Das Streben nach Glück und Liebe

by Zeichensetzerin Alexa

Wie auch schon in „Die Dame mit dem Hünd­chen“ the­ma­ti­siert Tsche­chow in sei­nem Werk „Drei Schwes­tern“ neben dem Sinn des Lebens die uner­füllte, unglück­li­che Liebe. Unter der Regie von Gert West­phal ent­stand 2010 das Hör­spiel dazu – ein Thea­ter­stück für die Ohren. – Von Zei­chen­set­ze­rin Alexa

Es ist, als würde man vor einer Bühne sit­zen und das Gesche­hen live ver­fol­gen. Unter­schied­li­che Spre­cher und Musik brin­gen Abwechs­lung und las­sen klare Bil­der im Kopf ent­ste­hen. Prot­ago­nis­ten sind – wie der Titel schon ver­rät – drei Schwes­tern: Olga, Mascha und Irina. Anfangs schei­nen sie noch glück­lich, fei­ern den Namens­tag, unter­hal­ten sich mit Bekann­ten. Aber das Glück ist nicht von lan­ger Dauer. Als ihr Bru­der Andrej Nata­scha hei­ra­tet, ver­än­dert sich ihre Lebens­si­tua­tion. Plötz­lich hat sie das Sagen, lässt kaum mit sich reden und ver­brei­tet schlechte Stim­mung. Andrej, der sie über alles liebt, lässt alles gesche­hen, unter­stützt sie auch noch dabei und merkt nicht, wie sehr er seine Schwes­tern damit verletzt.

Diese haben aber auch noch andere Pro­bleme: Uner­füllte Liebe oder eine unglück­li­che Ehe. Sie alle ver­su­chen, Liebe und Glück zu fin­den, phi­lo­so­phie­ren über The­men wie den Sinn des Lebens und die Arbeit. Denn arbei­ten muss­ten sie auf­grund ihres Wohl­stands in ihrem Leben nicht viel. Viel­leicht wür­den sie in der Arbeit, in dem Sinn ihres Tuns, das Glück fin­den? Wenn sie wüss­ten, was sie bewir­ken und wel­chen Zweck ihr Dasein erfül­len sollte? Viel­leicht wür­den sie ihr Glück in ihrer Hei­mat, in Mos­kau, fin­den? Doch trotz vie­ler Gesprä­che bewe­gen sie sich nicht, las­sen sich alles gefal­len und die Zeit ver­flie­gen, als hät­ten sie Angst, ihren Mut aufzubringen.

Trau­rig und leb­los scheint das Leben der drei Schwes­tern. „Das Leben ent­schwin­det und kehrt nie­mals wie­der. Nie­mals, nie­mals wer­den wir nach Mos­kau kom­men. Ich sehe, dass wir nie hin­kom­men wer­den.“ Doch was hält sie davon ab? Die Ent­schei­dung der Schwes­tern, alles beim Alten zu las­sen und sich mit dem abzu­fin­den, was man hat, mag auf die Zeit des Gesche­hens zurück­zu­füh­ren sein. Aber auch heute noch ist diese Bequem­lich­keit oder die Angst vor Ver­än­de­run­gen vor­zu­fin­den, wes­halb das Stück als zeit­los emp­fun­den wer­den kann.

Tsche­chow schuf mit „Drei Schwes­tern“ ein Werk, das alle wich­ti­gen Fra­gen des Lebens – der Sinn des Lebens, Glück, Liebe, Hoff­nung, Erfolg, Tod – ver­eint. Beson­ders inter­es­sant ist der Gedanke an die Zukunft: Heute schüt­teln wir den Kopf über das Ver­hal­ten der Men­schen in der Ver­gan­gen­heit, in der Zukunft wird man sich über unser Ver­hal­ten wun­dern. Und irgend­wann wer­den sich die Men­schen fra­gen, wie wir unter den heu­ti­gen Umstän­den über­haupt leben konn­ten. Eine span­nende Vorstellung.

Drei Schwes­tern. Anton Tsche­chow. Regie: Gert West­phal. Chris­toph Merian Ver­lag. 2010.

Ein Bei­trag zum Lese­pro­jekt “Rus­si­sche Literatur”.

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