Barbara Kindermann im Interview Kindermann Verlag

by Worteweberin Annika

Die Ent­schei­dungs­frei­heit, die Viel­fäl­tig­keit der anfal­len­den Auf­ga­ben, die Beglei­tung eines Buches von Anfang bis zum Ende und natür­lich das schöne Pro­dukt sowie die ganze Bran­che, ein­fach wunderbar!

Der Kin­der­mann Ver­lag ist ein unab­hän­gi­ger Ver­lag für Kin­der­bü­cher, der in die­sem Jahr sein 25. Jubi­läum fei­ert. Worte­we­be­rin Annika hat mit der Grün­de­rin Bar­bara Kin­der­mann über die Ver­lags­bran­che, die Bedeu­tung von Welt­li­te­ra­tur für Kin­der und die Vor­teile der Unab­hän­gig­keit gesprochen.

Worte­we­be­rin Annika: Erst­mal herz­li­chen Glück­wunsch zu 25 Jah­ren Kin­der­mann Ver­lag! Mögen Sie unse­ren Lese­rin­nen und Lesern den Kin­der­mann Ver­lag und sich selbst kurz vorstellen?

Bar­bara Kin­der­mann: Seit 25 Jah­ren lau­tet das Ziel des Kin­der­mann Ver­lags, Kin­dern nach­hal­tig und bild­stark „Welt­li­te­ra­tur für Kin­der“ sowie klas­si­sche Stoffe zu ver­mit­teln, die wir Erwach­se­nen schon ken­nen oder denen wir neu begeg­nen. Seit einem Vier­tel­jahr­hun­dert erzähle ich in der Reihe „Welt­li­te­ra­tur für Kin­der“ sol­che Stoffe für Kin­der neu nach. „Faust“, „Wil­helm Tell“, „Mac­beth“, „Nathan der Weise“ und viele andere Klas­si­ker habe ich für Kin­der neu erzählt und bald kamen die Reihe „Poe­sie für Kin­der“ und wei­tere Rei­hen hinzu, in denen immer auf spie­le­ri­sche Weise Wis­sens­wer­tes ver­mit­telt wird. Das Beson­dere: Die hoch­wer­tig gestal­te­ten Titel, mit Halb­lei­nen gebun­den und Gold­prä­gung ver­se­hen, wer­den von bekann­ten Künst­lern illus­triert, deren Stil genau zum jewei­li­gen Thema passt. Das Pro­gramm kommt ein­heit­lich daher, hat eine starke Cor­po­rate Iden­tity und füllt im hart umkämpf­ten Kin­der­buch­markt kon­kur­renz­los und erfolg­reich eine Lücke.

WA: Wie kam es denn vor 25 Jah­ren eigent­lich dazu, dass Sie einen Ver­lag gegrün­det haben?

BK: Dies alles ent­sprang einer ein­zi­gen Idee. Ich wollte Kin­der für die span­nen­den Geschich­ten der Welt­li­te­ra­tur begeis­tern, und zwar in einem Alter, in dem noch keine Schwel­len­angst vor Klas­si­kern exis­tiert oder schu­li­sche Pflicht­lek­türe viel­leicht für immer davor abschreckt. Mir war ein Kin­der­buch zu Shake­speares „Der Sturm“ in die Hände gefal­len, das ich mei­ner Toch­ter (damals 6 Jahre alt) vor­las: Sie fand es genauso packend wie irgend­ein ande­res Buch, neben­bei merkte sie sich die mar­kan­tes­ten Figu­ren wie Ariel, den Luft­geist, oder Pro­spero, den Zau­be­rer. Dies war der Aus­lö­ser: Warum soll­ten es nicht Faust, Wil­helm Tell oder Ham­let sein, an die sich Kin­der erin­nern und die sie spä­ter immer wie­der erken­nen? Also grün­dete ich den Ver­lag und begann zu schreiben.

WA: Wie fei­ern Sie das 25. Jubiläum?

BK: Mit vie­len Ein­zel­ak­tio­nen wie Lesun­gen, Work­shops und Aus­stel­lun­gen, einem Jubi­lä­ums-Kreuz­wort­rät­sel, einer Glücks­rad-Aktion auf den Buch­mes­sen, einer neuen App, auch haben wir eine PR-Agen­tur fürs Jubi­lä­ums­jahr enga­giert, da bewegt sich dem­entspre­chend presse-mäßig viel und es gibt wun­der­bare Arti­kel und Rezen­sio­nen bezüg­lich des Jubiläums.

WA: Und was ist der Plan für die Zukunft? Woran arbei­ten Sie zurzeit?

BK: Zum Herbst soll tat­säch­lich genau der Titel in der Reihe „Welt­li­te­ra­tur für Kin­der“ erschei­nen, der mich damals zur Grün­dung des Ver­lags inspi­riert hatte: „Der Sturm“, nach Shake­speare. So schließt sich hier der Kreis nach 25 Jah­ren perfekt.

WA: Wie hat sich die Ver­lags­bran­che in den 25 Jah­ren ver­än­dert, in denen der Kin­der­mann Ver­lag besteht?

BK: Sie ist vor allem digi­ta­ler gewor­den. Die neuen Medien lösen viele alte ab und die Welt wird zuneh­mend „papier­lo­ser“, aber unser Pro­gramm ist davon glück­li­cher­weise nicht betrof­fen, da unsere Bücher – so hap­tisch und hoch­wer­tig, wie sie her­ge­stellt sind – nicht durch E‑Books etc. ersetzt wer­den kön­nen, wir ver­spü­ren kei­nen Absatz-Ein­bruch, wie es viele zum Bei­spiel wis­sen­schaft­li­che Ver­lage tun, deren Inhalte mehr und mehr nur noch im Inter­net abge­ru­fen werden.

WA: Ein Fokus des Kin­der­mann Ver­lags liegt ja auf der Reihe „Welt­li­te­ra­tur für Kin­der“, von der Sie schon etwas erzählt haben. Warum soll­ten Kin­der Klas­si­ker lesen?

BK: Die Klas­si­ker sind Haupt­be­stand­teil unse­res Kul­tur­guts. Diese Kul­tur muss erhal­ten und wei­ter­ge­ge­ben wer­den, des­halb ist es ganz wich­tig, dass auch schon bei Kin­dern das Inter­esse an Welt­li­te­ra­tur geweckt wird und sie die Schön­heit die­ser Klas­si­ker ent­de­cken kön­nen. Daher sind meine Nach­er­zäh­lun­gen auch immer sehr nah am Ori­gi­nal­text, der teil­weise sogar noch wört­lich – in Form von kur­siv gekenn­zeich­ne­ten Zita­ten – durch den Text schimmert.

WA: Wor­auf muss man denn ach­ten, wenn man Klas­si­ker (für Kin­der) neu erzählt?

BK: Dar­auf, dass man den roten Faden der Geschichte gut ver­ständ­lich und in mög­lichst chro­no­lo­gi­scher Rei­hen­folge nach­er­zählt. Und dass man grau­same Stel­len mit Hilfe der Spra­che „weich­spült“. Ich halte nichts davon, sich der moder­nen Spra­che anzu­bie­dern und bei­spiels­weise Worte wie „cool“ oder „geil“ in den Text auf­zu­neh­men. Ich erfinde auch nie etwas neu dazu, son­dern kürze und ver­ein­fa­che ledig­lich das Original.

WA: Zum Ver­lags­ju­bi­läum erscheint eine App, in der Kin­der Geschich­ten aus dem Kin­der­mann Ver­lag inter­ak­tiv erfah­ren kön­nen. Was glau­ben Sie, ist das die Zukunft von Lite­ra­tur? Oder wie sieht diese Zukunft aus?

BK: Zum 25jährigen Ver­lags­ju­bi­läum 2019 woll­ten wir etwas ganz Neues wagen. Die wit­zig-ani­mier­ten E‑Books stel­len unse­rer Mei­nung nach eine wun­der­bare Ergän­zung zu den Büchern dar, und sym­bo­li­sie­ren einen klei­nen Schritt wei­ter in die Digi­ta­li­sie­rung. Viel­leicht wird der eine oder andere Kunde somit auf uns auf­merk­sam, der mit sei­nen Kin­dern mehr Apps benutzt als Bücher kauft, wer weiß. Auf jeden Fall ist es ein span­nen­des Expe­ri­ment, wobei wir natür­lich E‑Books auf kei­nen Fall als stra­te­gi­sche Aus­rich­tung sehen, son­dern eher als Neben­pro­jekt zum Jubi­läum, als klei­nen Bonus für unsere Kun­den. Die Ani­ma­tio­nen sowie die Mini-Spiele am Ende jedes E‑Books sind mit viel Liebe gestal­tet, und die bekann­ten Hör­buch­spre­cher der Hör­com­pany in Ham­burg, wie zum Bei­spiel David Strie­sow oder Rai­ner Stre­cker, ver­lei­hen den Titeln einen ganz beson­de­ren Charakter.

WA: Der Kin­der­mann Ver­lag ist ein soge­nann­ter „unab­hän­gi­ger Ver­lag“, gehört also zu kei­nem Groß­kon­zern. Was sind die Schwie­rig­kei­ten, wenn man unab­hän­gig ist und was ist viel­leicht auch das Tolle daran?

BK: Das Schwie­rige ist vor allem der Anfang, der Auf­bau, da kein monat­lich garan­tier­tes Gehalt aufs Konto fließt. Es braucht einen lan­gen Atem, bis das Pro­gramm sich am Markt eta­bliert. Wenn das ein­mal gelun­gen ist, so wie glück­li­cher­weise bei uns, die wir mit unse­ren klas­si­schen Titeln erfolg­reich eine Nische im hart umkämpf­ten Kin­der­buch­markt aus­fül­len, dann ist Unab­hän­gig­keit ein­fach wun­der­bar, man ist nie­man­dem Rechen­schaft schul­dig, ist fle­xi­bel in sei­nen Ent­schei­dun­gen und kann ganz unkom­pli­ziert an Stell­schrau­ben dre­hen, wenn mal etwas in Schief­lage zu gera­ten droht. Und es bedeu­tet Frei­heit, was Arbeits­zei­ten, Urlaube etc. angeht.

WA: Was gefällt Ihnen am bes­ten an der Verlagsarbeit?

BK: Die Ent­schei­dungs­frei­heit, die Viel­fäl­tig­keit der anfal­len­den Auf­ga­ben, die Beglei­tung eines Buches von Anfang bis zum Ende und natür­lich das schöne Pro­dukt sowie die ganze Bran­che, ein­fach wunderbar!

WA: Gibt es auch etwas, mit dem Sie sich im Ver­lags­we­sen nicht anfreun­den konnten?

BK: Hm, da fällt mir nur das aktu­ellste uner­freu­li­che Bei­spiel ein, die Abhän­gig­keit von gro­ßen Bar­sor­ti­men­ten, die einem Ver­lag mit einer plötz­li­chen Insol­venz ganz schön scha­den, ihn im schlimms­ten Falle sogar selbst in die Insol­venz trei­ben können.

WA: Wel­che Bücher lesen Sie selbst in Ihrer Frei­zeit eigent­lich am liebsten?

BK Pri­vat lese ich am liebs­ten skan­di­na­vi­sche Kri­mis, zum Bei­spiel von Joe Nesbø, oder die Erzäh­lun­gen von Alex Capus: „Rei­sen im Licht der Sterne“ ist eines mei­ner Lieblingsbücher.

WA: Zum Abschluss noch unsere typisch bücher­städ­ti­sche Frage: Wenn Sie ein Buch wären, wel­ches wäre das dann?

BK: Ui, das ist aber schwie­rig, am liebs­ten viel­leicht „Ein Som­mer­nachts­traum“, mit vie­len Ver­wir­run­gen und komi­schen Momen­ten, aber vol­ler Magie, Elfen­zau­ber und mit einem wun­der­vol­len Happy End.

WA: Vie­len lie­ben Dank für das Interview!

BK: Sehr gerne, vie­len Dank für Ihr Interesse!

Foto: Kin­der­mann Verlag

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2 comments

Ein Shakespeare-Märchen für Kinder – Bücherstadt Kurier 12. November 2019 - 12:27

[…] Der Sturm nach Wil­liam Shake­speare. Neu erzählt von Bar­bara Kin­der­mann. Illus­tra­tio­nen: Sonja Wim­mer. Kin­der­mann Ver­lag. 2019. Ab 7 Jah­ren. // Zum Inter­view mit der Ver­le­ge­rin Bar­bara Kin­der­mann geht es hier. […]

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„Der unausweichliche Tod ist für Kinder zu hart“ – Bücherstadt Kurier 1. Juni 2020 - 10:46

[…] Inter­view mit der Ver­le­ge­rin Bar­bara Kindermann […]

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