10 Fragen an schraeglesen #BKmusikalisch

by Zeichensetzerin Alexa

„Ein Autor hat ein­mal nach einem Gespräch ange­merkt, dass unser Name sehr gut gewählt sei, weil wir auch einen schra­e­gen Blick auf Lite­ra­tur haben – und ich bin mir sicher, er meinte das im bes­ten Sinne.“

Anläss­lich des aktu­el­len Musik-Spe­cials hat Zei­chen­set­ze­rin Alexa Thilo und Cäci­lia 10 Fra­gen rund um ihren Blog schraeg­le­sen, die Bedeu­tung von Musik, Audio Games und ihre For­schungs­reise nach Japan gestellt.

1. Auf eurem Blog schraeg­le­sen schreibt ihr über „expe­ri­men­tier­freu­dige Lite­ra­tur, Video­spiele und Kul­tur abseits von Best­sel­lern und Kas­sen­schla­gern“. Ab wann ist etwas schraeg genug, um eure Auf­merk­sam­keit zu bekom­men? Nach wel­chen Kri­te­rien geht ihr da vor?

Thilo: Ein biss­chen schraeg reicht eigent­lich schon und in gewis­ser Weise ist doch alles ein wenig schraeg. Ich erzähle es viel zu häu­fig, aber der Anfang war die Begeis­te­rung für „House of Leave“ von Mark Z. Danie­lew­ski und der Wunsch, mehr sol­che Bücher zu lesen. Und ich dachte mir, dass es eigent­lich einen Ort im Netz geben sollte, der sich nur damit beschäf­tigt – mit schra­e­ger und expe­ri­men­tel­ler Lite­ra­tur, also Lite­ra­tur, die Geschich­ten auf unge­wohnte Weise erzählt.

Es gibt dafür tat­säch­lich so etwas wie einen Kri­te­ri­en­ka­ta­log: ergo­disch, visu­ell, typo­gra­fisch etc. Auf einer Liste sammle ich Titel, auf die das zutrifft, „Tage­buch eines schlim­men Jah­res“, „Com­po­si­tion No. 1“, „Men­schen aus Papier“. Aber ich habe ziem­lich schnell gemerkt, dass ich mich trotz­dem wei­ter­hin mit aktu­el­ler Lite­ra­tur beschäf­ti­gen möchte, die auch nicht gerade sel­ten mit einer schra­e­gen Per­spek­tive oder einer unge­wöhn­li­chen Spra­che auf­war­tet und den­noch nicht ganz in das erwähnte Ras­ter fällt. Da ist der Ansatz aller­dings auch, dass der Blog für mich auch die Mög­lich­keit lie­fert, abseits der Kon­ven­tio­nen mal etwas aus­ufern­der und expe­ri­men­tel­ler, viel­leicht sogar lite­ra­ri­scher – falls mir das gelingt – mit Lite­ra­tur­kri­tik umzu­ge­hen. Ein Autor hat ein­mal nach einem Gespräch ange­merkt, dass unser Name sehr gut gewählt sei, weil wir auch einen schra­e­gen Blick auf Lite­ra­tur haben – und ich bin mir sicher, er meinte das im bes­ten Sinne.

Cäci­lia: Ich gehe da etwas intui­ti­ver vor. Immer dann, wenn ich bei einem Spiel denke: „Hm, das ist mal wirk­lich was ande­res“, reicht mir das oft schon als Aus­wahl­kri­te­rium. Das kann eine erzäh­le­ri­sche Beson­der­heit sein, wie in dem Adven­ture Game „Vir­gi­nia“, das als Kri­mi­nal­ge­schichte ein­fach mal kom­plett ohne Worte aus­kommt. Das kann ein spie­le­ri­scher Kniff sein. Das kann aber auch eine rein visu­elle Beson­der­heit wie die Schwarz-Weiß-Gestal­tung von „White Night“. Wenn sich dann auch noch ein paar Meta-Ebe­nen à la „Stan­ley Para­ble“ hin­zu­ge­sel­len – um hier mal einen Meta-Video­spiel­klas­si­ker her­aus­zu­ho­len – oder ein Spiel bes­ten­falls sogar lite­ra­ri­sche Qua­li­tä­ten besitzt, ist das natür­lich umso besser.

Im Grunde ist mir vor allem wich­tig, dass die Spiele irgend­wie aus dem übli­chen Trott der Main­stream-Video­spiel­in­dus­trie aus­bre­chen, die gefühlt nur noch aus Rei­hen­ti­teln besteht. Denn die lang­wei­len mich gewaltig.

2. Was war das schra­egste Buch und Spiel, das ihr bis­her gele­sen bezie­hungs­weise gespielt habt?

Cäci­lia: Als mein schra­egs­tes Spiel nenne ich immer gern „Pony Island“, das mich beim ers­ten Spie­len ein­fach am meis­ten über­rascht hat. Die­ser zunächst schein­bar harm­lose Platt­for­mer, der sich dann als reins­ter Meta-Höl­len-Trip ent­puppt und immer wie­der mit neuen Ideen auf­war­tet. Genial. Ich will an die­ser Stelle auch nicht zu viel ver­ra­ten – das würde den Spiel­spaß kaputt machen. „Pony Island“ ist mir defi­ni­tiv als Inbe­griff des „schra­e­gen“ auch Jahre spä­ter noch im Kopf geblie­ben. Und es ist für mich der Beweis, dass krea­tive Spiel­ideen nicht immer ein gro­ßes Ent­wick­ler­team benötigen.

Thilo: Bei Spie­len fällt die Ant­wort für mich als Casual Gamer leich­ter: Da sind es ganz ein­deu­tig „Rez“, weil es ein­fach nur ein Rausch ist; „Bayo­netta“, weil es ein­fach über­trie­ben und bescheu­ert ist, und „Flower“, weil ich es immer mit den Wor­ten zusam­men­fasse, dass man ein Blü­ten­blatt spielt.

Bei Büchern ist es schon etwas schwie­ri­ger. Ich würde viel­leicht „Valis“ von Philip K. Dick und „Illu­mi­na­tus!“ von Shea und Wil­son erwäh­nen. Denn da frage ich mich, was diese Autoren geraucht haben, als sie das geschrie­ben haben und ob das anste­ckend ist. Oder „Alles oder nichts“ von Ray­mond Feder­man, der z.B. eine Seite sozu­sa­gen rück­wärts getippt hat und „Com­po­si­tion No. 1“ von Marc Saporta, das man in belie­bi­ger Rei­hen­folge lesen kann und das dabei eine ein­zig­ar­tige Geschichte gibt.

Cäci­lia: Und da sagt Thilo mir stän­dig nach, dass ich mich nicht für Dinge ent­schei­den kann…

3. In unse­rem aktu­el­len Spe­cial dreht sich alles um Musik. Wel­che Bedeu­tung hat Musik für euch in Video­spie­len, im Thea­ter und im Hörspiel?

Thilo: Mir per­sön­lich ist Musik im All­tag natür­lich sehr wich­tig, weil ich zu jeder Zeit gerne die rich­tige Musik um mich habe. Tad Wil­liams hat für sein aus­ufern­des Epos „Other­land“ eine Figur ent­wi­ckelt, die einen Chip im Kopf hatte, mit der er jeder­zeit selbst Musik für seine eige­nen Ohren pro­du­zie­ren konnte. Das hat mich fas­zi­niert. Aber ich denke nicht, dass eine gute Geschichte unbe­dingt Musik braucht. Eine Geschichte, egal wo, erzählt sich auch gut ohne. Und lie­ber habe ich Stille als schlechte, das heißt simple und auf­dring­li­che Musik. Aller­dings muss ich sagen, dass gute musi­ka­li­sche Unter­ma­lung wirk­lich eine Berei­che­rung ist. Gerade im Thea­ter, wo es seit eini­gen Jah­ren ein Trend hin zum per­ma­nen­ten Sound­track gibt, schafft Musik oft auch noch­mal einen Sog.

Cäci­lia: Zu Recht. Ich finde Thea­ter ohne Musik ziem­lich lang­wei­lig. Gene­rell finde ich schon, dass Musik für Geschich­ten sehr wich­tig ist. Ja: Auch ein Buch kann man sicher­lich auch wun­der­bar ohne Musik lesen – auch wenn die pas­sende Musik­be­schal­lung den rich­ti­gen „Kick“ geben kann. Und nein: Ich spre­che jetzt nicht von John Cage und Aus­sa­gen wie „alles ist doch irgend­wie Musik, auch Stille“. Natür­lich kann man viele Geschich­ten ohne Musik erzäh­len, die sich meist doch eher im Hin­ter­grund abspielt. Der Sinn erschließt sich sicher auch so. Aber ist es dann wirk­lich das­selbe? Musik trägt so viel zur Stim­mung, zur Atmo­sphäre einer Geschichte bei und das sollte nicht unter­schätzt wer­den. Das merke ich doch schon in die­sen Par­odie-Videos, wenn über eine ernste Szene plötz­lich eine nette, lus­tige Musik gelegt wird. Oder wenn ich als Kind beim Game­boy-Spie­len den Ton aus­schal­ten musste. Das kann ein­fach alles kaputt machen. Und finde, dass man gerade an der „auf­dring­li­chen und schlech­ten Musik“ merkt, wie wich­tig die rich­tige Musik­aus­wahl eigent­lich für eine Geschichte ist.

Thilo: Du hast Recht, bei Spie­len hat Musik und Sound noch­mal einen ande­ren Stel­len­wert, weil es einen noch viel­mehr in die Welt und die Geschichte rein­zieht. Ich denke auch, dass Musik sehr wich­tig ist und immer eine Rolle spie­len sollte. Aber gerade ein Hör­spiel kann über weite Stre­cken ohne Musik sogar bes­ser funk­tio­nie­ren, weil es auch schnell über­la­den wird. Auch Thea­ter geht auch ohne, aber man­che Geschich­ten ver­lan­gen Musik und Musik kann auch vie­les bes­ser machen, ver­tie­fen und unauf­dring­lich mehr Inter­pre­ta­ti­ons­räume schaffen.

4. Wel­chen Stel­len­wert haben Hör­bü­cher in eurem Alltag?

Thilo: Einen sehr gro­ßen! Wir hören Hör­spiele zum Ein­schla­fen oder wenn wir unter­wegs sind. Ich kann kein Buch lesen, wenn ich auf dem Fahr­rad sitze.

Cäci­lia: Das stimmt. Eine Folge „Die Drei Fra­ge­zei­chen“ vor dem Ein­schla­fen gehört ein­fach dazu. Auch wenn man die Auf­lö­sung lei­der fast nie mit­be­kommt. Ich habe mal auf einer lan­gen Zug­fahrt meine Kopf­hö­rer ver­ges­sen. Und dann ist mir erst auf­ge­fal­len, wie wich­tig mir Hör­spiele ein­fach sind…

5. Cäci­lia, du forschst der­zeit zu Audio Games. Wie bist du eigent­lich auf die­ses Thema gekom­men? Und was sind Audio Games überhaupt?

Oh je… Jetzt muss ich mich zusam­men­rei­ßen, nicht ins Schwa­feln zu geraten.

Fan­gen wir mal mit Frage zwei an: Grob gesagt sind Audio Games digi­tale Spiele, die aus­schließ­lich oder vor­wie­gend mit Sound arbei­ten – eben das akus­ti­sche Gegen­stück zu den eher visu­ell gepräg­ten Video­spie­len. Es gibt da noch ver­schie­dene Abstu­fun­gen und gene­rell ist es natür­lich schwer zu sagen, ab wann ein Spiel als „Audio Game“ bezeich­net wer­den kann, ob das über­haupt der rich­tige Begriff ist. Das würde jetzt aber etwas zu weit führen.

Auf das Thema gesto­ßen bin ich eher durch Zufall; und zwar bei mei­nem ers­ten Besuch im Com­pu­ter­spiel­mu­seum. Dort war damals auch das Audio Game „Ter­ra­for­mers“ aus­ge­stellt, das man sowohl ohne, als auch mit Bild spie­len kann – und das hat mich irgend­wie sofort extrem fas­zi­niert. Die Tat­sa­che, dass ein Spiel kom­plett über Sound gestal­tet wer­den kann und wie schwer es auch noch ist, sich in die­sem Wust von Tönen zurecht­zu­fin­den. Es ist schon span­nend, wie sehr wir uns in Video­spie­len auf Bil­der ver­las­sen, dass es zunächst schier unmög­lich scheint, sich über­haupt in einer rei­nen Audio­welt zurecht­zu­fin­den. Und doch funk­tio­niert das irgend­wie sehr gut.

Das Schöne an Audio Games ist, dass sie in Zei­ten, in denen Video­spiele Wel­ten so detail­liert und foto­rea­lis­tisch wie mög­lich dar­stel­len, digi­tale Spiele noch ein­mal auf ein ganz ande­res Level brin­gen. Dass sie so viel Platz für Kopf­kino las­sen. Und dass sie auch für Spieler­grup­pen zugäng­lich sind, die sonst gar nicht oder nur ein­ge­schränkt in den Genuss von Com­pu­ter­spie­len kom­men kön­nen. Inklu­sion sollte schließ­lich auch in der Video­spiel­in­dus­trie ein wich­ti­ges Thema sein.

6. Thilo, man kann dich auch im Radio hören – was ist für dich der Reiz an Radiobeiträgen?

Darf ich jetzt alle Flos­keln aus mei­nen Volo-Bewer­bun­gen wie­der raus­ho­len? Radio ist für mich immer eine Her­aus­for­de­rung, denn es spricht nur einen ein­zi­gen Sinn an: den Hör­sinn. Wäh­rend Video und Text immer noch Bil­der ein­bin­den kön­nen, oder Gra­fi­ken, muss ich die Welt beschrei­ben – mit hof­fent­lich geschick­ten Wor­ten und Klänge. Das erfor­dert Prä­zi­sion und Kreativität.

Es ist auch inso­fern schwie­rig, weil Hörer mir immer fol­gen kön­nen müs­sen. Ich muss die Geschich­ten so sim­pel erzäh­len, dass jeder es beim ers­ten Mal ver­steht. Im Radio als Sen­de­an­stalt gibt es für mich noch den unglaub­lich gro­ßen Reiz der Gleich­zei­tig­keit. Denn ich finde, auch Inter­net und Live-Fern­se­hen hat nicht diese Unmit­tel­bar­keit eines Men­schen, der im Stu­dio sitzt oder auf der Straße steht und jetzt sagt, was pas­siert – aber diese Sicht ändert sich viel­leicht in weni­gen Jahren.

Auf schraeg​le​sen​.de gibt es auch einen Pod­cast: „Der Blick auf ein Buch ist sehr sub­jek­tiv, eine zweite Mei­nung führt immer wie­der zu neuen Gedan­ken. Des­we­gen brachte uns die gemein­same Liebe zu die­sem Pod­cast, in dem wir (Gast­le­se­rin Lara und Thilo) über Bücher dis­ku­tie­ren. Das Motto: Zwei Leser, Zwei Bücher, zwei­mal 15 Minu­ten Dis­kus­sion – das ist schraeg­le­sen². (Die Zeit wer­den wir aber nie einhalten.)“

7. Zurück zum Expe­ri­men­tel­len: Hört ihr eigent­lich auch expe­ri­men­telle Musik?

Thilo: Ab wann ist Musik expe­ri­men­tell? Diese Frage lässt sich, finde ich, schwer beant­wor­ten, weil die Musik, die geblie­ben ist, oft bereits die­je­nige war, die mit den Kon­ven­tio­nen gebro­chen hat. Man denke nur an die gewagte Har­mo­nik bei Bach. Ins­ge­samt würde ich aber sagen, ja. Also ich bin sehr inter­es­siert an zeit­ge­nös­si­scher Musik, bei der es quasi zum guten Ton gehört, alles in Frage zu stel­len und neu zu erfin­den – manch­mal auch zum Leid­we­sen der Musikgeschichte.

Das fängt mit den Mini­ma­lis­ten der 80er an, die eine andere Form von musi­ka­li­scher Ent­wick­lung inner­halb ihrer Stü­cke hat­ten. Und das geht heute wei­ter mit Kom­po­nis­ten wie Sal­va­tore Sciar­rino oder Georg Fried­rich Haas, die mit Klän­gen jen­seits der Stille oder der eigent­li­chen Ton­skala arbei­ten. Es geht sogar noch wei­ter mit Kom­po­nis­ten wie Manos Tsanga­ris, der auch Bewe­gung und Licht mit hin­ein­kom­po­niert. Von Stock­hau­sen, dem Irren, will ich jetzt gar nicht anfan­gen. Um noch ein schra­e­ges Bei­spiel zu nen­nen: Es gibt aus den 60er Jah­ren eine Oper, in der das Publi­kum sagen kann, dass es einen ande­ren Ver­lauf möchte: „Votre Faust“ von Henri Pous­seur – das wäre sozu­sa­gen eine ergo­di­sche Oper.

Cäci­lia: Wenn wir mal bei Thi­los Auf­fas­sung von zeit­ge­nös­si­scher expe­ri­men­tel­ler Musik blei­ben, dann eher weni­ger. Ich finde das zwar auch span­nend, in mei­ner Frei­zeit feh­len mir dafür aber eher die Ner­ven. Oft ste­cken in die­sen Kom­po­si­tio­nen so viele kom­plexe Kon­zepte, dass ich ihnen mit einem Ohr ein­fach nicht fol­gen kann. Ich müsste Ihnen schon mehr Auf­merk­sam­keit schen­ken. Da kann ich „melo­diö­ser Musik“ ein­fach bes­ser fol­gen, die Musik leich­ter genie­ßen. Im Thea­ter oder in Kon­zer­ten sieht das schon ein wenig anders aus. Da kann ich mich voll drauf kon­zen­trie­ren und dann kann expe­ri­men­telle Musik auch Spaß machen. Aber auch dafür muss ich „den Kopf haben“.

8. Ver­gan­ge­nes Jahr wart ihr zu For­schungs­zwe­cken in Japan. Was ist euch beson­ders in Erin­ne­rung geblieben?

Thilo: Das Essen natür­lich! (Wäre das ein Live-Inter­view, würde ich jetzt künst­lich lachen, damit das nicht zu ernst klingt, obwohl ich das durch­aus ernst meine.) Eigent­lich war es die Erfah­rung eines Cul­tu­ral Clash. Denn Japan ist ein sehr abge­schlos­se­nes Land und des­we­gen ist die All­tags­kul­tur in vie­len Berei­chen sehr eigen, und das zu erle­ben hat mich und mein Lese­er­leb­nis japa­ni­scher Autoren beein­flusst. Als Klein­stadt­kind würde ich noch die Hoch­häu­ser nen­nen. Und der Besuch in Hiro­shima, der meine hohen Erwar­tun­gen auch erfüllt hat.

Cäci­lia: Der Besuch in Hiro­shima ist auf eine selt­same und sehr bedrü­ckende Art und Weise wirk­lich sehr beein­dru­ckend gewe­sen! Vor allem die Stille auf dem Frie­dens­park und der totale Kon­trast zur Hek­tik, der ansons­ten recht „nor­mal“ wir­ken­den Groß­stadt, hat mich damals beson­ders fas­zi­niert. Es ist wie eine kleine Geschichts­blase, ein his­to­ri­sches Mahn- und Gedenk­mal, in dem kei­ner sich traut, etwas zu sagen. Und wenn man die Blase ver­lässt, kehrt sofort der All­tag zurück. Und trotz­dem konn­ten wir den rest­li­chen Tag nicht mehr auf­hö­ren, über den Frie­dens­park zu sprechen.

Beson­ders im Gedächt­nis geblie­ben ist mir auch der japa­ni­sche Zug­ver­kehr – und das nicht nur, weil mir die Pünkt­lich­keit nach der ers­ten Fahrt mit DB in Deutsch­land sofort gefehlt hat. Alles ist dort irgend­wie anders: Von den Ver­hal­tens­wei­sen, über die Pünkt­lich­keit, dass jeder geord­net am Gleis steht – und die Sound­ku­lisse. Viele japa­ni­sche Züge spie­len beim Ein- und Aus­fah­ren näm­lich eine bestimmte Melo­die, die je nach Zug und Bahn­hof vari­iert. Und das gibt am Bahn­hof dann schon ein lus­ti­ges Klang­ge­misch aus Melo­dien und Ansa­gen ab.

schra­e­ges Japan: Hiroshima

9. Zum Schluss zwei bücher­städ­ti­sche Fra­gen. Die erste: Wenn ihr ein Buch oder Spiel wärt, wel­ches wäre es?

Thilo: Das ist eine schwie­rige Frage, weil ungern eines der Bücher wäre, die ich gerne lese. Ich möchte kein furcht­erre­gen­des Laby­rinth sein oder eine dicke Akte von grau­sa­men Mord­fäl­len. Ich ent­scheide mich jetzt mal für „Die unend­li­che Geschichte“ von Michael Ende. Ich räume mir aber das Recht ein, das jeder­zeit zu ändern.

Cäci­lia: Ich wäre gern „Sailor Moon“! Wollte ich schon immer – hat sich bis heute nicht geän­dert. Seit der Grund­schule male ich mir schon aus, Teil der Geschichte zu sein. Damals war ich zu jung für eine Sailor Krie­ge­rin, mitt­ler­weile bin ich zu alt. So spielt das Leben. Wenn ich dage­gen ein Spiel sein dürfte, wäre es wohl „Gol­den Sun“. Ich hätte wohl ein­fach sehr gern magi­sche Kräfte…

10. Die zweite: Wel­che Frage habt ihr euch in einem Inter­view schon immer mal gewünscht? Und wie würde die Ant­wort lauten?

Thilo: Nor­ma­ler­weise stelle ich die Fra­gen und wüsste gar nicht, wel­che ich gerne beant­wor­ten wol­len würde. Ich rede gerne über meine Vor­stel­lung, wie ich mir eine bes­sere Zukunft vor­stelle, aber bei den Ant­wor­ten könnte ich schnell ziem­lich unklug daher­kom­men und die Zeit reicht wohl kaum. Ich glaube, ich würde gerne gefragt wer­den, wel­cher Super­held ich gerne wäre. Meine Ant­wort: Flash. Denn Flash kann nicht nur schnell lau­fen, son­dern auch schnell den­ken. So hätte ich die Mög­lich­keit in höchs­ter Geschwin­dig­keit die größ­ten Wäl­zer zu lesen und so einige klaf­fende Lücken in mei­ner Lek­türe zu schlie­ßen. Außer­dem könnte ich pro­blem­los über­all ins Thea­ter gehen, wenn mich was inter­es­siert. Denn es ist zwar groß­ar­tig, dass Thea­ter im Gegen­satz zum Fern­se­hen immer an Raum und Zeit gebun­den ist, aber es ist auch eine Her­aus­for­de­rung. Ach ja, und ich würde bestimmt auch zwi­schen­durch mal den Tag als Super­held ret­ten. Und wel­cher Super­held wärst du gerne, Cäcilia?

Cäci­lia: Ehm? Hallo? Sailor Moon? Wer denn auch sonst? Viel­leicht auch eher Sailor Saturn – obwohl man sich mit der Fähig­keit einen gan­zen Pla­ne­ten aus­lö­schen zu kön­nen, nicht gerade die meis­ten Freunde machen dürfte. Viel­leicht sollte ich mir meine Wahl also noch ein­mal überdenken…

Ich muss aber zuge­ben, dass ich auch nicht wüsste, wel­che Frage ich gern mal gestellt bekom­men möchte. Wenn über­haupt, bin ich eben­falls eher der inter­view­ende Part und dann hän­gen die Fra­gen immer vom Thema ab. Naja, und wenn man schon so lange mit sich selbst leben musste, hat man irgend­wann auch keine Fra­gen mehr an sich selbst, die nicht ins Hoch­phi­lo­so­phi­sche abdrif­ten. Sowas wie: „Was ist der Sinn des Lebens?“ Und ich hoffe nicht, dass ihr jetzt dar­auf von mir eine Ant­wort erwartet…

Zum Wei­ter­le­sen:

Ein Bei­trag zum Spe­cial #BKmu­si­ka­lisch. Hier fin­det ihr alle Beiträge.
Bil­der: schraeglesen

Weiterlesen

1 comment

Oh, eine Rezension! – Bücherstadt Kurier 5. Juli 2019 - 23:00

[…] * Nor­ma­ler­weise schreibt man „schräg“ mit Ä, aber das hier ist ein klei­ner Ver­weis auf schraeg­le­sen. Mehr dazu erfahrt ihr in dem Inter­view hin­ter fol­gen­dem Weg­wei­ser: 10 Fra­gen an schraeglesen. […]

Reply

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr