Der Sprach-Wunsch-Punsch

by Bücherstadt Kurier

Es ist satanar­chäolü­ge­ni­al­ko­h­öl­lisch: Egal ob im Super­markt, im Chat, in Büchern oder in der Musik. Sie ver­ste­cken sich hin­ter harm­lo­sen Lau­ten und Bedeu­tun­gen, lau­ern im Dun­keln bis sie einen Moment der Unacht­sam­keit nut­zen kön­nen. Und dann – ehe wir uns ver­se­hen – haben wir schon einen Angli­zis­mus auf der Zunge.

Die deut­sche Spra­che wird immer wei­ter ver­setzt von den Lehn­wör­tern im Eng­li­schen. Zu sehr, fand der Ver­ein Deut­scher Spra­che und ernannte den Duden zum „Sprach­pan­scher des Jah­res 2013“, mit der Begrün­dung: „Wer in einem Wör­ter­buch der deut­schen Spra­che als Ersatz für Fuß­ball den lächer­li­chen Ange­ber-Angli­zis­mus ‚Soc­cer‘ vor­schlägt, hat es nicht bes­ser verdient.“

Auch die neu­es­ten Ergän­zun­gen zum Oxford Dic­tion­ary erschei­nen kurios. In Zukunft kann man „Emoji“ (a small digi­tal image or icon used to express an idea or emo­tion in elec­tro­nic com­mu­ni­cation) und „FOMO“ (anxiety that an exci­ting or inte­res­ting event may cur­r­ently be hap­pe­ning else­where, often arou­sed by posts seen on a social media), genauso wie „srsly“ (short for seriously) in der Fibel zur eng­li­schen Spra­che nach­schla­gen. Haben die es „bes­ser ver­dient“, dass sie den Weg in eines der bedeu­tends­ten Wör­ter­bü­cher gefun­den haben?

Das Oxford Eng­lish Dic­tion­ary, kurz OED, beweist damit, dass Wör­ter­bü­cher nicht bloß ein Kurio­sum für Bes­ser­wis­ser und kno­wi­talls dar­stel­len oder ein Para­dies für Sprach- und Fremd­wort­fe­ti­schis­ten. Genauso wenig brauen sie satanar­chäolü­ge­ni­al­ko­h­öl­li­sche Wunsch­pun­sche nach Michael Ende.

Im Gegen­teil; Wör­ter­bü­cher fol­gen dem Puls der Zeit, und fan­gen die klei­nen Abwei­chun­gen und Ände­run­gen von Bedeu­tun­gen – zumin­dest im Falle des OED – genau ein. Sie doku­men­tie­ren wie Seis­mo­gra­phen die Lau­nen der Spra­che. Viel­leicht doku­men­tie­ren sie nicht nur dies: auch die Art, wie Worte gebracht wer­den, sagt etwas über uns aus. „Comi­cal“ hatte etwa gegen 1100 eine nega­tiv kon­no­tierte Bedeu­tung („epi­lep­tisch“). Wer weiß, ob „twerk“ oder „squee“ sich in Shake­speares Nach­bar­schaft wohl­füh­len und auch eine andere Bedeu­tung annehmen.

Die Tie­fen des Inter­nets bie­ten uns einen gro­ßen Zuta­ten­schrank, um unsere eige­nen Begriffe und Aus­drü­cke zu bas­teln. Was die „Rein­heit“ von Spra­che angeht sei es nun jedem ein­zel­nen selbst über­las­sen, ob er in sei­ner All­tags­spra­che Klin­go­nis­men oder Lati­nis­men ver­wende – im Berufs­le­ben wir­ken die Gren­zen der Sprache(n) noch stärker.

Und, habt ihr auch schon eure Spra­che gewunschpunscht?

Erika

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2 comments

Büchernische 19. Juni 2014 - 9:27

Ich finde es stel­len­weise schon sehr kurios, wie sehr das Deng­lisch Ein­zug gehal­ten hat. Klar, wir leben in einer moder­nen Gesell­schaft und Eng­lisch ist die welt­weit am häu­figs­ten gespro­chene Spra­che, ist wich­tig für den Berufs­all­tag und auch, wenn man gerne eng­li­sche Bücher liest so wie ich. Aber es sollte die deut­sche Spra­che nicht ver­drän­gen. Die deut­sche Spra­che ist doch eine schöne Spra­che. Ich ertappe mich aber um ehr­lich zu sein auch oft genug bei der Nut­zung von Anglizismen 😉
Die Spra­che ent­wi­ckelt sich wei­ter, auf der gan­zen Welt. Sol­che Wörte wie “Srsly” finde ich aber nun doch schon sehr selt­sam, was haben sol­che Social­me­dia-Aus­drü­cke im Wör­ter­buch zu suchen?
Hmmm…
Liebe Grüße
Sandra

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Bücherstädterin E. 19. Juni 2014 - 18:01

Als Inter­net­nut­zer beginnt man irgend­wie auto­ma­tisch, Angli­zis­men, Abkür­zun­gen und die übli­chen Halb­sätze und manch­mal auch Meme-Anspie­lun­gen zu über­neh­men. Ich bin mir nicht sicher, ob dies nun auch in der Spra­che der “rea­len” Welt über­nom­men wer­den sollte: die Kom­mu­ni­ka­tion via Kür­zel und selt­same Wort­ge­bilde mag im Platz­spa­rer-Haus­halt der SMS noch ganz will­kom­men sein (wer will schon für zwei der Text­mit­tei­lun­gen zah­len, wenn er alles auf eines kom­pri­mie­ren kann?), aller­dings finde ich es äußerst unsym­pa­thisch, wenn ich von jeman­dem “ASAP” oder ähn­li­ches zu hören bekomme. Da ist meine Wenig­keit ein­fach noch altmodisch.
Die Rolle von Wör­ter­bü­chern für das Abbil­den von Gesell­schafts­um­brü­chen ist ein span­nen­des Thema: es gibt auch sozio­lo­gi­sche Stu­dien zu sich ver­än­dern­den Ver­hal­tens­wei­sen anhand der Knig­ges der ver­schie­de­nen Zeit­al­ter. Wer weiß, viel­leicht erscheint bald die nächste, die sich mit dem Wan­del von AGB-Tex­ten im Inter­net befasst.. 🙂
Liebe Grüße
Bücher­städ­te­rin Erika
(Apropo Kom­pri­mie­rung: ein Arti­kel zum ers­ten Mikro­chip, der in Kürze ver­stei­gert wer­den soll, brachte mich heute bei mei­nem Mor­gen­kaf­fee zu einer wei­te­ren Über­le­gung: Kom­pri­mie­ren wir unsere Leben viel­leicht nicht zu viel? Aber das ist viel­leicht ein Thema für einen ande­ren Gedankenkrümel.)

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