“ von Herbert Schöffler. Studien zu seinem Wesen und Geist. 1956. Wohl schon im Krieg geschrieben, köstlich antiquiert, dennoch interessant. „Lichtenberg und die Frauen“ und „Die Frauen und Lichtenberg“ sowie „Die Hogartherklärungen“. Bin ich nicht dran vorbeigekommen. Das aber nur am Rande.
Herzlichen Gruß
Dietmar
Lieber Dietmar,
musste jetzt erstmal die Suchmaschine anwerfen, wegen Bauernfeind-TV etc. Ich krieg´ da nichts mit, weil ich schon vor Monaten aufgehört habe, bestimmte Blogs zu lesen. Da wusste ich nichts davon. Ich hatte auch jetzt keine Lust, mir die Sendung anzuschauen, zumal mir die Moderatorin nicht so arg gefällt (Geschmackssache und vielleicht eine Altersfrage, denke ich, sie ist ja wohl beim Zielpublikum ganz beliebt).
Anders als Sie habe ich die in Frage stehenden Romane nicht gelesen und haben mir auch die „literarischen Kostproben“ im Blog nicht so sehr gefallen (von einem Textauszug über eine Begegnung mit dem Vater abgesehen). Daher empfinde ich auch keinen großen Verlust.
Ich bin eher dankbar, da ich im Kommentarstrang dieses Blogs Sie und einige andere „kennengelernt“ (doch!) habe, mit denen sich für mich der Austausch über Literatur lohnt, seit je mehr als mit dem Blogbetreiber selbst, mit dessen Positionen ich eh nicht viel anfangen konnte (die Gattungshierarchie u.v.a.).
Charakterlich schwach hat er sich u.a. in einigen privaten Mails an mich im Zusammenhang mit einem Blogeintrag über ANHs Geburtstagsfeier gezeigt. Das war böse und ich nehme es übel. Aber das hat mit der Literatur, die dieser Herr schreibt und deren Qualität nichts zu tun. Es reicht mir aber, um mir ein persönliches Urteil zu bilden, das ähnlich dem ausfällt, das Sie sich gebildet haben. Dass es ihm unangenehm sein mag, wenn sich solche Urteile über sein Verhalten nun mit dem Bild der literarischen Figur, die er erschrieben hat und zu sein vorgab, öffentlich (in einer winzigen Teilöffentlichkeit allerdings nur) vermischen, kann ich verstehen. Aber das ist halt der Preis, den er für diesen Trick (der für mich weiterhin nichts anderes als ein Marketinggag ist) zu zahlen hat.
Sei´s drum. Ich wünsche ihm dennoch den Erfolg, den er sich offenbar so arg ersehnt.
Und mir und Ihnen Lektüren, die sich mehr lohnen und ohne solche ärgerliche „Begegnungen“ auskommen.
Lichtenberg – mit dem bin ich seit je überkreuz. Das war so eine Begegnung (aber wer weiß, wie es gewesen wär´, hätte ich ihm als Zeitgenossin begegnen können oder müssen). Seine Sudelbücher stehen bei mir immer griffbereit.
Über ihn und Maria Dorothea Stechard habe ich ja auch geschrieben (die keine „Frau“ war, als er sie kennenlernte, wir sollten das nicht so einfach vergessen, wie es Walter Benjamin u.a. taten, die nur die Trauer des Mannes „bewunderten“: http://gleisbauarbeiten.blogspot.de/2011/04/un-perfekte-paare-der-bucklige-und-das.html
Aber noch spannender fand ich seine „Briefe über die Macht der Liebe“ an Friederike Baldiger, dieses anti-romantische Pamphlet, dass sich selber umbläst:
http://gleisbauarbeiten.blogspot.de/2011/10/umgeblasen-uber-die-macht-der-liebe-un.html
Liebe Melusine,
was die Moderatorin Bauerfeind betrifft, sind wir durchaus auch einer Meinung. Dieses Gekicher und sich krampfhaft jugendlich gebärdende Image voller angeblicher Selbstironie, typischer Neo-Lifestyle, oberflächlich wie Werbung. Ein wenig schade für den Autor Heck finde ich, dass er sich nun ausgerechnet in einer solchen „Jugendsendung“ präsentiert, denn eine literarische Auseinandersetzung hat er sich neben seinen Blogtrickbetrügereien doch verdient. Nun ist er folgerichtig zu seinem Schriftstellerinnen-Alter-Ego eben in dieser Quasselstrippen-Sendung gelandet. Das passiert, wenn man sich jünger macht als das Mann-Frau-Wesen nun mal ist. Nun muss er ständig seine schriftstellerische Zwitterposition erklären. Die zentrale Aussage in dem Beitrag ist sicher: „Ich bin ein Mann und ich bin eine Schriftstellerin.“ Eine imaginierte wäre richtiger gewesen. Allerdings ist es in einer bestimmten Gruppe mit einer bestimmten sexuellen Präferenz durchaus üblich, dass ein Teil den zwar nicht biologisch aber ideell weiblichen Part übernimmt. Diese Konstellation gedacht, macht das Rollenspiel zumindest persönlich verstehbar und sollte toleriert werden. Das eine Romanschriftstellerin den Roman auf die höchste Stufe der Poetik heben will, geschenkt. Als Milderungsgrund sei aber erwähnt, dass schon einmal Lyrik von Oswald Egger Gegenstand im Blog dort war. Der erste Roman „Das Geräusch des Werdens“ ist in einigen Kapiteln wirklich gut durch das Karussell des Point-of-View-Erzählens. Der zweite eher ein Rechtfertigungsgebilde der verfahrenen Autorschaft. So, Schluß damit, Schriftsteller müssen uns ja nicht als Privatpersonen gefallen.
Dass sich Begegnungen in der Blogger-Cyberwelt auch lohnen, dafür sind Sie das beste Beispiel. Übrigens auch ganz unabhängig von irgendeiner Genderproblematik. Ich habe im Laufe der Zeit durch die Lektüre Ihres Blogs schon mehr gelernt als aus vielen Büchern zusammen. Ich hoffe demnächst aber auch in Briefromanform. Ihre kunstwissenschaftlichen Arbeiten kenne ich zwar nicht, aber sie können eigentlich nicht weniger geistreich sein. Genug Honigparfum versprüht.
Also der Lichtenberg hätte sich warm anziehen müssen, wäre er Ihnen begegnet. Ich meine gelesen zu haben, vor „richtigen“ Frauen hätte er einen gewissen Respekt gehabt und sich lieber an die Mädgen gehalten. Seine unromantische Liebesauffassung, die fast schon soziologisch kalt anmutet wirkt nur dadurch nicht herzlos, weil er sie mit Humor und Witz auszustatten versteht. Ihre beiden Verweise werde ich nochmal nachlesen und vorher einen Blick in die Werkausgabe werfen. Da müssten die Briefe an Baldiger ja enthalten sein.
Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht
Dietmar
„Olga unterschied offenbar nicht zwischen richtig und falsch, sondern nur zwischen Mann und Frau. Das mögen manche als eine dermaßen fundamentale Unterscheidung empfinden, dass sie zu anderen Differenzierungen nicht mehr in der Lage sind.“ (A. Torik, Aléas Ich)
Sehr schön geschrieben. Es gibt sogar so drollige Wesen, denen die Unterscheidung zwischen transzendental und transzendent sowie zwischen Präsentation und Repräsentation schwerfällt bzw.: nicht geläufig ist. Die Kunst der Differenzierung ist nicht jederfraus Sache – schon gar nicht im Feld von Literatur und Fiktion. Fabulierende Fabelwesen, die mühelos jede Latte unterlaufen statt sie zu überspringen.
Ansonsten aber ist es schön zu sehen, wie die Moral des Personalausweises hier gepflegt wird. Gepflegter identitärer Diskurs. Sozusagen. Aber wer beglaubigt eigentlich den Ausweis?
Ihre Kolportage, Bücherblogger, war einfach nur schlecht. Wie schon gesagt: der Haß trübt den Blick, da schweift er nicht ins Weite.
Natürlich ist das Internet Selbstinszenierung. Was sonst? Die Frage ist nur, ob man sich als Ikea-Katalog inszeniert oder doch als eine halb-literarische Figur.
Wollen Sie mich wirklich mit einem fiktiven russischen Model vergleichen, dass promiskuitiv Männer wie Fliegen fängt? Wir wissen doch beide besser, dass diese Figur allein deshalb geschaffen wurde, um den heterosexuellen Reiz letztlich zu diffamieren und die Promiskuitivität könnte auch der homosexuellen Sphäre entlehnt sein. Ihre Invektiven sind ja ganz nett, treffen mich aber nicht. Die Kolportage war keine, sondern eine Persiflage und eine mörderische dazu, steht schon im Untertitel, aber ich weiß gar nicht genau, ob wir von der gleichen Sache sprechen. Sie scheinen sich von dem Übermaß an Identität einer „carte d´identité“ getroffen zu fühlen, sonst würden Sie auf solcher Art hämische Kommentare verzichten.
Das „drollige Wesen“ hier präsentiert sich, indem es sich selbst zu repräsentieren versucht und das mit ab und zu auch mehr oder weniger gelungener literarischer Transzendenz. Ansonsten durchaus mit dem so politisch modisch gewordenen Begriff der Transparenz. Was meine Differenzierungsfähigkeiten anbelangt, schlage ich doch jeden Burka tragenden Limbo-Tänzer. Dass sie ausgerechnet öfter die weibliche Burka argumentativ als Bild bemühen, hat übrigens seinen versteckten Reiz, denn in der Regel präsentieren Sie sich als geradezu widerlich frauenverachtend, mysogyn ist viel zu milde formuliert.
So weit ich weiß, beglaubigt den Personalausweis das lokale Einwohnermeldeamt, wenden Sie sich also bitte an die Stadt Hemmingen, die erteilt Ihnen aber vermutlich ohne berechtigtes Interesse auch keine Auskunft. Ich versichere Ihnen aber mit meiner ganzen feenhaften, transzendentalen Aura (ich entschuldige mich für den Gebrauch in diesem Zusammenhang bei Herrn Benjamin ausdrücklich posthum), dass ich natürlich bei weitem besser aussehe, als mit diesem lächerlichen Adlergesicht. In Wahrheit wäre selbst Olga von meiner inneren Schönheit geblendet. Im Ikea-Katalog würde sie mich allerdings vergeblich suchen.
So, jetzt habe ich mal ein wenig versucht dem Humor das Wort zu geben. Wissen Sie, eigentlich langweilen mich diese Art „Unterhaltungen“. Andererseits verstehe ich Sie auch gut, denn wenn ich selbst mich irgendwie verletzt fühle oder sogar zum Ariostschen „Orlando Furiosa“ werden könnte, dann schreibe ich ähnlich. Deshalb mein Vorschlag am Schluss zur Güte: Schlagen wir uns doch nicht uns selbst in unserer Sichtweise nur selbstbestätigende Zitate um die Ohren, sondern diskutieren wir noch ein wenig bei Ihnen zum Buch. Ich würde auch versuchen, mir den Ärger auszutreiben und lediglich an die Worte in einem Buch die Elle des Schuhmeisters (oder ist es der Schneider) anzulegen. Wann erscheint denn Ihr nächster „Aléas Ich“-Teil?
Mit Gruß hinüber
Der Buecherblogger
Weitere Bemerkungen und Anmerkungen zu jenem drolligen Wesen spare ich mir, da die Auseinandersetzung mit Fußnoten ermüdet.
Frauen sind mir, wie viele Dinge, Anlaß zu ästhetischer Imagination und Selbstaffektion. Ich praktiziere einen monadologischen Holismus. Für mich ist alles Anlaß zur Reflexion. Meine Verachtung allerdings oder besser: meine Abneigung – denn Verachtung scheint mir ein doch zu emotionales Wort – teile ich gerecht und gleichmäßig zwischen den Männern und den Frauen auf. (Meine Freundschaften bestehen übrigens ausschließlich aus Frauen. Aber das sind eher Riot Girrrrrls als HausfrauenfeministInnen.)
Sicherlich vergleiche ich Sie nicht mit Modellen. Denn Sie wissen ja: Individuum est ineffabile.
Es gibt kein Übermaß an Identität. Identität ist eine logische Funktion – mehr nicht: A = A ihr basaler Satz. Getroffen „fühle“ ich mich dabei durch gar nichts. In der Literatur und in der Blogwelt ist es nun aber so, daß, wer „ich“ sagt, nicht immer Ich meint. Hier lassen sich gut auch die Bezüge zum Kleistzitat am Anfang von „Aléas Ich“ herstellen. Denn genau darum geht es ja. Wer sagt ich, wer oder was ist es, das als ich spricht oder sich als solches ausgibt? Der Satz von Spinoza, das jede Bestimmung zugleich Negation sei, fällt hier ebenso mit hinein. Wenn ich sage, daß das Haus weiß sei, kann es leider nicht mehr ockerfarben oder beige sein. Werden aber Begebenheiten oder sogenannte Fakten erzählt, gerät die Angelegenheit schon sehr viel komplexer und wir gelangen in die Sphären der Perspektivität. Als Beispiel dafür möge – aus der Welt des Films herausgegriffen – „Rashomon“ dienen. Ich will „Aléas Ich“ da keines falls in diese Tradition des Perspektivismus stellen. Aber in einem bestimmten Sinne trifft es dieser Film dennoch: Wenn es nämlich darum geht, das eigene Ich erzählerisch aufzufächern, bzw. das, was im (Bewußtseins-)Strom dieses (fiktionalen) Ichs steht, in eine Geschichte zu bringen.
Natürlich, über Bücher läßt sich trefflich und gut schreiben. Ich würde gerne mit Ihnen, bei mir oder auch bei Ihnen im Blog, über „Aléas Ich“ sprechen, wenn es die Zeit zuließe. Die gelöschte Datei und der defekte USB-Stick sind übrigens Wahrheit. Ich fange keinen mehrteiligen Besprechungsessay an, um dann abzubrechen. Ihre kurze Analyse bei mir drüben teile ich sogar im großen und ganzen. Wahrscheinlich differieren wir lediglich in der Bewertung dieser Aspekte.
Da ich nun aber nach Lissabon reise, wird es mir leider nicht möglich sein, im Detail zu jenem Roman mich weiter zu äußern, da mir schlicht die Zeit fehlt. Und dabei packt die Frau für mich die Koffer, bügelt Hemden, organisiert die Reisemodalitäten, so daß ich mich nur noch in die Taxe zum Flughafen setzen muß. Egal, ich werde vielleicht nach meinen Urlaub den Roman wieder aufgreifen. Lust dazu habe ich durchaus. Anderseits harren hier zwei weitere Romane und zwei Ausstellungen einer Besprechung. Und das, was ich vor einigen Tagen schrieb, mir mühsam wieder zusammenzubasteln, macht mir nicht wirklich Freude. Egal, wir werden sehen.
Nichts für ungut
Nikolai E. Bersarin
Letztes Jahr weilte ich für gut zwei Wochen im Norden Portugals, leider nicht in Lissabon. Guten Flug und gute Heimkehr, kommen Sie nicht an irgendeiner Ecke in dieser so interessanten Stadt unter die Räder, lassen Sie das Motorrad lieber stehen. Die Lederjacke dürfen Sie auch so anziehen und bitte nicht gleich die ganze Stadt unter ihr Generaloberstkommando stellen.
;-)
Vielen Dank. Ich werde flanieren und fotografieren. Für meine Lederjacken wird es zu heiß sein, fürchte ich. Aber es ist der von mir geliebte Atlantik nicht sehr weit.