Das Schlüssel-Schloss-Prinzip

by Zeilenschwimmerin Ronja

Kein Mensch ist per­fekt und alle Men­schen sind anders. Da ent­de­cken wir natür­lich Feh­ler und unschöne Eigen­hei­ten bei jemand ande­rem und die­ser bei uns. Es kommt zu Kri­tik. Diese kann gut lau­fen oder auch nicht. Was man dafür tun kann, die eigene Kri­tik zu ver­bes­sern, will uns der Rat­ge­ber „Die 10 Schlüs­sel für wirk­same Kri­tik“ ver­ra­ten. - Von Zei­len­schwim­me­rin Ronja

„Die Kri­tik ist eine Bürste, die man nicht an den leich­ten Stof­fen anwen­den kann, wo sie alles auf­reibt.“ (Honoré de Balzac)

Jedes Kapi­tel bzw. jeder der 10 Schlüs­sel wird mit einem Zitat wie die­sem ein­ge­führt. Und da wären wir auch schon direkt beim Grund­kon­zept der „Meis­ter­tricks“: Aus­sa­gen von alten (und auch neue­ren) „Meis­tern“ wer­den in der Edi­tion von Ralf Len­gen zu Hin­wei­sen und Tipps, wie ein Pro­blem am bes­ten zu lösen ist. Seine Über­zeu­gung ist: „Die Meis­ter wis­sen, wor­auf es ankommt, ob beim Schrei­ben, Reden, Mana­gen, Kri­ti­sie­ren oder Verhandeln.“

Das ist eine nette Idee, die gut umge­setzt wurde. Die aus­ge­wähl­ten Zitate wer­den im anschlie­ßen­den Text auf­ge­grif­fen und durch wei­tere ergänzt, über­neh­men jedoch nicht die Über­hand. Dafür sor­gen unter ande­rem die per­sön­li­chen Erfah­run­gen, die Ralf Len­gen oft als Bei­spiele anbringt. Und als klei­nes Extra ist jedem Kapi­tel eine Kurz­bio­gra­phie der Per­son ange­bracht, des­sen Zitate zuvor bespro­chen wur­den. (Für sämt­li­che Zitate fin­den sich übri­gens aus­führ­li­che Quel­len­an­ga­ben am Ende des Buches.)

Gestal­te­risch ist das Buch sehr gelun­gen. Der Text ist schlicht und über­sicht­lich gehal­ten. Die Hin­gu­cker sind die Por­traits der „Meis­ter“, die schon gleich auf dem Vor­satz­pa­pier „Hallo!“ sagen und zu Anfang jedes Kapi­tels neben ihrem Zitat abge­druckt sind.

Deut­sche Kritik?

Die wich­tigste Frage für einen Rat­ge­ber ist jedoch: Nützt er etwas? Kri­tik ist nicht leicht. Viel leich­ter ist es, Men­schen mit Kri­tik zu ver­let­zen oder (gegen sich) auf­zu­brin­gen. Dar­auf ver­weist auch Len­gen häu­fi­ger. Der Theo­rie nach, die die­sem Buch zu Grunde liegt, gelingt Kri­tik nur, wenn alle 10 Schlüs­sel in der rich­ti­gen Rei­hen­folge ange­wen­det wur­den. Wirk­lich prak­ti­ka­bel erscheint mir das vor allem im beruf­li­chen Umfeld (z.B. in regel­mä­ßi­gen Mit­ar­bei­ter­ge­sprä­chen), da allein der Ansatz (Abschät­zen, den rich­ti­gen Ort und Zeit­punkt wäh­len, Kri­tik­ge­sprä­che im Vor­aus pla­nen) eini­ges an Zeit in Anspruch neh­men dürfte. Die 10 Schlüs­sel sind also viel­leicht nicht in jedem Fall voll­stän­dig anwend­bar. Außer­dem kann ich mir durch­aus vor­stel­len, dass es Situa­tio­nen gibt, in denen nicht alle ange­wen­det wer­den müssen.

Ein Punkt, der im Buch nicht ange­spro­chen wird, ist der Men­ta­li­täts­un­ter­schied beim Kri­ti­sie­ren in unter­schied­li­chen Län­dern. Deut­sche gel­ten inter­na­tio­nal als sehr direkt, was das angeht. US-Ame­ri­ka­ner, Japa­ner oder auch andere Euro­päer haben häu­fig eine andere Hal­tung gegen­über Kri­tik. Ins­be­son­dere für den Ein­satz der 10 Schlüs­sel im Berufs­le­ben wäre ein Exkurs zu inter­na­tio­na­len Unter­schie­den also eine gute Ergänzung.

Kri­tik mit Empathie

Die 10 Schlüs­sel erge­ben aber durch­aus Sinn und füh­ren bei rich­ti­ger Anwen­dung sicher zu aus­ge­wo­ge­ner Kri­tik. Außer­dem gibt es einige Hin­weise im Buch, die auch unab­hän­gig der 10 Schlüs­sel ganz inter­es­sant sind. Zum Bei­spiel, dass Gesprächs­part­ner ihr Gegen­über sym­pa­thi­scher fin­den, wenn er/sie die Kör­per­hal­tung des ande­ren über­nimmt (natür­lich nur, wenn es nicht über­trie­ben ist).

Beson­ders deut­lich wird die Tat­sa­che, dass Men­schen, die gute Kri­tik üben wol­len, vor allem ihre Mit­men­schen gut ein­schät­zen kön­nen müs­sen, um zu wis­sen, wie viel und wel­che Art Kri­tik sie nicht nur ertra­gen, son­dern auch anneh­men. Die Schlüs­sel­worte lau­te­ten also eigent­lich gesun­der Men­schen­ver­stand und Empathie.

Fazit: „Die 10 Schlüs­sel für wirk­same Kri­tik“ ist ein anspre­chend gestal­te­ter Rat­ge­ber, der – wie das Wort schon aus­drückt – Rat gibt, wie man es machen könnte (oder sollte). Die Tipps sind nach­voll­zieh­bar und beleuch­ten die Kri­tik von unter­schied­lichs­ten Sei­ten. Die Anwen­dung erscheint dabei vor allem in der Arbeits­welt sinn­voll, mag aber in bestimm­ten Fäl­len auch im Pri­va­ten durch­zu­füh­ren sein.

Die 10 Schlüs­sel für wirk­same Kri­tik. Ralf Len­gen. Edi­tion Meis­ter­tricks. 2016.

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