Aus der Sicht eines Kindes: Wenn ein Elternteil an Depressionen leidet

by Zeichensetzerin Alexa

Das Thema Depres­sion wird seit eini­gen Jah­ren ver­mehrt the­ma­ti­siert. In den sozia­len Netz­wer­ken mel­den sich Betrof­fene zu Wort und in Roma­nen kämp­fen die Prot­ago­nis­ten gegen die Erkran­kung. Aber wie wird diese von Kin­dern wahr­ge­nom­men? Zei­chen­set­ze­rin Alexa hat sich mit dem Bil­der­buch „Als Mama nur noch trau­rig war – Wenn ein Eltern­teil an Depres­sio­nen erkrankt“ beschäftigt.

Jan ist fünf Jahre alt, als seine Mama an Depres­sion erkrankt. Es sind die „Grum­mel­grame“, die sie so ver­än­dern, dass sie „gar nicht mehr wie Mama“ ist. Sie wirkt oft trau­rig und kann sich nicht mit­freuen, ist müde und kraft­los und schnell über­for­dert. Das Spie­len der Kin­der ist ihr zu laut, zum Auf­räu­men fehlt ihr die Kraft. Auf die Aus­sage ihres Man­nes, sie solle sich nicht so „künst­lich“ auf­re­gen, beginnt sie zu wei­nen. Jan fragt sich: „Ist er viel­leicht schuld daran, dass Mama dau­ernd trau­rig und irgend­wie ver­kehrt ist? Wäre sie wie­der rich­tig, wenn er es schaf­fen könnte, immer artig und ordent­lich zu sein?“

Die Grum­mel­grame vertreiben

Es wird nicht bes­ser: Jans Mama ver­gisst das Kin­der­gar­ten­fest, strei­tet sich mit ihrem Mann und kann nicht mehr auf­hö­ren zu wei­nen. Dass es so nicht wei­ter­ge­hen kann, sehen beide Eltern­teile ein. Also sucht Jans Mama einen Psy­cho­the­ra­peu­ten auf. Herr Rit­ter erklärt Jan dann auch, was eigent­lich mit sei­ner Mama los ist: „Ihre Seele hat ein Loch bekom­men und dann haben sich Grum­mel­grame darin ein­ge­nis­tet.“ Grum­mel­grame sind bös­ar­tige Wesen, die betrof­fe­nen Men­schen den gan­zen Tag über ein­re­den, sie seien dumm und häss­lich. Diese Beschimp­fun­gen machen Jans Mama trau­rig und ihre Welt erscheint ihr farb- und freud­los. Doch ob jemand Grum­mel­grame hat, ist nicht so leicht zu erken­nen, denn für andere sind sie unsichtbar.

Herr Rit­ter hat eine Lösung: Die Grum­mel­grame sol­len mit einem Zau­ber­spruch ver­trie­ben wer­den. Aber nicht mit irgend­ei­nem, son­dern mit einem ver­än­der­ba­ren, der das aus­sagt, was Jans Mama beson­ders gut kann. Zum Bei­spiel „den leckers­ten Scho­ko­ku­chen der Welt“ machen. Mit jedem Zau­ber­spruch bringt sie wie­der etwas mehr Farbe in ihre Welt und ver­treibt somit Stück für Stück die Grummelgrame.

Die Schuld­frage

Die wich­tigste Aus­sage in die­sem Buch rich­tet sich an die Kin­der: Jan trifft keine Schuld. Sei­ner Mama geht es wegen der Krank­heit so schlecht und es hat nichts mit Jans Ver­hal­ten zu tun. Dass dies von Herrn Rit­ter expli­zit geäu­ßert wird, ist wich­tig, um Kin­dern das Gefühl der Schuld zu neh­men. Das Bil­der­buch lässt Lese­rin­nen und Leser nicht ver­un­si­chert zurück, son­dern gibt Ant­wor­ten auf mög­li­che Fra­gen, die auf­tre­ten könn­ten. Hat sich Jan anfangs noch gefragt, ob seine Mama ihn nicht mehr lieb habe, ver­si­chert ihm seine Mama zum Ende hin: „Ich hab dich so lieb. […] Immer, immer, immer. Auch wenn ich trau­rig bin.“ Auch die bild­li­che Dar­stel­lung der Grum­mel­grame kann Kin­dern dabei hel­fen, die Depres­sion als Krank­heit zu erfas­sen und zu ver­ste­hen, wel­che Aus­wir­kun­gen sie auf die Betrof­fe­nen hat.

Das Bil­der­buch bie­tet nicht nur inner­halb der Geschichte um Jan und seine Eltern einige Lösungs­stra­te­gien an, son­dern am Ende auch in einem Brief, den Diplom-Psy­cho­lo­gin Ina Knocks an Fami­lien rich­tet. Sie infor­miert über die Krank­heit und macht dar­auf auf­merk­sam, dass Kin­der von Eltern­tei­len, die Depres­sio­nen haben, selbst an psy­chi­schen Erkran­kun­gen lei­den kön­nen. Des­halb sei es wich­tig, nicht nur die Betrof­fe­nen, son­dern auch die Kin­der zu stär­ken. Eine Mög­lich­keit wäre, mit den Kin­dern offen über die Krank­heit zu spre­chen. Auf diese Weise kön­nen ihnen die Unsi­cher­heit, die Angst und das Schuld­ge­fühl genom­men wer­den. Sichere Bezugs­per­so­nen und Freund­schaf­ten kön­nen außer­dem dabei hel­fen, mit ande­ren über die eige­nen Gefühle und Gedan­ken zu sprechen.

„Als Mama nur noch trau­rig war – Wenn ein Eltern­teil an Depres­sio­nen erkrankt“ ist ein emp­feh­lens­wer­tes Bil­der­buch, das als Hilfs­mit­tel her­an­ge­zo­gen wer­den kann, um mit Kin­dern über Depres­sio­nen zu spre­chen. Es ist anspre­chend gestal­tet, bie­tet mit Jan als Prot­ago­nis­ten eine Iden­ti­fi­ka­ti­ons­per­son und beant­wor­tet so man­che Frage – und wer noch mehr Fra­gen hat, kann sich unter den am Ende des Buches auf­ge­führ­ten Adres­sen wei­ter informieren.

Als Mama nur noch trau­rig war – Wenn ein Eltern­teil an Depres­sio­nen erkrankt. Anja Möbest. Illus­tra­tion: Bar­bara Kor­t­hues. Cop­pen­rath Ver­lag. 2017. Ab 4 Jahren.

Bücher zum Thema Depression:

Hilf­rei­che Adres­sen (aus dem Buch):

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