Der Bratapfel

by Bücherstadt Kurier
Bild: chef​koch​.de

Kin­der, kommt und ratet,
was im Ofen bratet!
Hört, wie’s knallt und zischt.
Bald wird er aufgetischt,
der Zip­fel, der Zap­fel, der Kipfel,
der Kap­fel, der gelb­rote Apfel.

Kin­der, lauft schneller,
holt einen Teller,
holt eine Gabel!
Sperrt auf den Schnabel
für den Zip­fel, den Zapfel,
den Kip­fel, den Kapfel,
den gold­brau­nen Apfel!

Sie pus­ten und prusten,
sie gucken und schlucken,
sie schnal­zen und schmecken,
sie lecken und schlecken
den Zip­fel, den Zapfel,
den Kip­fel, den Kapfel,
den knusp­ri­gen Apfel.

Die­ses volks­tüm­li­che baye­ri­sche Gedicht war eines der weni­gen, die meine Groß­mutter aus­wen­dig konnte. Dazu muss man fest­hal­ten: Ihr Bücher­be­stand umfasste die Bibel, ein altes Rezept­buch, das sie jedoch nie brauchte, und drei oder vier Gang­ho­fer-Romane. Sie liebte andere „geis­tige“ Genüsse, aber nicht das Lesen.
Dafür war meine Groß­mutter eine begna­dete Köchin. Die Liebe zu ihr ging wirk­lich unmit­tel­bar über den Magen und alle Geschmacks­sinne. Als Kind war sie in Nie­der­bay­ern in ärm­lichs­ten Ver­hält­nis­sen auf­ge­wach­sen. Schon mit zwölf Jah­ren kam sie in einen Haus­halt als Hilfe. Spä­ter dann – in den 1930ern – wurde sie Küchen­hilfe in einem Hotel bei Gar­misch-Paten­kir­chen und stieg sogar zur Bei­kö­chin auf. In dem Hotel schnup­perte sie den Hauch der „gro­ßen wei­ten Welt“: Greta Garbo huschte an ihr vor­bei, ebenso ein­mal die Diet­rich. Lei­der aber auch der öster­rei­chi­sche Anstrei­cher mit dem komi­schen Bart. Ob ihr das Ein­druck gemacht hat? Gespro­chen hat sie so wenig wie gelesen.
Sie ließ lie­ber ihre Süß­spei­sen spre­chen. Und an Weih­nach­ten waren das die berühm­ten Brat­äp­fel. Ein Rezept dazu möchte ich Euch in der Weih­nachts­zeit schenken:

Brat­äp­fel

4 Äpfel
50 g Mandelsplitter
50 g Rosinen
4 TL Honig
1 Prise Zimt
etwas Margarine

Äpfel waschen, das Kern­ge­häuse herausstechen.
Man­deln, Rosi­nen, Honig und Zimt vermischen.
Fül­lung in die Öff­nung der Äpfel hineindrücken.
Äpfel in eine gefet­tete Auf­lauf­form legen und auf
jeden Apfel ein Stück­chen Mar­ga­rine geben. Im
vor­ge­heiz­ten Back­ofen bei 200° C circa 25 Minu­ten backen.

Bir­git von Sätze&Schätze

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3 comments

fabellchen 8. Dezember 2013 - 7:50

Grins.. neu­lich waren wir Essen. Auf dem Tel­ler thronte ein Brat­ap­fel .. nun, den kennt ja jeder. Aber ich erin­nerte mich noch aus mei­ner Kind­heit (hüs­tel .. mehr als 30 Jahre her) an eine LP .. lau­ter Geschich­ten zur Weih­nachts­zeit, wo genau die­ses Gedicht vom Brat­ap­fel drauf war und so rezi­tierte ich aus dem Steh­greif mal ein paar Zei­len. ... mein Männe, völ­lig plan­los (kennt keine Mär­chen oder ähn­li­ches) guckte mich an, als zwei­felte er an mei­nem Ver­stand, da ich Worte wie „Kip­fel, Kap­fel...“ vor mich hin brabbelte 😉

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Bücherstadt Kurier 8. Dezember 2013 - 10:27

Hahaha! Das ist wit­zig! 😀 [Alexa]

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Dorothea Ender 8. Dezember 2013 - 18:07

Es knis­tert im Holz­ofen und duf­tet nach Brat­ap­fel. Zum Glück, die Holz­öfen sind wie­der “ in“ ! Das Wohl­ge­fühl in der kal­ten dunk­len Jah­res­zeit hat wie­der eine Chance !

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