Animes, die verzaubern: Dem Studio Ghibli auf der Spur (Teil II)

by Geschichtenzeichnerin Celina

Das Stu­dio Ghi­bli, wel­ches 1984 gegrün­det wurde, besteht aus vie­len Mit­ar­bei­tern und Mit­wir­ken­den. Nach­dem Geschich­ten­zeich­ne­rin Celina im ers­ten Teil auf die Werke von Hayao Miya­zaki ein­ge­gan­gen ist, stellt sie im zwei­ten Teil fünf wei­tere Regis­seure des Stu­dios vor.

Isao Taka­hata:

Der bereits erwähnte Regis­seur und Mit­be­grün­der von Ghi­bli hat nicht nur die „Letz­ten Glüh­würm­chen“, son­dern auch Ani­mes wie „Trä­nen der Erin­ne­rung“ (1991), „Pom Poko“ (1994) und „Die Legende der Prin­zes­sin Kayuga“ (2013) her­vor­ge­bracht. Beson­ders ist, dass seine Ani­mes meist einen rea­lis­ti­sche­ren Bezug haben als die von Miya­zaki, wobei auch er viel­sei­tige The­ma­ti­ken aufgreift.

In „Trä­nen der Erin­ne­rung“ hat Taka­hata einen Manga von Hotaru Oka­moto und Yūko Tone als Anime umge­setzt, wobei es um die 27-jäh­rige Büro­frau Taeko aus Tokio geht, die sich immer wie­der an ihre Schul­zeit Mitte der 60er Jahre zurück­er­in­nert. Durch die Aus­ein­an­der­set­zung mit ihrer Kind­heit ver­sucht sie ihren Weg in die Zukunft zu fin­den und erwach­sen zu werden.

Bei „Pom Poko“ wurde erneut der öko­lo­gi­sche Gedanke auf­ge­grif­fen. Die Idee zu die­sem Film stammte von Hayao Miya­zaki, das Dreh­buch aller­dings vom Regie­füh­ren­den. Die Hand­lung basiert wie­derum auf einer Geschichte von Kenji Miya­zawa. Es geht um magi­sche Mar­der­hunde, die wie Wasch­bä­ren aus­se­hen und vor Tokio auf dem Tama-Hügeln leben. Nach und nach müs­sen sie mit anse­hen, wie ihre Hei­mat von den Men­schen zer­stört wird, indem diese den Wald roden. Die Mar­der­hunde ver­su­chen ihre Kräfte gegen den Feind zu ver­ei­ni­gen und die­sen zu bezwingen.

In Taka­ha­tas letz­tem Anime, „Die Legende der Prin­zes­sin Kayuga“, wurde ein japa­ni­sches Mär­chen ver­filmt, in dem ein kin­der­lo­ser Bam­bus­schnei­der wäh­rend sei­ner Arbeit im Wald ein Baby fin­det, wel­ches zunächst so groß wie ein Dau­men ist. Da der Bam­bus­schnei­der und seine Frau sich ein Kind wün­schen, neh­men sie das Mäd­chen auf, nen­nen es Takenoko und zie­hen es groß, wobei sie viel schnel­ler wächst als gewöhn­li­che Men­schen. Sie füh­ren zunächst auf dem Land ein beschei­de­nes Leben, das dem Mäd­chen viel Freude und Ver­gnü­gen berei­tet. Doch dann fin­det der Vater in den Bam­bus­stau­den Gold. Takenoko wird in Kaguya umbe­nannt und soll nun, vom Vater bestimmt – der eigent­lich nur das „Beste“ für sie will – in der Stadt ein tris­tes Adels­le­ben füh­ren und hei­ra­ten. Beson­de­res ist hier die Ani­ma­ti­ons­tech­nik, die auf tra­di­tio­nelle Tusche- und Aqua­rell­zeich­nun­gen setzt, wie es schon bei „Meine Nach­barn die Yama­das“ (1999) – eben­falls von Regis­seur Taka­hata – zu sehen ist.

Yoshi­f­umi Kondô:

Kondô hatte 1995 sein Regis­seurs­de­büt bei Ghi­bli mit dem Film „Stimme des Her­zens“. Die­ser basiert auf dem gleich­na­mi­gen Manga von Aoi Hiiragi. Das Schul­mäd­chen Shi­zuku Tsukishima fin­det auf den Büche­reis­tem­pel­kar­ten immer wie­der den Namen eines Jun­gen: Seiji Ama­sawa. Sie fragt sich, wer das wohl sein könnte. Die Som­mer­fe­rien bre­chen an und wäh­rend einer Zug­fahrt tritt ein Kater ein. Sie stei­gen an der­sel­ben Sta­tion aus und der Kater führt sie zu einem geheim­nis­vol­len Laden. Bald stellt sich her­aus, dass die­ser dem Groß­va­ter von Seiji gehört. Nun ler­nen sich die bei­den ken­nen und Shi­zuku erfährt, dass Seiji Gei­gen­bauer wer­den möchte. Ange­regt von sei­nem Stre­ben, den Berufs­wunsch zu ver­wirk­li­chen, beginnt Shi­zuku dar­über nach­zu­den­ken, was sie wer­den möchte, und stellt fest, dass sie Talent im Schrei­ben hat. Sie beginnt sich selbst zu prü­fen. Der Anime regt auf lie­be­volle Art an, über Berufs- und Zukunfts­wün­sche nachzudenken.

In dem Anime kommt wei­ter­hin eine Kater­sta­tue – der Baron Hum­bert von Gik­kin­gen – vor, die im Laden steht. Shi­zuku ist von die­ser ange­tan und beginnt ihre erste Geschichte über die­sen Kater zu schrei­ben. Hayao Miya­zaki bat Autor Aoi Hiiragi, die Geschichte die­ses Barons als Begleit­buch zu Stimme des Her­zens zu schrei­ben. Diese Geschichte wurde im Anime „Das König­reich der Kat­zen“ (2002) von Hiroyuki Morita umge­setzt, da Kondō bereits 1998 starb. „Das König­reich der Kat­zen“ kann eher als ein Neben­pro­jekt des Stu­dios gese­hen wer­den. Daher ist der Anime auch recht kurz und nicht so umfang­reich gestal­tet wie andere Ghibli-Filme.

Hiro­masa Yonebayashi:

Yoneba­ya­shi ist ein Regis­seur, der bei Miya­zaki gelernt hat, was deut­lich in sei­nen Fil­men zu sehen ist. Er hat bei Ani­mes wie „Arri­etty – Die wun­der­same Welt der Bor­ger“ (2011) und „Erin­ne­run­gen an Mar­nie“ (2014) Regie geführt. In „Arri­etty“ geht es um kleine Leute, die sich Bor­ger nen­nen und als Fami­lie in dem Haus, in das der Junge Sho zieht, leben. Die Bor­ger dür­fen sich den Men­schen nicht zei­gen, doch der ster­bens­kranke Sho hat sie entdeckt.

Yoneba­ya­shi sagt zu Arri­etty: „In dem Film geht es um den Kampf ums Leben. Ich finde, man muss zunächst ein­mal leben wol­len. Mit ihrem Lebens­wil­len ent­wi­ckelt meine Figur eine Vision der Zukunft. Des­we­gen spielt auch die Hoff­nung im Film eine wich­tige Rolle.“ Zudem hat Yoneba­ya­shi unter dem Stu­dio Ponoc bei dem Film „Mary and The Witch’s Flower“ Regie geführt, wel­cher 2017 erschie­nen ist.

Gorō Miya­zaki:

Der Sohn von Hayao Miya­zaki hat bei zwei Ghi­bli-Fil­men Regie geführt: „Die Chro­ni­ken von Erd­see“ (2006) und „Der Mohn­blu­men­berg“ (2011). Ers­te­rer Film basiert auf dem drit­ten Roman der Erd­see-Serie von Ursula K. Le Guin. Hayao Miya­zaki fragte schon in den 80er Jah­ren an, ob er einen Anime zum Buch pro­du­zie­ren könnte. Er erwarb aller­ding nicht die Rechte, da die Schrift­stel­le­rin es – vor­ur­teil­be­haf­tet durch Zei­chen­trick­filme von Dis­ney – ablehnte. Als diese aller­dings „Mein Nach­bar Totoro“ sah, besann sie sich. Aus Zeit­man­gel über­nahm über 20 Jahre spä­ter anstelle von Hayao Miya­zaki sein Sohn die Regie.

Im Anime geht es um ein mys­ti­sches, aber auch bedroh­li­ches Geheim­nis, wel­ches Erd­see umgibt. Der Wan­der­zau­be­rer Ged ver­sucht das Rät­sel zu lösen und trifft auf sei­ner aben­teu­er­li­chen Reise Prinz Arren. Gorō trat mit die­sem Film in die Fuß­stap­fen sei­nes Vaters und konnte dem Ghi­bli-Stu­dio alle Ehre machen. Auch die­ser Anime schafft es, seine Zuschauer zu fes­seln und zu verzaubern.

Sein zwei­ter Anime „Der Mohn­blu­men­berg“ ist rea­lis­ti­scher ange­legt und basiert auf dem gleich­na­mi­gen Manga des Autors Tets­urō Sayama und der Zeich­ne­rin Chi­zuru Taka­ha­shi. Prot­ago­nis­tin ist das Schul­mäd­chen Umi Komatsu­zaki, die mit ihrer Groß­mutter und eini­gen Mie­te­rin­nen in einem Haus am Meer in den 1960er Jah­ren lebt. Ihr Vater war See­fah­rer und starb im Korea­krieg. Wei­ter­hin von Bedeu­tung ist der Junge Shun Kazama. Eine Lie­bes­ge­schichte bahnt sich an.

Ghi­bli-Film ist nicht gleich Ghibli-Film

Alle Ani­mes sind dem Ghi­bli Stu­dio in gewis­ser Weise ange­passt, was zum Bei­spiel ersicht­lich wird, wenn man das Aus­se­hen von eini­gen Figu­ren aus ver­schie­de­nen Ani­mes des Stu­dios ver­gleicht. Den­noch erkennt man die Indi­vi­dua­li­tät der ver­schie­de­nen Regis­seure, etwa in Bezug auf The­ma­tik, Umset­zung und Art der Ani­ma­ti­ons­tech­nik. Hinzu kommt, dass die Ver­net­zung und das Erschlie­ßen von Inspi­ra­ti­ons­quel­len bei Ghi­bli weit­läu­fig ist. Dies ist nicht nur inner­halb des Stu­dios so, wo viele Mit­ar­bei­ter – Ani­ma­teure, Dreh­buch­au­toren, Regis­seure, Zeich­ner etc. – zusam­men­wir­ken, son­dern auch, dass außer­halb des­sen zu Autoren, Comic­künst­lern und Man­ga­kas etc. Bezie­hun­gen bestehen.

Wei­ter­hin ist die Musik der Ani­mes bemer­kens­wert, die mit zur wun­der­vol­len Atmo­sphäre bei­trägt, bewusst ein­ge­setzt wurde und dem Anime ange­passt wirkt. Viele Sound­tracks sind vom Kom­po­nis­ten Joe Hisai­shi, der sein Hand­werk gran­dios beherrscht.

The never ending story

Eigent­lich ist Hayao Miya­zaki in Jahr 2013 im den Ruhe­stand gegan­gen, doch spä­tes­tens seit letz­tem Jahr ist bekannt, dass er bereits wie­der an einem neuen Film für Ghi­bli arbei­tet, wel­cher 2020 erschei­nen soll. Die­ser Film kann mit Span­nung erwar­tet wer­den. Er beruht auf dem japa­ni­schen Kin­der­buch-Best­sel­ler „Kimita­chi wa dō ikiru ka“ (engl. „How will you live?“) aus dem Jahr 1937.

Wei­ter­hin wurde 2015 das Stu­dio Ponoc vom ehe­ma­li­gen Stu­dio Ghi­bli Pro­du­zen­ten Yoshiaki Nis­hi­mura ins Leben geru­fen. Die Tra­di­tion von Ghi­bli wird hier wei­ter­ge­führt. In Japan kam im Som­mer 2017 ihr ers­ter Film „Mary and the Witch’s Flower“ her­aus, wel­cher auf Mary Ste­warts Kin­der­buch „The Little Broom­stick“ – zu Deutsch „Der ver­hexte Besen“ – beruht. Dar­über hin­aus kam bereits 2016 der fran­zö­sisch-japa­nisch-bel­gi­sche Ani­ma­ti­ons­film „Die rote Schild­kröte“ her­aus, bei dem das Stu­dio Ghi­bli mit invol­viert war.

  • Hayao Miya­zaki: Nau­si­caä aus dem Tal der Winde (1984), Mein Nach­bar Totoro (1988), Prin­zes­sin Monon­oke (2001), How will you live? (vor­aus­sicht­lich 2020).
  • Isao Taka­hata: Die letz­ten Glüh­würm­chen (1988), Trä­nen der Erin­ne­rung (1991), Pom Poko (1994), Die Legende der Prin­zes­sin Kaguya (2013).
  • Goro Miya­zaki: Die Chro­ni­ken von Erd­see (2006), Der Mohn­blu­men­berg (2011), Ronia the Robber’s Daugh­ter (26-tei­lige Serie, 2017).
  • Hiro­masa Yoneba­ya­shi: Arri­etty – Die wun­der­same Welt der Bor­ger (2011), Mary and The Witch’s Flower (Ponoc, 2017).
  • Yoshi­f­umi Kondô: Stimme des Her­zens (1995).
  • Hiroyuki Morita: Das König­reich der Kat­zen (2002).

Wei­tere Infor­ma­tio­nen: www​.ghi​b​li​world​.de

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1 comment

Politischandersdenkender 16. Mai 2018 - 9:25

Schade nur, dass diese Filme hier in Deutsch­land immer mit so viel Jah­ren Ver­spä­tung her­aus­ge­kom­men sind als die Kind­heit schon fast vor­bei war und die deut­schen DVDs und Blu Rays bes­ten­falls mit­tel­mä­ßig sind.

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