Das ominöse Paket

by Bücherstadt Kurier

An die­sem Mon­tag­mor­gen ging es hek­tisch zu. Auf dem Exer­zier­platz wusel­ten die Sol­da­ten wild umher, stopf­ten Taschen mit Pro­vi­ant und sons­ti­gen Nütz­lich­kei­ten in die Bäu­che der rie­si­gen Rei­se­busse. Nach etwa 10 Minu­ten Hin- und Her­ge­wu­sel und ‑gestopfe saß schließ­lich jeder­mann und jeder­frau in einem Bus. Die Reise ging los!
Nach­ein­an­der pas­sier­ten die drei Rei­se­busse das Tor der Spu­ckerl Kaserne in Rich­tung Lan­des­haupt­stadt. Die Rekru­ten in den Bus­sen grins­ten frech durch die Fens­ter­schei­ben hin­aus und waren froh, dem All­tags­mief der Spu­ckerl Kaserne zu ent­flie­hen. Die zurück­blei­ben­den Ver­tre­ter der Wach­mann­schaft grins­ten nicht min­der breit und waren froh, so man­chen Unter­of­fi­zier fürs erste los zu sein.
Ruckelnd schloss sich das Ein­gangs­tor wie­der und es wurde still in der Spu­ckerl Kaserne. Ober­wacht­meis­ter Jur­sič lächelte sein Kampf­sau-Lächeln und steckte leger die Hände in die Hosen­ta­schen. Kein Haupt­mann, kein Ober­leut­nant, kein Spieß und auch kein Zg-Kdo. Sturm­freie Bude, sozu­sa­gen. Ver­gnügt pfei­fend schlen­derte der Herr Ober­wacht­meis­ter in sein Büro zurück. Der heute als UvT und gleich­zei­tig auch als OvT ein­ge­teilte Jur­sič ließ sich gemäch­lich auf sei­nem Schreib­tisch­ses­sel nie­der. Dann zückte er genüss­lich grin­send seine Playstation-Portable.
Er war grade so schön rich­tig in Fahrt gekom­men, da wurde unver­mit­telt die Tür auf­ge­ris­sen, sodass der Jur­sič die Kon­zen­tra­tion und auch ein spiel­tech­ni­sches Leben ver­lor. Im Tür­rah­men stand ein ziem­lich blass und irri­tiert wir­ken­des Indi­vi­duum der Wachmannschaft.
„Herr Ober­wacht­meis­ter, Herr Ober­wacht­meis­ter!“, krächzte der Gefreite mit vor Schreck weit auf­ge­ris­se­nen Augen. „Do is ein Paket kumman!“
„Und?“ wollte der Jur­sič mür­risch wissen.
„Des tuat so komisch. Tickn tuats! Wia wann‚s a Bombn war!“
Jetzt sprang der Jur­sič wie elek­tri­siert von sei­nem Ses­sel auf. Es wurde hek­tisch in der fast men­schen­lee­ren Spu­ckerl Kaserne. Bald schon zerrte ein ange­spannt wir­ken­der UovT/OvT Jur­sič den hüs­teln­den Rekrut End aus sei­nem Kran­ken­bett. Weil näm­lich jenes omi­nös tickende Paket an den Rekrut End adres­siert war. Der Krank­ge­schrie­bene ließ sich durch die Hek­tik der ande­ren aber nicht beir­ren. Todes­mu­tig wie ein Zom­bie schlurfte er in Rich­tung Kaser­nen­tor, hin­ein in die bela­ger­ten Räum­lich­kei­ten der Wachmannschaft.
Die Kame­ra­den schrien ihm noch mah­nend hin­ter­her: „Net eini­gehn! Do drin is a Bombn! De reißt da den Schädl weg!“. Aber ohne mit der Wim­per zu zucken betrat der Grippe-Zom­bie End das Wach­zim­mer. Neu­gie­rig hob er das omi­nös tickende Paket auf, schüt­telte es, horchte. Und dann zer­fetzt Rekrut End freu­de­strah­lend die Verpackung.
Mit wil­dem Geschrei hatte sich indes der Rest der Wach­mann­schaft, Ober­wacht­meis­ter Jur­sič inklu­sive, in Sicher­heit gebracht. Weil‚s aber kein laut­star­kes Kra­chen gab, streckte man als­bald schon fra­gend die Nasen zurück ins Wach­zim­mer. Nichts war gesche­hen. Nur der Rekrut End strahlte wie ein frisch lackier­tes Schaukelpferd.
„Geil“, ver­kün­dete er und streckte den ande­ren tri­um­phie­rend seine Beute ent­ge­gen. „A Wecker! Hot mia mei Frein­din gschickt, dos i net wieda vaschlof und Strof kriag!“

Chris­tine Prinz
Ein Bei­trag zum Pro­jekt “100 Bil­der – 100 Ge­schich­ten” – Bild Nr. 20.

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