#9. Türchen

by Bücherstadt Kurier

Was haben Vanil­le­kip­ferl mit Dia­man­ten gemeinsam?

Mit Vanil­le­kip­ferl ist es so wie mit per­fek­ten Dia­man­ten. Man benö­tigt die ideale Tem­pe­ra­tur und die rich­ti­gen Druck­ver­hält­nisse, damit sie ent­ste­hen kön­nen. Die Edel­steine müs­sen dar­auf lange und tief im Erd­in­ne­ren war­ten. Bei uns Hob­by­bä­cke­rin­nen sind die Hände aus­schlag­ge­bend. Sie dür­fen nicht zu kalt sein und sol­len auch nicht zit­tern. Der Teig darf zwi­schen den Fin­gern nicht zer­drückt, son­dern muss, eben mit den per­fek­ten Druck­ver­hält­nis­sen, gerollt wer­den. Nicht zu schwach und nicht zu stark, immer gleich­mä­ßig, sonst kommt das Teig­bäll­chen nicht in die gewünschte Form.

Advents­zeit ist Back­zeit. Inten­si­ver als an irgend­wel­chen ande­ren Tagen des Jah­res wer­den nor­male Küchen zu Back­zen­tra­len. Alt­be­währte Rezepte wer­den her­vor­ge­holt, neue kom­men hinzu. Doch ein Plätz­chen bleibt jedes Jahr der Favo­rit: das Vanil­le­kip­ferl. Es darf auf kei­nem Tel­ler fehlen.
Man kennt das Rezept, man kennt die Form. Den­noch sind die ers­ten Vanil­le­kip­ferl immer wie­der die schwie­rigs­ten. Es fehlt ein­fach die Übung. Die Pro­por­tio­nen las­sen noch zu Wün­schen übrig. Geduld ist gefragt. Man muss sich erst wie­der ein­stim­men. Also wer­den sie auf dem Back­pa­pier noch ein­mal lie­be­voll gestrei­chelt, um dabei, natür­lich ganz unbe­wusst, noch ein­mal die Form zu kor­ri­gie­ren. Schließ­lich sol­len es kleine Kip­ferl wer­den, wie der Name es vor­gibt, und keine miss­ra­te­nen Huf­ei­sen. Man­che bevor­zu­gen die Ble­che mit den ein­ge­leg­ten Vor­la­gen, habe ich noch nicht aus­pro­biert. Bei Plätz­chen und ins­be­son­dere bei Weih­nachts­plätz­chen soll es gemüt­lich zuge­hen und krea­tiv. Geduld und Zeit dür­fen nicht gemes­sen werden.

Auf dem zwei­ten Blech wird es schon bes­ser. Die Hände kom­men in den nöti­gen Rhyth­mus, das Druck­ver­hält­nis stimmt mitt­ler­weile. Die klei­nen süßen Hörn­chen wer­den schlan­ker, ihr Bauch ist nicht mehr zu auf­dring­lich. Beim drit­ten Blech ist man trau­rig, weil der Spaß gleich vor­bei ist. Das erste Quan­tum ist auf­ge­braucht. Gerade jetzt, wo man sich wie­der damit ver­traut hatte.
Vanil­le­kip­ferl sind ein Klas­si­ker. In kaum einer Frau­en­zeit­schrift fin­det man noch das Rezept dazu. Nur ein „Ster­ne­koch“ hat gemeint, es wäre an der Zeit, uns, den all­jähr­lich geprüf­ten, tra­di­tio­nel­len Advents­bä­cke­rin­nen, mal bei­zu­brin­gen, wie Vanil­le­kip­ferl geba­cken wer­den. Lei­der hat er dabei den Puder­zu­cker mit Kakao­pul­ver ver­wech­selt. Das hat doch gar nichts mit Vanil­le­kip­ferl zu tun! Da gehört eine ordent­li­che Por­tion Puder­zu­cker drauf und dann kann man sie ein­tun­ken, wo man will: in heiße Scho­ko­lade, in einen wür­zi­gen Win­ter­tee oder ein­fach in den Mund...

Marina A. Zimmermann

Kurz­vita:

Ich bin Marina A. Zim­mer­mann. In locke­rer Folge rezen­siere ich Bücher und Aus­stel­lun­gen, erzähle kurze Geschich­ten, phi­lo­so­phiere über Gefühle und mache mir Gedan­ken über aktu­elle The­men. Dazwi­schen schreibe ich Bücher in deut­scher Spra­che und über­setze sie anschlie­ßend selbst ins Italienische.
www​.mari​na​zim​mer​mann​.de/​b​log

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr