Buchgeschenk: Die Sonnenposition

by Zeichensetzerin Alexa

Ihr möch­tet ein Exem­plar von Marion Posch­manns „Die Son­nen­po­si­tion“ gewin­nen? Beant­wor­tet ein­fach die fol­gende Frage: Wel­chen Wert haben Aus­zeich­nun­gen für Marion Posch­mann? Schickt uns die Ant­wort bis 01.05.14 an info@​buecherstadtkurier.​com – viel Glück! Der Gewin­ner wird im Juni 2014 per E‑Mail infor­miert. (Tipp: Die Ant­wort fin­det ihr im Inter­view mit Marion Posch­mann in der 12. Aus­gabe des Bücher­stadt Kuriers.)

Cover © Suhr­kamp

In „Die Son­nen­po­si­tion“ schreibt Marion Posch­mann über Alt­fried Janich, einen rund­lich gebau­ten Rhein­län­der, der nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung eine Stelle im „Ost­schloss“ fin­det. Es ist ein her­un­ter­ge­kom­me­ner Barock­bau, der als psych­ia­tri­sche Anstalt dient. Alt­fried sieht sich dafür ver­ant­wort­lich die Son­nen­po­si­tion ein­zu­neh­men und den Pati­en­ten Ori­en­tie­rung zu geben.

„Ich erzähle von der Son­nen­warte aus. All­se­hen­des Auge des Arz­tes. Eine Posi­tion der Ferne, des gene­rel­len Über­blicks. Ich behel­lige die Dinge mit mei­ner gleich­mä­ßi­gen Auf­merk­sam­keit. Und doch ergeht mir min­des­tens die Hälfte, die Nacht­seite, die Stel­len, auf die der Schat­ten fällt. Das Inter­es­sante dabei ist die Hälfte, die im Dunk­len bleibt. Die Sonne bescheint nur die Ober­flä­che. Und was sie sieht, ist nicht unbe­dingt das Ent­schei­dende. Nicht das, wor­auf es ankommt. […]Schat­ten läßt sich nur ablei­ten. Schat­ten ist da, wohin mein Blick nicht fällt. Den­noch weiß ich um ihn, denn das Licht ent­steht aus der Finsternis.“

Als Alt­frieds Freund Odilo bei einem Auto­un­fall stirbt, beginnt er die Schat­ten­sei­ten zu sehen. Er fühlt sich bedrängt von den Pati­en­ten, ist nachts lange wach und schleicht durch die Gänge, sieht die zer­stör­ten Räum­lich­kei­ten der Anstalt und ver­sinkt in Erin­ne­run­gen. Erin­ne­run­gen über Ver­luste, Ängste, Aus­weg­lo­sig­keit. All das holt ihn wie­der ein, als er auf Odi­los Beer­di­gung seine Schwes­ter Mila sieht. Er wun­dert sich über ihre Anwe­sen­heit und fragt sich, wie viel Odilo ihr wohl bedeu­tet hatte.

„Eigent­lich hätte ich erwar­tet und auch durch­aus ange­mes­sen gefun­den, daß sie sich in irgend­ei­ner Form erklärte. Ich war­tete noch eine Weile, als Psych­ia­ter muß man war­ten kön­nen, die Kunst besteht darin, ohne Druck und ohne Vor­wurf zu war­ten, bis der Pati­ent bereit ist, sich zu äußern, aber Mila war nicht mein Patient […].“

Alt­fried erzählt von gewalt­ver­herr­li­chen­den Zei­chen­trick­fil­men, über­mä­ßi­gem Fern­seh­kon­sum, die ver­ant­wort­lich sind für seine Träume. Und immer wie­der Erin­ne­run­gen an ver­gan­gene Tage mit Odilo. Der Freund, der das Leben zu hin­ter­fra­gen begann, der ansprach, was er sah. „Sat­tel­schlaf. Schein­schlaf. Tage aus Schlaf. Die Leute seien auf Wohl­stand aus, auf Bequem­lich­keit, merk­ten in ihrer Dumpf­heit kaum, daß sie von ande­ren gesetzte Ziele ver­folg­ten.“ Odilo, der Alt­fried fragte, ob er den Rest sei­nes Lebens in die­ser Anstalt ver­brin­gen wollte. Der alles aus einem Blick­win­kel sah, der Schat­ten auf Alt­frieds Leben warf. Alt­fried hatte seine Sicht als per­sön­li­che Wer­tung auf­ge­fasst, hatte Wut ver­spürt und dar­über über­se­hen, wie Odilo sich gerade fühlte.

Marion Posch­mann schreibt ihren Roman aus der Sicht der Kriegs­en­kel und geht dabei auf geschicht­li­che Fak­ten ein. Neben Ein­drü­cken aus Zei­ten der DDR, wird die Tötung von unschul­di­gen Men­schen beschrie­ben. Gas­kam­mern, in denen zwi­schen 1940 und 1941 etwa 15000 Men­schen star­ben, dar­un­ter waren Geis­tes­kranke, Behin­derte, miß­ge­bil­dete und mon­go­lo­ide Kin­der, Sol­da­ten, die an einem Ner­ven­lei­den erkrank­ten… Medi­zi­ni­sche Expe­ri­mente, die im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger durch­ge­führt wur­den, und an denen die Behan­del­ten schwere Ver­bren­nun­gen o.ä. erlit­ten und an den Fol­gen starben…

Die Autorin befasst sich mit Theo­rien, dar­un­ter die des Ortes und der Zeit. „Der Ort ist für den­kende Men­schen die reine Pro­vo­ka­tion. […] Die Zeit exis­tiert nicht. Wir stel­len sie her, indem wir ver­su­chen, uns zu erin­nern. Indem wir einen Duft auf­neh­men, einen Klang, eine vage Emp­fin­dung, und dar­aus eine Ver­gan­gen­heit kon­stru­ie­ren, die statt­ge­fun­den haben könnte, statt­ge­fun­den hat, und jetzt nur mehr eine Atmo­sphäre ist, die uns durchdringt.“

Neben all den Gedan­ken, Theo­rien und geschicht­li­chen Fak­ten beschreibt Posch­mann Fall­ge­schich­ten, in denen Men­schen krank­hafte Ver­hal­tens­mus­ter auf­zei­gen. Es geht um einen Mann, der nicht auf­hö­ren kann Hams­ter zu sam­meln. Einen ande­ren, der immer alles dop­pelt kau­fen muss, für den Fall, dass eins davon kaputt oder ver­lo­ren geht. Eine Frau, die ihre Schwan­ger­schaf­ten ver­heim­licht, ein Kind nach dem ande­ren zur Welt bringt und tötet… Diese und andere Fall­ge­schich­ten haben mit der eigent­li­chen Hand­lung nichts zu tun, ver­deut­li­chen jedoch Alt­frieds Ein­stel­lung, dass alles eine Schat­ten­seite hat.

„Die Son­nen­po­si­tion“ ist ein außer­ge­wöhn­li­ches Buch. Ein Buch, das durch einen gro­ßen Wort­schatz und lyri­schem Erzähl­stil besticht, das zum Nach­den­ken anregt und in eine Zeit ent­führt, in der der schöne Schein die Wahr­heit ver­drängt. Ein Schat­ten, an des­sen Anwe­sen­heit wir den­ken müs­sen, denn „das Licht ent­steht aus der Finsternis.“

Alexa

Titel: Die Sonnenposition
Autorin: Marion Poschmann
Ver­lag: Suhrkamp
Erschei­nungs­jahr: 2013

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1 comment

Bücherstadt Kurier 3. Mai 2014 - 16:09

Liebe Bücher­städ­ter,

das Los hat ent­schie­den! Die Gewin­ne­rin wurde heute per E‑Mail informiert.
Wir wün­schen viel Freude mit dem Buch!

Eure Redak­tion

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