Corona, Zombies und Bokashi

by Worteweberin Annika

In „Die Krone der Schöp­fung“ erzählt Lola Randl von einem Virus mit kro­nen­ar­ti­gen Zacken und davon, wie es (oder er) die Welt aus den Angeln hebt. Ob man dar­über noch Romane lesen muss, wenn schon die Nach­rich­ten voll davon sind? Worte­we­be­rin Annika hat es getestet.

„Die Krone der Schöp­fung“ knüpft an Lola Randls 2019 für den Deut­schen Buch­preis nomi­nier­ten Roman „Der Große Gar­ten“ an. Wie­der wird in kur­zen, nüch­ter­nen Kapi­teln erzählt. Die Rah­men­be­din­gun­gen ken­nen wir alle zu Genüge: Ein Virus taucht plötz­lich in der Welt auf. Hat sich die Erzäh­le­rin bei einem Film­fes­ti­val infi­ziert? Ist sie in dem klei­nen Dorf in der Ucker­mark sicher? Und was kann sie beim Schrei­ben einer (grot­ten­schlech­ten!) Zom­bie­se­rie über den oder das Virus ler­nen? Neben­bei geht es um einen gol­fen­den ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten, eine Talk­show­mo­de­ra­to­rin mit Bur­nout und Boka­shi, eine japa­ni­sche Art des Kompostierens.

„Wenn ich nachts wach­liege, haben das Virus und ich nur noch uns. Wir sind dann ganz allein, alles andere ist belang­los gewor­den. Die Fami­lie, die Freunde, alles ohne Bedeu­tung. Die haben ihre eige­nen Viren.“ (S. 93)

Pan­de­mie für Einsteiger

In Kapi­teln mit Über­schrif­ten wie „Pati­ent Null“, „Super­sprea­der“ oder „Home­school“ zeich­net die Autorin eine Chro­nik unse­rer Pan­de­mie. Will man das lesen, wenn man noch mit­ten drin steckt? Nach den ers­ten Kapi­teln war ich mir dar­über nicht sicher, doch der sach­li­che, distan­zierte Blick auf unsere Gegen­wart erschien mir in unse­rer chao­ti­schen Zeit fast heil­sam. Wie in „Der Große Gar­ten“ fin­den sich auch in „Die Krone der Schöp­fung“ einige inter­es­sante Gedan­ken, zum Bei­spiel über Fle­der­mäuse und die Frage nach der Schuld. Außer­dem kann man ler­nen, dass man sowohl „der“ als auch „das Virus“ sagen darf.

Wahr und erfun­den zugleich

Der Erzäh­lung wird vor­aus­ge­schickt, „dass alles sowohl wahr als auch frei erfun­den ist.“ Die Kapi­tel über den namen­lo­sen ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten gestal­ten sich auch des­we­gen ent­lar­vend lus­tig. Wie genau sie mit der Geschichte der Erzäh­le­rin zusam­men­hän­gen, blieb für mich ebenso unklar wie der Bezug zur Talk­show­mo­de­ra­to­rin auf Abwe­gen. Aber zum lite­ra­ri­schen Pan­orama unse­rer Gegen­wart tra­gen diese Geschich­ten auf jeden Fall bei.

Ins­ge­samt kommt der Roman für mich nicht an den Vor­gän­ger heran. Wäh­rend die Erzäh­le­rin in „Der Große Gar­ten“ Zuc­chini, Schafe und die Natur der Men­schen betrach­tet, ist „Die Krone der Schöp­fung“ durch das Thema bedingt gegen­wär­ti­ger. Wahr­schein­lich wird uns die Pan­de­mie auch in eini­gen Jah­ren noch beschäf­ti­gen, doch der Roman ver­schenkt das Poten­zial, dar­über hin­aus zu wei­sen und all­ge­meine Ein­sich­ten in den Lese­rin­nen und Lesern zu wecken. „Die Krone der Schöp­fung“ ist ein aktu­el­ler Roman, viel mehr war er für mich lei­der nicht.

Die Krone der Schöp­fung. Lola Randl. Mat­thes & Seitz. 2020.

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