„Der unausweichliche Tod ist für Kinder zu hart“

Der Kin­der­mann Ver­lag hat in sei­ner Reihe „Poe­sie für Kin­der“ Theo­dor Fon­ta­nes Gedicht „Die Brück‘ am Tay“ her­aus­ge­ge­ben. Geschich­ten­be­wah­re­rin Michaela liest gerne Fon­tane, aber es man­gelt ihr an Erfah­rung mit Kin­dern. So hat sie zwei Müt­ter zurate gezogen.

In „Die Brück‘ am Tay“ schreibt Theo­dor Fon­tane über ein rea­les Zug­un­glück, das sich 1879 in Schott­land ereig­nete. In einer stür­mi­schen Nacht stürzte die Firth-of-Tay-Brü­cke in dem Moment ein, als ein Zug dar­über fuhr. 75 Men­schen kamen dabei ums Leben.

Die Bal­lade und die Tech­nik­gläu­big­keit der Zeit

In Theo­dor Fon­ta­nes Bal­lade spie­gelt sich die Tech­nik­gläu­big­keit sei­ner Zeit wider. Die Bal­lade baut sich span­nend auf. Fon­tane beginnt mit den Hexen, die er von Shake­speares Mac­beth ent­leiht. Die Brück­ners­leut‘ erwar­ten ihren Sohn mit dem Zug aus Edin­burgh. Sie machen sich Sor­gen. Es ist dun­kel, stürmt und reg­net. Doch die Pas­sa­giere, auch ihr Sohn, sind nicht im Gerings­ten beun­ru­higt. Was soll schon pas­sie­ren, die Loko­mo­tive wird es schaf­fen. Man amü­siert sich über die schwie­ri­gen Flus­s­über­que­run­gen ver­gan­ge­ner Jahre und ist stolz auf die neue Brü­cke. Doch das Unglück geschieht. Der hef­tige Sturm, die schlechte Kon­struk­tion und der schwere Zug brin­gen die Brü­cke zum Ein­sturz. Und die Hexen ver­ab­re­den sich zu einem nächs­ten Treffen.

Das Buch

Die Illus­tra­tio­nen von Tobias Krejt­schi zei­gen das indus­tria­li­sierte Groß­bri­tan­nien. Die Figu­ren sind etwas kan­tig, aber gut gezeich­net, die Bil­der in gedeck­ten Vio­lett­tö­nen und Schwarz gehal­ten. Das macht die Illus­tra­tion der Hexen beson­ders erschre­ckend, die Mas­ken tra­gen und von denen min­des­tens eine aus Metall zusam­men­ge­nie­tet ist. Zu Beginn sehen wir typi­sche Attri­bute der Hexen. Zum Bei­spiel einen Kes­sel, eine Kröte und ziem­lich auf­fäl­lig eine Fisch­gräte mit Kopf. Am Ende ist noch ein­mal eine Dop­pel­seite mit den Hexen zu sehen. Dies­mal hält jede von ihnen ein Zahn­rad in der Hand. Auf der fol­gen­den Dop­pel­seite, ganz in lila gehal­ten, sieht man die Lok unter Was­ser und die Bal­lade ist dort noch ein­mal im Gan­zen zu lesen.

Die Mei­nung der Mütter

Für eine fach­li­che Mei­nung habe ich das Buch zwei Müt­tern von je zwei Kin­dern, Grund­schul­an­fän­gern bis zu einer Zwölf­jäh­ri­gen, vor­ge­legt. Es han­delt sich um keine fröh­li­che Geschichte, aber das Buch lädt Kin­der auch nicht dazu ein, es in die Hand zu neh­men, fin­den die bei­den Müt­ter. Für eine Zwölf­jäh­rige ist das Buch zu düs­ter, für jün­gere Kin­der schon gar. Die Hexen als Sinn­bild für den Tod sind furcht­ein­flö­ßend gezeich­net und sug­ge­rie­ren, dass nach dem Tod Grau­en­vol­les auf die Ver­stor­be­nen war­tet. In bei­den Fami­lien wir der Tod nicht tabui­siert. Die Kin­der wis­sen, er ist trau­rig und nicht immer leicht. Obwohl der Ver­lag das Buch für Kin­der ab 5 Jah­ren emp­fiehlt, sagen die befrag­ten Müt­ter, dass der im Buch dar­ge­stellte „unaus­weich­li­che Tod zu hart für Kin­der ist.“

Die Brück‘ am Tay. Theo­dor Fon­tane. Illus­tra­tion Tobias Krejt­schi. Kin­der­mann Ver­lag. 2020.

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