Ach, du lieber Heultiger!

by Zeichensetzerin Alexa

Wei­nende Kin­der – da könn­ten Eltern und Erzie­he­rIn­nen sicher so einige Geschich­ten erzäh­len. Zum Bei­spiel, dass es dabei darum geht, den eige­nen Wil­len durch­zu­set­zen oder Auf­merk­sam­keit auf sich zu zie­hen. Oder zu zei­gen, dass man gerade sehr trau­rig ist. Wie geht man denn mit so einem Geh­eule um? Gabriaela Rubia bie­tet mit „Ach, du lie­ber Heul­ti­ger!“ einen klei­nen Lösungsansatz.

Der kleine Tiger Miro heult und heult und heult, sodass alle Tiere im Wald schon genervt von ihm sind. Kei­ner weiß, was mit ihm los ist – auch Miro selbst nicht. Er kann ein­fach nicht mehr auf­hö­ren zu wei­nen! Die Tiere ver­su­chen es mit Geschrei: „Hör end­lich auf!“ Sie wen­den die Methode des Lobes an: „Nette Tiere wei­nen nicht ohne Grund.“ Oder: „[…] tap­fere Tiere soll­ten nicht ein­fach so wei­nen.“ Doch auch das nützt nichts. Es wird nur noch schlim­mer, denn Miro weiß nicht, ob er wirk­lich so nett und tap­fer und groß ist. Aber er wünscht sich sehr,groß zu sein, denn dann wür­den ihm alle Tiere gehor­chen. Er müsste nichts mehr essen, was er nicht essen will, und nichts mehr machen, wor­auf 0702_Heultiger_Cover_Z.indder keine Lust hat. Bei dem Gedan­ken daran, dass kei­ner auf ihn hört, muss er noch mehr wei­nen. Bis ihm ein­fällt: Er kann auf sich selbst hören. Und plötz­lich ist er fer­tig mit Weinen.

Wenn die­ses Buch etwas zeigt, dann ist es das Schei­tern der Außen­ste­hen­den gegen­über dem Heu­len­den. Hier sto­ßen die Metho­den an ihre Gren­zen. Nichts kann den Tiger besänf­ti­gen, nichts kann seine Trä­nen ver­sie­gen las­sen – außer ihm selbst. Dass diese Selbst­kon­trolle erst erlernt wer­den muss, müs­sen auch die ande­ren Tiere begrei­fen. Ebenso wie die Tat­sa­che, dass es sinn­los ist, den Wei­nen­den anzu­schreien oder ihm zu dro­hen. Es hätte nur den gegen­tei­li­gen Effekt.
Was die­ses Bil­der­buch außer­dem zeigt: Der Wei­nende wird nicht ver­sto­ßen; die Tiere blei­ben die ganze Zeit über in sei­ner Nähe, auch wenn sie nichts mit ihm anzu­fan­gen wis­sen. Als er es schafft, mit dem Wei­nen auf­zu­hö­ren, freuen sich alle mit ihm und kei­ner ist wütend. Das zeigt in einem ein­drucks­vol­len Abschluss­bild, dass der Tiger trotz allem so akzep­tiert wird, wie er ist.

Die dar­ge­stell­ten Situa­tio­nen mögen ebenso wie die Illus­tra­tio­nen sehr pla­ka­tiv wir­ken – denn weder im Text noch in den Bil­dern fin­den sich Tie­fen und Abstu­fun­gen – doch stört dies bei der Aus­sage des Bil­der­bu­ches nicht. Im Gegen­teil: Gerade durch diese klare Gestal­tung ist die Geschichte schnel­ler zu erfas­sen und kann somit als Hilfs­mit­tel her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn das Kind par­tout untröst­lich ist. Natür­lich je nach Situa­tion und wenn der kleine Heul­ti­ger das mit­macht. Ansons­ten kann man immer noch zu einem ande­ren Lösungs­an­satz grei­fen: ruhig blei­ben und abwarten.

Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Ach, du lie­ber Heul­ti­ger! Gabriela Rubio. Über­set­zung: Eva Roth. Atlan­tis. 2015.

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