10 Fragen an Nordseiten

by Worteweberin Annika

„Also dach­ten wir, dass es eine schöne Art der Brief­freund­schaft wäre, einen Blog zu eröffnen.“

Die bei­den Freun­din­nen Maike und Mareike blog­gen seit Jah­ren über Lite­ra­tur und das Leben an der Küste. Anfang 2019 haben sie ihren Blog von „Herz­po­ten­zial“ in „Nord­sei­ten“ umbe­nannt. Wie es dazu kam, wie die bei­den neben dem All­tag noch Zeit fürs Blog­gen fin­den und wie sich die Welt der Blog­ge­rin­nen und Blog­ger in den letz­ten Jah­ren ver­än­dert hat, haben sie Worte­we­be­rin Annika im Inter­view verraten.

1. Hallo ihr zwei! Mögt ihr euch und euren Blog „Nord­sei­ten“ ein­mal kurz vorstellen?

Mareike: Nord­sei­ten ist ein Freund­schafts­pro­jekt, das mit Maike und mir gewach­sen ist. Ange­fan­gen hat es wäh­rend des Stu­di­ums mit ver­schie­de­nen The­men, doch seit etwa fünf Jah­ren schrei­ben wir so ziem­lich aus­schließ­lich über Bücher. Vom Koch­buch, über lite­ra­ri­sche Klas­si­ker, über (vor­wie­gend weib­li­che) Gegen­warts­li­te­ra­tur bis hin zu Kin­der­bü­chern schrei­ben wir über alles, was uns interessiert.

2. Erzählt doch mal, wie es dazu kam, dass ihr einen Blog gegrün­det habt.

Mareike: Wir haben uns wäh­rend des Stu­di­ums in Göt­tin­gen ken­nen­ge­lernt. Dann zog Maike nach Kiel und wir sahen uns nur noch unre­gel­mä­ßig. Doch jedes Mal hat­ten wir eine Menge Rede­be­darf über Bücher – haben nicht sel­ten gleich­zei­tig das glei­che Buch gele­sen. Also dach­ten wir, dass es eine schöne Art der Brief­freund­schaft wäre, einen Blog zu eröffnen.

3. Wie hat sich die Welt des Buch­blog­gens in der lan­gen Zeit verändert?

Mareike: Über­ra­schend viel! Social Media spielt eine wesent­lich grö­ßere Rolle. Bil­der sind wich­ti­ger gewor­den, „die“ Buch­blog­ger-Szene also sol­che gibt es nicht mehr. Es gibt viele kleine Sze­nen, spe­zia­li­sier­tere Buch­blog­ger. Gefühlt auch grö­ße­ren Kon­kur­renz­druck und den stär­ke­ren Wunsch, sich abzu­set­zen. Natür­lich hat sich auch das Ver­hält­nis zu Ver­la­gen und Agen­tu­ren ver­än­dert. Als wir anfin­gen, da gab es nur wenige Mög­lich­kei­ten, mit Ver­la­gen in Kon­takt zu tre­ten – man wusste aber auch gar nicht so recht, warum.

4. Wel­che Rolle spie­len denn die sozia­len Medien für euch als Blog­ge­rin­nen? Zeit­fres­ser oder Bereicherung?

Mareike: Ich würde sagen, dass sie viel Auf­merk­sam­keit vom klas­si­schen Blog weg­zie­hen. Immer mehr fin­det auf Insta­gram statt. Die Qua­li­tät der Bil­der, die man­che regel­recht über Stun­den insze­nie­ren, ist fast genauso wich­tig, wie die eigent­li­chen Rezen­sio­nen. Wir sind beide berufs­tä­tig und auch pri­vat zeit­lich ein­ge­spannt, da haus­hal­tet man mehr mit sei­ner Zeit und über­legt sich genau, ob Face­book, Twit­ter und Co. für uns so wich­tig sind. Die Erkennt­nis der letz­ten Jahre: Nein, für den Blog bringt das kaum neue Lese­rIn­nen, es sind nur wei­tere Platt­for­men, auf denen man sich darstellt.

5. Was zeich­net für euch gute Bücher aus? Und was macht ihr mit schlechten? 

Mareike: Mit jedem Jahr ver­än­dert sich mein Geschmack und Plots, die mich vor zwei Jah­ren noch umhauen konn­ten, ver­lie­ren nach dem drit­ten, vier­ten Mal auch den Reiz. Es wird also lang­sam immer schwie­ri­ger, mich wirk­lich nach­hal­tig zu begeis­tern. Auch hat sich mein Bild auf männ­li­ches und weib­li­ches Erzäh­len in den letz­ten Jah­ren sehr ver­än­dert. Ich bin kri­ti­scher gewor­den, was sehr kon­ser­va­tive Dar­stel­lun­gen von Weib­lich­keit oder kli­schee­hafte Erzähl­ty­pen in Kin­der­bü­chern betrifft. Ansons­ten mag ich die Ein­tei­lung in gut und schlecht nicht. Es gibt über­ra­schende, inspi­rie­rende Bücher und wel­che, die wenig Neues brin­gen. Bei­des kann je nach Situa­tion pas­send sein.

Maike: Ob mir ein Buch gefällt oder nicht, weiß ich meis­tens erst am Ende. Klar, man­che lese ich schnell und für andere brau­che ich eine gefühlte Ewig­keit, aber auch das ist kein zwin­gen­der Hin­weis auf die Qua­li­tät. Ich kann mich für viele The­men begeis­tern und lese die unter­schied­lichs­ten Gen­res (und nicht alle fin­den auf dem Blog Ein­gang). Über­all fin­den Erzäh­le­rIn­nen Wege, ihre Geschich­ten zu prä­sen­tie­ren. Da fällt es mir wirk­lich schwer, eine Unter­schei­dung von gut und schlecht zu fin­den, denn was bei mir funk­tio­niert, fin­den andere viel­leicht schon wie­der grauenvoll.

6. Wie viel Zeit geht bei euch so für den Blog und alles ‚umzu‘ drauf? Wie ver­ein­bart ihr das Blog­gen mit dem Beruf und der Familie?

Mareike: Frü­her wesent­lich mehr als heute, weil wir seit eini­ger Zeit wesent­lich weni­ger blog­gen. Frü­her waren es drei Arti­kel die Woche. Dafür gin­gen etli­che Stun­den in der Woche drauf. Jetzt nimmt die Bild­pro­duk­tion (beson­ders auch bei Kin­der­bü­chern mit schö­nen Illus­tra­tio­nen) viel mehr Zeit in Anspruch als frü­her. Ich küm­mere mich inzwi­schen recht gebün­delt um alle Blog­the­men. Meist am Sams­tag, wenn das Gold­kind mit Freun­den drau­ßen spielt oder abends, wenn ich mal nicht zu müde bin. Wäh­rend des Stu­di­ums hatte ich sehr viel mehr Zeit für Expe­ri­mente und auch, um nach rechts und links zu schauen: Was machen andere Blog­ger, wel­che The­men sind aktu­ell prä­sent? Heute bin ich froh, wenn ich mal durch Insta­gram scrol­len kann. 😀 Aber so ver­än­dert sich das. Fami­lie und natür­lich auch Beruf gehen immer vor.

Maike: Vor allem der Beruf nimmt bei mir immer mehr Zeit in Anspruch. Ich pendle mit der Bahn zur Arbeit und habe so jeden Tag etwas über ein­ein­halb Stun­den Lese­zeit. Und meis­tens lese ich dann auch und ver­sumpfe nicht am Smart­phone. Die Blo­g­ar­beit fin­det bei mir nur am Wochen­ende statt, wenn ich mich ein­fach hin­set­zen und auch mal meh­rere Arti­kel tip­pen kann. Und da dann auch meis­tens das Licht am bes­ten ist, ver­su­che ich mich dann auch um Fotos zu küm­mern – ganz ähn­lich wie bei Mareike. Unter der Woche brau­che ich mei­nen Fei­er­abend, um Kraft für den nächs­ten Tag zu sam­meln und ver­bringe die Zeit lie­ber abseits mei­nes Schreibtisches.

7. Apro­pos Zeit­ma­nage­ment: Wie groß sind eure SuB (Sta­pel unge­le­se­ner Bücher)?

Mareike: Ich weiß es nicht ganz genau, aber es müss­ten so um die 60 Bücher sein. Aber ein­mal im Jahr sor­tiere ich hier inten­siv durch. Man muss nicht zwang­haft jedes Buch lesen, was man irgend­wann mal mit nach Hause genom­men hat.

Maike: Ich gebe mir von Anfang an Mühe, dass er so klein wie mög­lich ist und werde immer noch ner­vös, wenn er zwei­stel­lig ist – was mitt­ler­weile fast durch­ge­hend der Fall ist. Aktu­ell sind es aber nur knapp 15 Bücher und davon sind alleine fünf Exem­plare Kochbücher.

8. Anfang des Jah­res habt ihr eurem Blog ein neues Gesicht gege­ben – aus „Herz­po­ten­zial“ wur­den die „Nord­sei­ten“. Wie kam es dazu und was sind jetzt eure Pläne für die Zukunft?

Maike & Mareike: Der Blog ent­stand wäh­rend des Stu­di­ums – teil­weise als Beauty- und Life­sty­leb­log. Das war ok, damals. Doch heute woh­nen wir beide im Nor­den, wür­den auch gern unser bei­der Wahl­hei­mat (Ham­burg und Schles­wig-Hol­stein) stär­ker im Blog statt­fin­den las­sen. Bis­her hat die Zeit es aber noch nicht so zuge­las­sen, wie wir uns das vor­ge­stellt haben. Doch ins­ge­samt fühlt sich Nord­sei­ten erwach­se­ner an als Herzpotenzial.

9. Keine leichte Frage, aber habt ihr drei Buch­tipps für unsere Lese­rin­nen und Leser? Was sind momen­tan eure Lieblinge? 

Mareike: Das finde ich immer sehr schwer, weil Geschmä­cker so unter­schied­lich sind und bestimmte Bücher in bestimm­ten Lebens­la­gen per­fekt sind und in ande­ren gar nichts bewe­gen. Bücher, die mich in letz­ter Zeit sehr gegeis­tert haben: „Mild­red Pierce“ von James M. Cain, weil es erstaun­lich modern den Weg einer allein­er­zie­hen­den Frau wäh­rend der Welt­wirt­schafts­krise erzählt, „Her­kunft“ von Saša Sta­nišić, weil es ein so klu­ges, bun­tes und vor Erzähl­kunst fast bers­ten­des Buch ist. Und eine ganz drin­gende Emp­feh­lung ist Macken­zie Lees „Kick-Ass Women“. Das sind 52 gran­diose Frau­en­bio­gra­fien, über­ra­schend, divers, für ihre Zeit revo­lu­tio­när und nie brav. Jede ein­zelne dar­aus habe ich gefei­ert und musste oft dank des tol­len Schreib­stils sehr lachen.

Maike: Ich tue mich mit der Frage ähn­lich schwer. Gerade hat mich aber Meike Win­ne­muth mit „Bin im Gar­ten“ sehr begeis­tert und mir gehol­fen, meine eigene Dach­ter­rasse noch ein­mal mit ande­ren Augen zu sehen. Wer auf der Suche nach einer guten Urlaubs­lek­türe ist, sollte sich Mela­nie Met­zent­hins Roman „Im Laut­lo­sen“ anse­hen. Ein Zufalls­tref­fer, den ich in mei­nem Som­mer­ur­laub an einem Nach­mit­tag ein­ge­at­met habe. Und mein All-Time-Favou­rite: Ben Aaro­no­vitch mit sei­ner „Die Flüsse von London“-Reihe. Jeder Band begeis­tert mich aufs Neue!

10. Jetzt noch unsere bücher­städ­ti­sche Abschluss-Frage: Wenn ihr ein Buch wärt, wel­ches wäre das dann jeweils?

Mareike: Zeit­ma­nag­ment für den digi­ta­len Nerd. Tan­zen Sie auf vie­len Hoch­zei­ten und ver­lie­ren sie dabei gepflegt den Überblick.

Maike: Wie­der mehr JA sagen. To-Do-Lis­ten drei­di­men­sio­nal gestal­ten und trotz­dem Zeit zum Lesen (und Leben) finden.

Foto: Nord­sei­ten

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