Apollo, Akne und Haikus des Grauens

by Buchstaplerin Maike

Kaum zu glau­ben, aber wahr: Buch­stap­le­rin Maike hat noch nie ein Buch von Rick Rior­dan gele­sen. Jetzt holt sie das mit dem ers­ten Band der Reihe „Die Aben­teuer des Apollo“ nach. Die Story ist defi­ni­tiv span­nend gestrickt, aber manch­mal fühlt sich Maike etwas ver­lo­ren, weil ihr das Vor­wis­sen fehlt.

Fein­geist Sonnengott:
Der Boden der Tatsachen
hält Akne bereit.

Apollo, wer kennt ihn nicht? Gott der Sonne, der Dicht­kunst, der Musik, und so gut­aus­se­hend. Na ja, bis­her … Jetzt ist er sterb­lich, schreck­lich nor­mal und auf sich allein gestellt, bis Göt­ter­va­ter Zeus ihm ver­zeiht. Da kommt Apollo die rotz­fre­che Stra­ßen­göre und Halb­göt­tin Meg gerade recht: Wenn er ihr dient, wird er viel­leicht wie­der gött­lich. Camp Half-Blood nimmt die bei­den auf, aber rosig sieht es nicht für ihn aus. Das ihm geweihte Ora­kel von Del­phi ist außer Betrieb und ein Feind will dafür sor­gen, dass kein Held je wie­der eine Pro­phe­zei­ung erhält. Die Sache wird per­sön­lich, als die halb­gött­li­chen Kin­der des Ex-Gotts ent­führt werden …

Ein Gott als Fleischsack
und gefal­le­ner Fatzke:
Mit­leid? Manch­mal schon.

Der Ein­stieg ins Buch ist ein har­ter: Apollo stürzt vom Him­mel und muss sich sofort als Mensch zurecht­fin­den. Als Ich-Erzäh­ler ver­sucht er, seine Ver­gan­gen­heit und Zukunft im schöns­ten Licht dar­zu­stel­len. Mit ande­ren Wor­ten: Apollo ist arro­gant, von sich selbst ein­ge­nom­men und prah­le­risch. Rior­dan gelingt hier­bei eine Grat­wan­de­rung. Der Prot­ago­nist ist nie so groß­spu­rig, dass es voll­kom­men unsym­pa­thisch ist. Die­sem Ein­druck hilft sein wort­wört­li­cher tie­fer Fall nach. Das erzwun­gene Dasein als sterb­li­cher Teen­ager läu­tert ihn. Apollo beginnt, seine gött­li­che All­macht zu ver­ges­sen und statt­des­sen aus sei­ner Ver­gan­gen­heit zu ler­nen. Sein Gewis­sen und Zau­dern macht ihn im Laufe des Romans immer liebenswerter.

Unser Held ist bi,
sein Side­kick ne Rotznase.
Cool, gefällt mir sehr.

Auch ohne vor­her etwas von Rick Rior­dan gele­sen zu haben, beein­druckt mich die Kon­struk­tion der Figu­ren. Haupt- und Neben­fi­gu­ren wir­ken divers und viel­schich­tig. So beschäf­ti­gen Apollo unter sei­ner glän­zen­den Fas­sade zuneh­mend Feh­ler und Ver­luste der Ver­gan­gen­heit. Ganz getreu der grie­chi­schen Mytho­lo­gie trau­ert er sei­nen bei­den gro­ßen Lie­ben nach – einer Frau und einem Mann. Und ohne zu viel vor­weg­zu­neh­men: Gerade die­ser mensch­li­che Zug ermög­licht ihm mehr als eine Hel­den­tat. Da Apollo selbst der Erzäh­ler sei­ner eige­nen Geschichte ist, wirkt Meg wie sein nied­li­cher Side­kick, aber tat­säch­lich ist die Zwölf­jäh­rige seine Her­rin. Sie ist unbe­re­chen­bar, unkon­ven­tio­nell und wächst den Leser*innen gerade des­halb nach einer gewis­sen Zeit ans Herz. Dass Rior­dan durch diese Kon­stel­la­tion auf eine poten­zi­elle Romanze ver­zich­tet, macht den Roman erfri­schend und lenkt den Fokus auf andere Kon­flikte. Jugend­ge­rechte Wen­dun­gen und nicht allzu durch­sich­tige Zuschrei­bun­gen von Gut und Böse fes­seln lange. Die ein­zel­nen Kapi­tel lei­tet Rior­dan der­weil mit Hai­kus ein: eine kleine Ver­beu­gung vor dem Gott der Dicht­kunst und ein gro­ßes Augen­zwin­kern, weil Apollo ein­fach keine schö­nen Verse gelin­gen wollen.

Percy Wer? Kein Plan.
Muss ich den wirk­lich kennen?
Tja, bes­ser wär’s wohl.

Wahr­schein­lich ist es größ­ten­teils meine Schuld, dass ich mich in die­sem Roman nicht immer zurecht­finde. Zwar gibt „Das ver­bor­gene Ora­kel“ sich alle Mühe, grobe Hand­lungs­punkte aus der „Percy Jack­son“ – und „Hel­den des Olymp“-Reihe nach­zu­lie­fern, um die Ereig­nisse in einen sinn­vol­len Kon­text zu stel­len. Doch trotz allem bleibt das Gefühl, dass diese im sel­ben Uni­ver­sum ange­sie­delte Tri­lo­gie nicht per­fekt als eigen­stän­dige Reihe funk­tio­niert. Run­ning Gags und Anspie­lun­gen blei­ben auf der Stre­cke. So habe ich erst jetzt her­aus­ge­fun­den, dass Apollo schon lange die schlechte Ange­wohn­heit hat, mit grot­ten­schlech­ten Hai­kus um sich zu werfen.
Alles in allem ein gelun­ge­ner Auf­takt zu einer neuen Tri­lo­gie – aber erst Riordan-Veteran*innen wer­den das Buch in sei­ner Gänze zu schät­zen wis­sen. Ich per­sön­lich habe übri­gens mitt­ler­weile mit den Vor­gän­gern begonnen …

Lies „Percy Jackson“,
„Apollo“ spoi­lert dich sonst
nach­träg­lich. Nicht nett.

Die Aben­teuer des Apollo (Band 1): Das ver­bor­gene Ora­kel. Rick Rior­dan. Über­set­zung: Gabriele Haefs. Carl­sen. 2017.

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