Der belgische Symbolismus in all seinen Facetten

by Geschichtenzeichnerin Celina

Die Aus­stel­lung „Deka­denz und dunkle Träume – Der bel­gi­sche Sym­bo­lis­mus“ ist in der Alten Natio­nal­ga­le­rie in Ber­lin ab dem 18.09.2020 zu sehen gewe­sen. Gleich­falls kön­nen in der Corona-Zeit durch den gleich­na­mi­gen Kata­log die Werke der Symbolist*innen bestaunt wer­den. Geschich­ten­zeich­ne­rin Celina hat sich bei­des angesehen.

Im Vor­wort von Udo Kit­tel­mann, Direk­tor der Natio­nal­ga­le­rie, wird auf­ge­grif­fen, worum es in der Aus­stel­lung und im Kata­log the­ma­tisch geht. Der Fokus liegt auf dem Sym­bo­lis­mus, eine Kunst­strö­mung ab dem Ende des 19. Jahr­hun­derts. Dabei wird Brüs­sel, mit sei­nem Kunst­zen­trum Fin de Siè­cle, beson­ders in Betracht gezo­gen. Die his­to­ri­sche Dimen­sion wird ange­spro­chen, indem auf­ge­zeigt wird, dass es sich hier­bei um eine Zeit des Wan­dels han­delte. Geprägt von der Indus­tria­li­sie­rung, die durch starke Ent­wick­lun­gen in der Tech­nik ver­bun­den war.

Dar­über hin­aus wird die Aus­stel­lung mit rund 200 Expo­na­ten und ihre Anlie­gen vor­ge­stellt, denn „Namen bel­gi­scher Künst­ler die­ser Zeit ken­nen die wenigs­ten hier­zu­lande (in Deutsch­land), …“ „Durch gezielt aus­ge­wählte Expo­nate gelingt es, die Ver­bin­dung zwi­schen bel­gi­schen Künst­lern und der euro­päi­schen Kunst­strö­mung darzustellen.“

Durch das Weg­las­sen der weib­li­chen Form oder des Gen­der­sterns könnte es den Ein­druck erwe­cken, dass es sich nur um männ­li­che Künst­ler han­delt. Beim Nach­schauen im hin­te­ren Abschnitt des Kata­logs unter der Über­schrift „Bio­gra­fien bel­gi­scher Künst­le­rin­nen und Künst­ler“ von Arnika Gro­ene­wald-Schmidt und durch Recher­che im Inter­net fällt aller­dings auf, dass es auch Künst­le­rin­nen des Sym­bo­lis­mus gab. Viel­leicht nicht so bekannt und viel­leicht nur wenige, aber es gab sie. Sie soll­ten im Vor­wort nicht aus­ge­las­sen wer­den, weil es sonst unver­meid­lich zu fal­schen Rück­schlüs­sen kommt.

Struk­tur

Beim Aus­stel­lungs­ka­ta­log han­delt es sich um ein groß­for­ma­tig schwe­res Buch im Hard­co­ver. Also nichts, um damit durch die Aus­stel­lung zu gehen, son­dern mehr, um sich vorab oder im Nach­hin­ein mit der The­ma­tik aus­ein­an­der­zu­set­zen. Die ers­ten rund 100 Sei­ten fül­len vor­ran­gig Essays von ver­schie­de­nen Expert*innen mit unter­schied­li­chen The­men­schwer­punk­ten. Dar­auf folgt der Abbil­dungs­ka­ta­log, der in spe­zi­fi­sche Kate­go­rien unter­teilt ist. Diese heben sich deut­lich durch jeweils ein­sei­tige Texte mit ent­spre­chen­den Über­schrif­ten ab. Die Texte stel­len grund­le­gende The­men vor und brin­gen die Inhalte kurz und knapp auf den Punkt.

Der erste Essay

Der Text „Zwi­schen Todes­sehn­sucht und Deka­denz – Der bel­gi­sche Sym­bo­lis­mus“ von Ralph Gleis gibt einen erwei­ter­ten Über­blick über die Zeit des Sym­bo­lis­mus. Dabei wer­den nicht nur der Wan­del in Wirt­schaft, Tech­nik, Wis­sen­schaft, Gesell­schaft und Kul­tur ange­spro­chen, son­dern auch die Kunst­schaf­fen­den in den Blick genom­men. Gleis geht auf die Kunst­zen­tren Bel­gien und Paris ein – zum Bei­spiel in Bel­gien auf die 1883 gegrün­dete Gruppe „Les XX“ und in Paris auf den 1884 erschie­ne­nen Schlüs­sel­ro­man „A rebours“. Dabei wird noch­mal deut­lich, dass die Lite­ra­tur einen ebenso wich­ti­gen Stel­len­wert hatte, jedoch wird im Rah­men der Aus­stel­lung und des Kata­lo­ges der Fokus mehr auf die Bil­dende Kunst des Sym­bo­lis­mus gelegt.

Eben­falls wird „der Kunst­trans­fer mit dem deutsch­spra­chi­gen Raum“ bespro­chen und erklärt, dass „die The­men (der Werke) im Grenz­be­reich zwi­schen Traum und Rea­li­tät, Unbe­wuss­tem und Bewuss­tem“ lie­gen. Im Sym­bo­lis­mus fand somit eine ver­stärkte Aus­ein­an­der­set­zung mit der mensch­li­chen Psy­che und dem See­len­le­ben statt. Des Wei­te­ren wer­den die hete­ro­ge­nen Schaf­fens­pro­zesse und viel­fäl­tige Bild­mo­tive die­ser Strö­mung aufgezeigt.

Im letz­ten Abschnitt des Essays wird eine Ent­wick­lungs­einordung zwi­schen den Epo­chen vor­ge­nom­men – von Vor­bil­dern, Wider­auf­nah­men bis zu Rück­be­zü­gen. Aller­dings bleibt offen, ob der Sym­bo­lis­mus auch für sich ste­hen kann, viel­leicht als ein Zeug­nis sei­ner Zeit, ohne ihn als alter­na­tive Moderne in einem kunst­his­to­ri­schen Schema ver­or­ten zu müs­sen. Zudem wären gezielte Bei­spiele, die diese Ver­or­tun­gen bele­gen oder auf­zei­gen, für eine bes­sere Nach­voll­zieh­bar­keit für Lesende hilf­reich gewesen.

Wei­tere Essays

Es schlie­ßen sich sie­ben wei­tere kunst­wis­sen­schaft­li­che Texte an, die sich mit dem euro­päi­schen Kon­text, den Aus­stel­lun­gen von Les XX und La Libre Ethé­tique, den Ursprün­gen in Bel­gien, der Rezep­tion des Mit­tel­al­ters, den deutsch-bel­gi­schen Wech­sel­be­zie­hun­gen im Fin de Siè­cle und der Buch- und Illus­tra­ti­ons­kunst beschäf­ti­gen. Somit wer­den unter­schied­li­che Per­spek­ti­ven auf die Werke des Sym­bo­lis­mus und Ver­tie­fun­gen von spe­zi­fi­schen Aspek­ten geboten.

Aus­stel­lungs­be­such

Am letz­ten Besu­cher­tag, den 01.11.20, bevor auch die Staat­li­chen Museen zu Ber­lin wegen des Lock­downs schlie­ßen muss­ten, waren viele Men­schen vor Ort. Wahr­schein­lich, weil einige Besucher*innen noch die Mög­lich­keit aus­schöp­fen woll­ten, die Werke zu betrach­ten. Es war teils recht eng, was auch an ein­zel­nen schma­len Räum­lich­kei­ten im Museum liegt.

Augen­fäl­lig war, dass die Kate­go­ri­sie­run­gen in der Aus­stel­lung wie im Kata­log erfolg­ten. Bil­der wur­den zusam­men­ge­fasst unter Über­schrif­ten wie „Die Frau als Rät­zel, Ren­dez­vous mit dem Tod und Erträumte Natur“. Auch Text­pas­sa­gen waren dazu auf bedruck­ten Auf­stel­lern vorhanden.

Ziel­pu­bli­kum

Die Aus­stel­lung sowie der Kata­log „Deka­denz und dunkle Träume – Der bel­gi­sche Sym­bo­lis­mus“ ist beson­ders emp­feh­lens­wert für alle Kunst­lieb­ha­ben­den. Die im Kata­log ste­hen­den Essays rich­ten sich an eine erfah­rende Ken­ner­schaft der Kunst­ge­schichte. In die­sen Tex­ten ver­mit­teln Expert*innen ihr kunst­wis­sen­schaft­li­ches Wis­sen. Dar­über hin­aus bie­ten die ein­sei­ti­gen Zwi­schen­texte im Abbil­dungs­ka­ta­log für Ein­stei­ger und Inter­es­sierte einen Über­blick über den bel­gi­schen Sym­bo­lis­mus. Diese Texte sind ein­fach gehal­ten und dadurch leicht zugäng­lich. Gene­rell wer­den alle Werke der Aus­stel­lung im Abbil­dungs­ka­ta­log ein­sei­tig gezeigt, der somit einen guten Über­blick bietet.

Mehr Infor­ma­tio­nen zur Aus­stel­lung fin­det ihr hier.

Deka­denz und dunkle Träume – Der bel­gi­sche Sym­bo­lis­mus. Ralph Gleis, Hans Kör­ner, Jane Block u.a. Hir­mer. 2020.

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