Stefan Selke: Schamland

Selke_SchamlandHeute Vormittag sah ich eine Fernsehdiskussion auf WDR3 in der Sendung West ART Talk. Sachbücher sind außer Biographien von Schriftstellern ziemlich unterbesetzt in meinem Weblog. In der Sendung ging es um die grundsätzliche Frage, ob Armut in unserem an sich reichen Land mit sozusagen Charity-Charme-Offensiven, Freiwilligen-Leistungen und ehrenamtlichem Engagement wie z. B. der Tafelbewegung adäquat bekämpft wird oder nur ein Ablenkungsmanöver darstellt, mit dem sich weiter ungerechterweise die Unterprivilegierten oder sozial Schwachen, wie man Arme euphemistisch bezeichnet, für ihre Notbedürftigkeit schämen müssen und mit dem von unserer eigenen Scham, die der Privilegierten und Reicheren, abgelenkt wird. Der Autor und Soziologe Stefan Selke bestand vehement darauf, dass der jetzige Zustand unserer Gesellschaft strukturelle und politische Ursachen hat, die auf einen vermehrt negativen, gesellschaftlichen Wandel in den letzten Jahren zurückzuführen seien. Ohne sein Buch gelesen zu haben, nehme auch ich diese Sendung zum Anlass, auf sein aktuelles Buch “Schamland. Die Armut mitten unter uns” hinzuweisen. Auf der Verlagsseite gibt es dazu auch eine Leseprobe. Bemerkenswert in der Sendung war auch die entschiedene, aus eigener Erfahrung entstandene Meinung der Schauspielerin Bettina Kenter. Einen älteren Essay von Stefan Selke über “freiwilliges Bürgerengagement” fand ich noch bei der FTD und auch “titel thesen temperamente” befasste sich schon im April in einem Beitrag mit der Thematik und dem Buch. Ich glaube mit diesen Links und Einschätzungen habe ich meine eigenen Sympathien schon deutlich gemacht. Nichts sollte davon ablenken, der maskenhaft und modisch lächelnden Fratze des Neoliberalismus, mit seinem Tanz um das goldene Kalb des Marktes, Einhalt zu gebieten. Das Nötigste, was diese Gesellschaft braucht, sind menschliche Werte auch jenseits ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit.