Fluch und Segen einer Besessenheit #Todesstadt

by Geschichtenerzähler Adrian

Der Comic „Daphne Byrne – Beses­sen“ von Autorin Laura Marks und Zeich­ner Kel­ley Jones erzählt die Geschichte der namens­ge­ben­den jun­gen Daphne Byrne, die mit ihrer stren­gen Mut­ter, gehäs­si­gen Gleich­alt­ri­gen und ihrer Fähig­keit, Geis­ter zu sehen, zu kämp­fen hat. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian hat ihre Geschichte verfolgt.

Nach dem Tod ihres Vaters lebt die junge Daphne Byrne zusam­men mit ihrer Mut­ter im Lon­don des spä­ten 19. Jahr­hun­derts. Letz­tere ver­zwei­felt an ihrer Rolle als Allein­er­zie­hende und sucht Halt und Rat bei einer Hell­se­he­rin. Daphne, die ihre Sor­gen dem Grab­stein ihres Vaters anver­traut, sieht das Ver­trauen, das ihre Mut­ter in die Hell­se­he­rin setzt, kri­tisch. Doch die Ver­su­che, ihre Mut­ter von der Schar­la­ta­ne­rie eben jener Hell­se­he­rin zu über­zeu­gen, füh­ren nur zu einem grö­ße­ren Zer­würf­nis zwi­schen Mut­ter und Tochter.

Ver­zwei­felt sucht Daphne die Hilfe von Mis­ter Brooke, der es sich zur Auf­gabe gemacht hat, Betrü­ger zu ent­lar­ven, die vor­ge­ben, mit den Toten spre­chen zu kön­nen. Zusam­men hecken sie einen Plan aus, um Daph­nes Mut­ter zu über­zeu­gen, doch dabei decken sie Schreck­li­ches auf.

Neben den Strei­te­reien mit ihrer Mut­ter pla­gen Daphne höl­li­sche Träume mit ent­stell­ten und dämo­ni­schen Gestal­ten. Darin begeg­net sie auch einem jun­gen Mann, der sich ihr als eine Art Bru­der vor­stellt. Jedoch blei­ben jene Visio­nen nicht in ihren Träu­men, son­dern fin­den bald schon ihren Weg in die Realität.

Fal­sche Erwartungen

Wer das Cover gese­hen und dar­auf­hin die Rezen­sion gele­sen hat, wird sich jetzt wahr­schein­lich wun­dern. Groß auf dem Cover steht doch „Joe Hill“, doch nun will ich euch weis­ma­chen, eine gewisse Laura Marks hätte diese Geschichte geschrieben.

So ist es auch. Wer hin­ter die­sem Cover eine Geschichte des Soh­nes von Hor­ror­meis­ter Ste­phen King erwar­tet, sollte lie­ber genauer hin­schauen, denn auf den ers­ten Blick wird hier mit fal­schen Erwar­tun­gen gespielt, die an einen gro­ßen Namen geknüpft sind. Unter dem DC Black Label und Joe Hills Hill House Comics wird hier eine Art Hor­ror-Antho­lo­gie, auf­ge­teilt in meh­rere Ein­zel­co­mics, prä­sen­tiert, in der „Daphne Byrne – Beses­sen“ nur einen Teil darstellt.

Hor­ror die­ser Zeit

„Daphne Byrne – Beses­sen“ schafft es, den Aber­glau­ben und den Mys­ti­zis­mus, der zu die­ser Epo­che in Eng­land en Vogue war, ein­zu­fan­gen und ihn bild­lich in ver­schie­de­nen Facet­ten dar­zu­stel­len: zum Bei­spiel der Glaube an Geis­ter und die Mög­lich­keit, mit ihnen in einer Séance Kon­takt auf­zu­neh­men, sowie die Schar­la­ta­ne­rie, die mit der Hoff­nung der Hin­ter­blie­be­nen betrie­ben wurde. Dage­gen steht Daphne selbst, die wirk­lich eine Ver­bin­dung zu Geis­tern und Dämo­nen hat, der man jedoch kei­nen Glau­ben schenkt.

Höl­len­ma­le­rei

Für das Zeich­nen und Tuschen die­ses Comics ist sehr viel schwarze Farbe drauf­ge­gan­gen. Schwarze Klei­dung, schwarze Haare, schwarze Schat­ten und so wei­ter. Alles wirkt düs­ter, trist und bei­nah hoffnungslos.

Wäh­rend die Rea­li­tät in teils mat­ten, ver­wa­sche­nen Far­ben daher­kommt, sind die Geis­ter- und Dämo­nen­er­schei­nun­gen mit vie­ler­lei Far­ben dar­ge­stellt und war­ten mit einer teils unheim­li­chen, aber auch scho­ckie­ren­den Viel­falt auf. Men­schen­ähn­li­che ohne Haut, halb Ver­we­sende, kobold­ar­tige Wesen mit spit­zen Zäh­nen und viele wei­tere sind zu sehen. Mit den Bil­dern hat Kel­ley Jones es geschafft, eine schau­rige und düs­tere Atmo­sphäre auf Papier zu bringen.

Gute Ansätze

Daphne Byr­nes Kampf gegen eine betrü­ge­ri­sche Hell­se­he­rin ist inter­es­sant, jedoch von Anfang an offen­sicht­lich hoff­nungs­los. Allein die Insze­nie­rung Daph­nes als Außen­sei­te­rin und miss­ver­stan­de­nes Mäd­chen zeigt sofort, dass sie gegen Wind­müh­len kämpft. Der Aber­glaube ihrer Mut­ter ist ein­fach zu stark.

Es ist vor­her­seh­bar, dass die junge Byrne es ohne fremde Hilfe nicht schafft und dass diese Hilfe offen­sicht­lich in ihrer Fähig­keit zu fin­den ist, mit Geis­tern zu kom­mu­ni­zie­ren, ist auch nicht schwer zu erahnen.

Hmmm …

Zeich­ne­risch kann der Comic „Daphne Byrne – Beses­sen“ auf vie­ler­lei Wegen über­zeu­gen. Das Spiel mit Licht und Schat­ten erzeugt eine ange­nehm düs­tere Atmo­sphäre und die Geis­ter­er­schei­nun­gen sor­gen für den nöti­gen Gru­sel. Ein­zig, dass Daphne in man­chen Panels aus­sieht, als wäre sie 30 oder 40 Jahre älter, wirkt etwas seltsam.

Erzäh­le­risch ist der Comic vor­her­seh­bar und es gibt wenige Stel­len, die wirk­lich über­ra­schend sind. Auch wenn er anfangs den Ein­druck macht, schafft es die­ser Comic kaum an den Hor­ror­klas­si­kern der vik­to­ria­ni­schen Ära, wie bei­spiels­weise Mary Shel­lys „Fran­ken­stein“ oder „Das Bild­nis des Dorian Gray“, zu kratzen.

Daphne Byrne – Beses­sen. Autorin: Laura Marks. Zeich­nun­gen: Kel­ley Jones. Farbe: Michelle Madsen. Über­set­zung: Ger­linde Alt­hoff. Panini Comics. 2020.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Todes­stadt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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