Was ruft dort aus der Tiefe? #Todesstadt

by Geschichtenerzähler Adrian

Das Spiel „Call of Cthulhu“ aus dem Jahr 2018 von den Ent­wick­lern der Cya­nide Stu­dios ori­en­tiert sich klar an dem Cthulhu-Mythos, für den der Autor H. P. Love­craft mit der gleich­na­mi­gen Kurz­ge­schichte den Grund­stein gelegt hat. Hat Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian hier der Wahn­sinn erwartet?

Wäh­rend sich der ehe­ma­lige Sol­dat und nun Pri­vat­de­tek­tiv Edward Pierce erhofft, mit Alko­hol und Pil­len sei­ner Exis­tenzk­riese zu ent­flie­hen, steht eines Tages ein älte­rer Mann in sei­nem Büro. Er prä­sen­tiert Pierce ein alb­traum­haf­tes Gemälde, das mit dem Tod der Fami­lie Haw­kins bei einem Feuer in Ver­bin­dung steht.

Pierce bricht dar­auf­hin in die kleine Hafen­stadt Dark­wa­ter Island auf, wo er ver­sucht, trotz eini­ger Wid­rig­kei­ten, wie etwa unfreund­li­chen Bewoh­nern, dem Rät­sel rund um die Fami­lie Haw­kins auf die Spu­ren zu kommen.

Eine wun­der­bare Atmosphäre …

„Call of Cthulhu“ spielt, wie auch die Geschichte von Love­craft, in den 1920er Jah­ren, um genau zu sein 1924. Dies bringt schon mal sei­nen eige­nen Charme mit sich und eröff­net Dark­wa­ter Island als eine marode Hafen­stadt, die gerade so in der Indus­tria­li­sie­rung ange­kom­men ist. Die ver­reg­ne­ten Stra­ßen und der dunkle Him­mel sind in ein grün­li­ches Licht getaucht, das ein Gefühl von außer­welt­li­cher Beklom­men­heit trans­por­tiert. Dadurch wirkt die kleine Hafen­stadt, deren Ein­woh­ner sowie die umlie­gen­den, halb­of­fe­nen Areale der Spiel­welt unan­ge­nehm selt­sam und wenig einladend.

… und wie man sie bricht

Etwas gestört wird jene Atmo­sphäre jedoch durch eine nicht mehr wirk­lich zeit­ge­mäße Gra­fik, die eher an die Anfangs­zeit der Play­sta­tion 3 erin­nert. Dadurch wir­ken die Cha­rak­tere in ihren Bewe­gun­gen sowie ihrer Mimik und Ges­tik sehr höl­zern und emotionslos.

Hinzu kommt die immer­si­ons­bre­chende Ent­schei­dung, in Dia­lo­gen und Zwi­schen­se­quen­zen von der First- in die Third-Per­son zu wech­seln, was nicht nur eine Umstel­lung des Seh- und Raum­ge­fühls für die Spie­len­den bedeu­tet. Mit jenem Wech­sel ein­her­ge­hend kommt es zu einer Erhö­hung der Sprech­laut­stärke, was beim Spie­len mit Kopf­hö­rern sehr unan­ge­nehm wer­den kann.

Ein Hauch von Rollenspiel

Zu Spiel­be­ginn und beim Auf­stieg des Cha­rak­ter­le­vels besteht die Mög­lich­keit, mit­hilfe von Cha­rak­ter­punk­ten ver­schie­dene Fähig­kei­ten von Edward Pierce zu ver­bes­sern. Für mehr Optio­nen in Gesprä­chen bie­ten sich hier etwa die Fähig­kei­ten Psy­cho­lo­gie und Rede­ge­wandt­heit an, für genaue­res Ana­ly­sie­ren der Umge­bung sollte man Ermit­teln und Ent­de­ckung wäh­len. Zudem kann man ebenso Punkte in Stärke sowie den für Love­craft typi­schen Okkul­tis­mus oder in Medi­zin­kunde inves­tie­ren. In die letz­te­ren bei­den las­sen sich nur zu Spiel­be­ginn Punkte inves­tie­ren, dar­auf­hin ver­bes­sern sie sich nur noch über Bücher oder gefun­dene Objekte.

Jenes Fea­ture der Cha­rak­ter­in­di­vi­dua­li­sie­rung gibt „Call of Cthulhu“ den Fun­ken eines Rol­len­spiels. Jedoch ist es dem lovecraft‘schen Pen and Paper-Able­ger näher, als einem „The Elder Scrolls“ oder „Dra­gon Age“. Diese Annahme wird durch das Gefühl unter­stützt, dass im Hin­ter­grund der Erfolg einer Probe schein­bar aus­ge­wür­felt wird.

Screen­shot: Cya­nide Studios

Kampf­sys­tem des Grauens

Das Auf­ein­an­der­tref­fen zwi­schen Haupt­cha­rak­ter Edward Pierce und ihm feind­lich gesinn­ten Per­so­nen und Krea­tu­ren kann man schwer als Kampf­sys­tem bezeich­nen. Eher ist es ein Flucht- und Ver­steck­sys­tem, ähn­lich wie in dem Spiel „Amne­sia“. Eben­falls aus „Amne­sia“ über­nom­men und bekannt von den Geschich­ten von Love­craft ist die wan­kende geis­tige Gesund­heit des Prot­ago­nis­ten. Hier kommt es jedoch nicht beim Betrach­ten der teils mons­trö­sen Geg­ner zum Ver­fall der Psy­che, son­dern durch die Klaus­tro­pho­bie von Edward Pierce. Bei­spiels­weise führt das lange Ver­ste­cken in einem Schrank bald schon zur Ohnmacht.

Was anfangs wie ein packen­des Ele­ment und dadurch der Atmo­sphäre zuträg­lich wirkt, wird schnell eher ner­vig als immer­siv. Ist es noch ver­ständ­lich, einer gro­tes­ken Mons­tro­si­tät durch Ver­ste­cken und Schlei­chen aus dem Weg zu gehen, wird es bei mensch­li­chen Geg­nern eher lächer­lich. Dass Pierce als ehe­ma­li­ger Sol­dat nicht mal einen Kran­ken­haus­wär­ter von hin­ten nie­der­schla­gen kann, ist dann doch etwas merkwürdig.

Gru­sel mit Schwächen

Auch wenn „Call of Cthulhu“ mit sei­ner Atmo­sphäre und dem Pen-and-Paper-Rol­len­spiel-Gefühl Punk­ten kann, schwä­chelt es anderswo etwas zu sehr, als dass man dar­über hin­weg­se­hen könnte. Nicht mehr zeit­ge­mäße Gra­fik, höl­zerne Cha­rak­te­r­ani­ma­tio­nen und ein auf Dauer sehr anstren­gen­des Kampf­sys­tem. Auch die Geschichte rund um eine Fami­li­en­tra­gö­die und einen Kult ist eher Stan­dard­kost im Cthulhu-Universum.

Call of Cthulhu. Ent­wick­ler: Cya­nide Stu­dios. Her­aus­ge­ber: Focus Home Inter­ac­tive. 2018. Erschie­nen auf: PC, PS4, Xbox One, Switch. Getes­tet auf: PS4.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Todes­stadt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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