10 Fragen an Ronja Waldgängerin Blog: Notizen der Waldgängerin

by Worteweberin Annika

„Sich gegen die Krank­heit zu stem­men und bewusst den Wider­stand anzu­tre­ten, war auch der Grund zu schrei­ben. So konnte mir Jün­gers Bild vom Wald­gän­ger durch die schwere Zeit helfen.“

Auf „Noti­zen der Wald­gän­ge­rin“ schreibt Ronja über Lite­ra­tur – dar­un­ter Neu­erschei­nun­gen ebenso wie Klas­si­ker zum Bei­spiel aus der DDR. Im Inter­view hat sie Worte­we­be­rin Annika ver­ra­ten, wie sie auf den Namen für ihren Blog kam, wie schrei­ben durch schwere Zei­ten hel­fen kann und wie bei ihr Blog und Stu­dium zusammenhängen.

1. Magst du dich unse­ren Lese­rin­nen und Lesern kurz vorstellen?

Sehr gerne! Ich bin Ronja, Stu­den­tin der Lite­ra­tur­wis­sen­schaft und junge Mut­ter von einer wun­der­ba­ren Toch­ter. Ich lebe mit Mann, Kind und Hund nun wie­der im schö­nen Fran­ken­land, direkt bei Bam­berg. Mei­nen Blog habe ich vor zwei Jah­ren eröff­net. Seit­dem ist er, neben dem Lesen, zu mei­nem liebs­ten Hobby gewor­den, in das ich gerne und viel Zeit hineinstecke.

2. Wie ent­stand die Idee zu dei­nem Blog?

Nach einer schwie­ri­gen Zeit wollte ich das Schrei­ben wie­der zurü­ck­ent­de­cken. Ich konnte mich aber immer schon schwer über­win­den, meine Gedan­ken auf­zu­schrei­ben. Gekaufte Notiz­bü­cher und Tage­bü­cher blie­ben leer. Eine liebe Kol­le­gin aus dem Buch­la­den sagte mir, dass sie durch ihren Blog regel­mä­ßig zum Schrei­ben ange­regt wird. Also eröff­nete ich kur­zer­hand mei­nen eige­nen Blog, schaute mich bei Insta­gram um und konnte mich so wirk­lich über­win­den, regel­mä­ßig zu ver­öf­fent­li­chen. Jetzt habe ich zwar immer noch einige Pau­sen, aber es ist mir viel leich­ter gefal­len, meine Gedan­ken ohne große Selbst­zwei­fel auf­zu­schrei­ben. Das ist wohl ein sehr unkon­ven­tio­nel­ler Grund für einen Blog, für mich war es aber die beste Ent­schei­dung. Schrei­ben hilft ein­fach immer!

3. Und was hat es mit dem Namen dei­nes Blogs auf sich?

Vor Jah­ren hat mich in Ernst Jün­gers Essay „Der Wald­gang“ der Gedanke fas­zi­niert, sich gegen seine Urängste zu stem­men und als Wald­gän­ger, als Wider­ständ­ler, gegen diese anzu­ge­hen und sich sei­ner eige­nen Frei­heit bewusst zu wer­den, die nur exis­tie­ren kann, wenn man selbst frei ist. Sich gegen die Krank­heit zu stem­men und bewusst den Wider­stand anzu­tre­ten, war auch der Grund zu schrei­ben. So konnte mir Jün­gers Bild vom Wald­gän­ger durch die schwere Zeit hel­fen. Seit­dem ver­öf­fent­li­che ich unter Noti​zen​der​wald​ga​en​ge​rin​.blog.

4. Du hast Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten stu­diert und besprichst auf dei­nem Blog ja auch viele Klas­si­ker. Was fas­zi­niert dich daran?

Ich habe eigent­lich Kunst­ge­schichte und Geschichte stu­diert und habe mich dann durch den Blog der Lite­ra­tur­wis­sen­schaft ange­nä­hert. Ich bin ein sehr sub­jek­ti­ver Leser und iden­ti­fi­ziere mich sehr mit den Gedan­ken der Autoren. Die Schrif­ten von Han­nah Arendt, Vir­gi­nia Woolf und gerade Christa Wolf haben mich beson­ders berührt, der unvor­ein­ge­nom­mene Blick und das zwang­lose Aus­spre­chen von Gedan­ken in ver­schie­de­nen his­to­ri­schen Epo­chen fas­zi­niert mich immer wie­der. Das hat zu der Zeit kein Gegen­warts­werk in die­ser Inten­si­tät geschafft. Ich habe also auto­ma­tisch mehr zu den älte­ren Wer­ken gegrif­fen und dann meine Liebe für Klas­si­ker ent­deckt. Um den sub­jek­ti­ven Blick zu mil­dern, habe ich mich ent­schlos­sen, den Mas­ter in Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten zu machen und fest­ge­stellt, wel­ches Poten­zial die oft­mals als ein­ge­staubt wahr­ge­nom­me­nen Werke besitzen.

5. Spielt dein Stu­dium für dich beim Blog­gen eine Rolle?

Eher spielt das Blog­gen bei mei­nem Stu­dium eine Rolle. Gerade auf Insta­gram finde ich immer wie­der neue Autorin­nen und Autoren, die ich für eine Haus­ar­beit vor­her gar nicht auf dem Schirm gehabt hätte. Ich kann somit nicht nur neue Werke ent­de­cken, son­dern auch meine Gedan­ken ver­tie­fen, die ich dann im Stu­dium anwen­den kann.

6. Was macht für dich ein rich­tig gutes Buch aus, kannst du das verallgemeinern?

Für mich muss ein sehr gutes Buch Gedan­ken ent­hal­ten, die mich nicht nur über­ra­schen, son­dern mich vor allem aus einer gedank­li­chen Kom­fort­zone heben. Das kann ein Buch schaf­fen, indem es gewisse The­men anspricht, Gedan­ken in unge­wöhn­li­cher und per­sön­li­cher Weise sicht­bar macht und/oder dies in einer poe­tisch, ästhe­ti­schen Spra­che trans­por­tie­ren kann.

7. „Lite­ra­tur des Ostens“ heißt eine Kate­go­rie auf dei­nem Blog. Was sollte ich an Lite­ra­tur aus und über die DDR unbe­dingt ent­de­cken, wenn ich es noch nicht kenne?

Mein ers­ter Impuls wäre natür­lich Christa Wolf. Aber das wäre viel zu kurz gegrif­fen und würde vor allem die weni­ger bekann­ten Autorin­nen und Autoren in den Schat­ten stel­len. Mir fal­len hier spon­tan Franz Füh­mann und Bri­gitte Rei­mann ein. Es gibt auch für mich noch so viele Werke zu ent­de­cken. Christa Wolf war ein sehr guter Ein­stieg und hat mir erst die Welt und die Ver­gan­gen­heit mei­ner Fami­lie eröffnet.

8. Du bist Mama und auch zu die­sem Thema fin­det man auf dei­nem Blog einige Tipps. Wel­che Bücher kannst du jun­gen Eltern beson­ders ans Herz legen?

Stellt man sich im Buch­han­del vor die soge­nann­ten Erzie­hungs­rat­ge­ber, wer­den kom­mende und junge Eltern förm­lich erschla­gen von Tipps, die ihre Kin­der und das Leben mit ihnen opti­mie­ren sol­len. Durch Insta­gram bin ich in der Schwan­ger­schaft schnell auf Bücher gesto­ßen, die sowohl bedürf­nis­ori­en­tiert als auch natür­lich an das Thema Kin­der her­an­tre­ten. Ich habe für mich vor allem den Kösel Ver­lag ent­deckt, der groß­ar­tige Bücher von Autorin­nen wie Nora Imlau und Nicola Schmidt her­aus­gibt. Diese Autorin­nen ori­en­tie­ren sich teil­weise am däni­schen Fami­li­en­the­ra­peu­ten und Autor Jesper Juul, der sowohl die auto­ri­täre Erzie­hung als auch die anti­au­to­ri­täre Erzie­hung beklagt, weil beide auf Kos­ten des Kin­des geführt wer­den. Sein Bild vom voll­wer­ti­gen, kom­pe­ten­ten Kind steht für mich im direk­ten Zusam­men­hang mit den Gedan­ken Maria Montesso­ris. Seine Bücher sind in jedem Fall zu emp­feh­len, aber ein Blick auf die Seite des Kösels Ver­lag würde ich jeder wer­den­den Fami­lie raten.

9. Und erwar­ten uns auf „Noti­zen der Wald­gän­ge­rin“ dann dem­nächst auch Kinderbuchrezensionen?

Auch wenn ich mich nun ver­mehrt mit Kin­der­buch­ver­la­gen aus­ein­an­der­setze und auch schon einige Bücher zuge­sen­det bekom­men habe, wird es bei Noti­zen der Wald­gän­ge­rin keine Kin­der­buch­re­zen­sio­nen geben. Gefällt mir ein Buch und/oder Ver­lag beson­ders, schreibe ich gewiss auch immer mal wie­der ein paar Zei­len dazu. Aber es gibt so unglaub­lich viele und groß­ar­tige Kin­der­buch­blog­ger, auf die ich dann doch lie­ber auf­merk­sam machen will. Um nur einige zu nen­nen, fal­len mir sofort @unendlichvielseitig, @lesenslust und @mintundmalve ein.

10. Zum Abschluss darf natür­lich die typisch bücher­städ­ti­sche Frage nicht feh­len: Wenn du ein Buch wärest, wel­ches wäre das?

Das ist schnell beant­wor­tet: „Die Wel­len“ von Vir­gi­nia Woolf

Danke dir für das Interview!

Foto: pri­vat

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