Come fly with me

by Worteweberin Annika

Schon als Kind möchte Juni am liebs­ten eines: flie­gen! Als Mäd­chen und junge Frau in den 1960er Jah­ren will sie Pilo­tin, gar Astro­nau­tin wer­den, doch die Raum­fahrt ist eine männ­li­che Domäne. In „Space Girls“ von Mai­ken Niel­sen hat Worte­we­be­rin Annika sich einen Platz im Cock­pit gesichert.

Ihre Kind­heit ver­bringt Juni an ganz unter­schied­li­chen Orten: Gebo­ren wird sie kurz vor dem Zwei­ten Welt­krieg in Köln, die Mut­ter Mar­tha flieht mit dem Säug­ling nach Paris, dann in die Pro­vence, wo Juni ihre ers­ten Jahre ver­bringt. Spä­ter geht es mit einem Schiff über den Atlan­tik, in ein neues Leben in New Orleans. Dass sie deut­sche Wur­zeln hat, erfährt Juni erst mit Anfang 20. Das gut gehü­tete Geheim­nis wird eine Zer­reiß­probe für die Bezie­hung zwi­schen Mut­ter und Tochter.

Frauen im Weltall?!

Neben dem Mut­ter-Toch­ter-Ver­hält­nis geht es im Roman um Junis Lei­den­schaft für das Flie­gen und die Her­aus­for­de­run­gen, die die­ses Hobby Frauen in den 1960er Jah­ren berei­ten konnte. Juni darf zwar einen Flug­schein machen und mit ihrem Stief­va­ter oder auch alleine flie­gen, tat­säch­lich als Pilo­tin zu arbei­ten wird aber schwie­rig. Hoff­nung keimt auf, als die NASA nach erfah­re­nen Pilo­tin­nen für das Mer­cury 13 Pro­gramm sucht: Frauen, die für den Flug zum Mond aus­ge­bil­det wer­den sollen.

Juni schafft es in die engere Aus­wahl und darf sich, wie vor­her die männ­li­chen Astro­nau­ten, ver­schie­de­nen Tests unter­zie­hen. Sie sind anstren­gend, teil­weise eine Gefahr für die Gesund­heit. Trotz­dem schlägt Juni sich ebenso wie ihre Mit­strei­te­rin­nen gut. Bald dar­auf wird den­noch beschlos­sen, dass es lie­ber Män­ner sein sol­len, die dem „Mann im Mond“ einen Besuch abstat­ten dür­fen. Mer­cury 13 hin­ge­gen wird eingestampft.

Held oder Kriegsverbrecher?

Der Roman beruht hier auf Tat­sa­chen: Die meis­ten Pilo­tin­nen, die gemein­sam mit Juni das Pro­gramm absol­vie­ren, gab es wirk­lich – nur Juni selbst ist erfun­den. Durch ihre deut­schen Wur­zeln aber passt sie beson­ders gut in die Geschichte des ame­ri­ka­ni­schen Mond­pro­gramms, das vom deut­schen Inge­nieur Wern­her von Braun ange­trie­ben wurde.

In Junis Leben spielt der deut­sche Inge­nieur noch aus einem ande­ren Grund eine Rolle: Ihr Groß­va­ter starb im KZ-Außen­la­ger Mit­tel­bau-Dora, wo unter von Braun Rake­ten gebaut wur­den. Dass dem spä­te­ren ame­ri­ka­ni­schen Hel­den dafür nie der Pro­zess gemacht wurde, belas­tet vor allem Junis Mut­ter Martha.

Starke Prot­ago­nis­tin

Der Ein­stieg in den Roman ist durch viele Per­spek­tiv­wech­sel und unter­schied­li­che Zeit­ebe­nen gekenn­zeich­net – Buzz Ald­rin, Michael Colins und Neil Arm­strong in der Apollo 11 Rakete, Marthas Vater in Mit­tel­bau-Dora, Mar­tha in Köln, Wern­her von Braun auf ver­schie­de­nen Etap­pen. Auch wenn die Sprünge durch meh­rere Schrift­ar­ten deut­lich gemacht wer­den sol­len, stellte sich mir immer wie­der die Frage: Wer spricht hier gerade? Dadurch fiel es mir schwer, mit den Figu­ren warm zu wer­den und in die Hand­lung einzusteigen.

Erst nach gut 100 Sei­ten „Test­phase“ konnte ich alles ein­ord­nen und bekam Spaß daran, die Geschichte zu lesen. Dann war „Space Girls“ ein unter­halt­sa­mer Roman mit einer star­ken Prot­ago­nis­tin und inter­es­san­ten Themen.

Space Girls. Mai­ken Niel­sen. Wun­der­lich. 2019.

Wei­tere Texte zum Thema Welt­raum und Mond­lan­dung fin­det ihr in unse­rem Mini-Spe­cial #mond­buch.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr