Der Magen liest mit

by Bücherstadt Kurier

der-grosse-glanderEs ist wirk­lich nicht fair, wenn ein Roman gespickt ist mit expli­zit beschrie­be­nen Menüs. Das macht meis­tens hung­rig. Zum Glück hat Zei­len­schwim­me­rin Ronja das Buch trotz­dem nicht aus Ver­zweif­lung aufgegessen.

Der junge Gus­tav Glan­der erhält unver­hofft ein Sti­pen­dium für ein Kunst­stu­dium in New York. Seine Begeis­te­rung für Essen steckt in allen sei­nen Bil­dern und macht ihn in kur­zer Zeit berühmt. Eines Tages jedoch ver­schwin­det Glan­der von einer Ver­nis­sage und taucht nie wie­der auf.
Jahre spä­ter sitzt der Kunst­kri­ti­ker Gerd Mön­ning­haus mit sei­ner Frau in einem Restau­rant und meint in dem bär­ti­gen Mann am Nach­bar­tisch eben jenen ver­schwun­de­nen Künst­ler wie­der­zu­er­ken­nen. Mön­ning­haus beginnt Nach­for­schun­gen anzu­stel­len, die ihn bis nach New York führen.

Essen ist auch Kunst. Wer es nicht schon vor­her wusste, lernt es viel­leicht durch den gro­ßen Glan­der. Essen ist ein zen­tra­ler Punkt des Romans. Es wird geges­sen, es wird gekocht, es wird Essen gemalt. Abseits des Essens geht es natür­lich eigent­lich um den ver­schwun­de­nen Glan­der. Das ist ein span­nen­der Hand­lungs­strang, der ohne Blut­ver­gie­ßen oder Ver­fol­gungs­jag­den aus­kommt. Aller­dings fehlt der gewisse Kick.
Das liegt zum einen daran, dass es keine groß über­ra­schen­den Wen­dun­gen zwi­schen­drin gibt. Zum ande­ren durch­bre­chen Hin­ter­grund­ge­schich­ten ein­zel­ner Figu­ren immer wie­der den Erzähl­strang, ohne dabei im Zusam­men­hang mit der eigent­li­chen Geschichte zu ste­hen oder wich­tige Infor­ma­tion zu liefern.
Der Haupt­er­zähl­strang ent­hält eben­falls Zeit­sprünge, die erst ein­mal über­ra­schen – da unan­ge­kün­digt –, dann dem Roman mehr Reiz geben und so das Feh­len von uner­war­te­ten Wen­dun­gen etwas aus­glei­chen. Vom Inhalt ein­mal abge­se­hen, liegt das Buch wegen des Lei­nen­ein­bands ganz aus­ge­zeich­net in der Hand. Die schlichte Gestal­tung der auf­ge­druck­ten Schrift macht es dazu sehr ansprechend.

„Der große Glan­der“ ist weni­ger ein Kri­mi­nal­fall, wie der Klap­pen­text eher ver­mu­ten lässt, als viel­mehr eine Art Lebens­ge­schichte mit kuli­na­ri­schem Akzent. Durch die gefäl­lige, wenn auch nicht immer ganz flüs­sige Schreib­weise ist es gut zu lesen. Ein Roman für zwi­schen­durch, aber nicht mit lee­rem Magen.

Der Große Glan­der. Stevan Paul. Mai­risch Ver­lag. 2016. www​.mai​risch​.de

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