Der frühe Wurm fängt den Vogel

by Bücherstadt Kurier

Der frühe Wurm fängt den Vogel

Lass mich dir ein Lied singen,
lass deine Federn zur Melo­die schwingen,
lass mich dich ver­füh­ren von allen Dingen,
lass mich dich weit fort von hier bringen.

Ich will dir ein Geschenk machen
und stell mich ins Geäst zu wachen.
Dass Glück mich lenkt und für mich lacht,
bestell ich mir beim West­wind. So halb acht
fällt mir auf, dass end­lich aus dem Loch
der Wurm auf­taucht und ich denk bei mir:
„Wie’n Sturm musst du jetzt sein und stark rotieren!“
Blit­zen­schnell saus ich dann run­ter, bin total agil
und flitz zum Wurm, gelen­kig und gepresst. Lei­der abgeschmiert.

„Das macht doch nichts“,
sagst du zu mir.
„Ich liebe dich“,
sag ich zu dir.

Gleich am nächs­ten Tag bin ich wie­der bei ihm da,
will das Würm­chen für dich fan­gen. Oh, wie ich dich mag,
süßes Mei­schen Anke. Ich liege auf der Lauer,
doch das Würm­chen ist so zag. Wie lang soll das hier dauern?
Ich steh vor sei­nem Häus­chen und spähe noch genauer
hin­ein ins öde Dun­kel, wo mir Zähne mei­nen Kiel zerhauen.
Mist, ich heule und er mun­kelt: „Oh ja, der frühe Wurm …“
– „Bei dir piept’s wohl, du Vogel!“ Was bin ich stinksauer.
So kehr ich dann nach Haus, keine Federn und kein Mahl.

„Das macht doch nichts“,
sagst du zu mir.
„Ich liebe dich“,
sag ich zu dir.

Du bist so lieb zu mir,
ich schmus dich an.
Du bist die beste Meisin,
ich halt dich nah.

Jan Lau­meier
Illus­tra­tion: Buch­stap­le­rin Maike

Ein Bei­trag zum Pro­jekt 100 Bil­der – 100 Geschich­ten – Bild Nr. 25.

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