Diagnose: bibliophil

by Bücherstadt Kurier

Dia­gnose: bibliophil

Es stürmt und wettert,
es tobt ganz fürchterlich
und reg­net wie zu Sintflut-Zeiten
Der Wind schleicht wie ein Dieb ums Haus
und heult den Mond an,
den er doch eigent­lich unmög­lich sehen kann
Und er ver­steckt sich im Kamin
und ver­sucht, mich zu erschrecken
wie ein altes Schlossgespenst

Der Fern­se­her hat längst den Geist aufgegeben
die Antenne ist hinüber
doch so ist es mir eh viel lieber
die­sen Hype um Film&Co
habe ich noch nie verstanden

Ein Sir­ren und das Licht geht aus
der Strom­aus­fall ist überfällig
doch bald brennt ein Feuer im Kamin
und ich bau‘ mir eine Lese-Ecke
mit Kerzenschein
und Tee
und Schat­ten­spie­len an der Wand

Kat­zen­pfo­ten schlei­chen näher
Mr. Darcy schnurrt zufrieden
und rollt sich an mei­ner Seite ein
wie alle sei­ner Art
ein Meis­ter des Genießens

Ich strei­che über den ver­gilb­ten Rücken
und die ver­grif­fe­nen Seiten
mei­nes Lieblingsmärchens
und lese – wie schon hun­dert­mal zuvor –
von einem Winterabend
in einem ver­zau­ber­ten Schloss

Ganz wie Belle träume auch ich
von Büchern, Wäl­zern, Bibliotheken
doch warum? ich überlege
als eine Stimme zu mir spricht:

„Spürst du es nicht auch
Manchmal
die­ses leichte leise Kribbeln
wie ein elek­tri­scher Schlag
Deine Augen gebannt
Dein Atem stockt
Dein Herz, es staunt
Ein „Fie­ber“ schießt durch deine Adern
– du stehst der Bücher-Seele gegenüber

ein uraltes ver­bor­ge­nes Geheimnis
ein Herzschlag
einer Berüh­rung gleich
ein Atem­zug, ein Duft und Wärme
die alt­ver­traute Geborgenheit...“

Und plötz­lich wird es wahr,
das Märchen

Text: Sil­via
Illus­tra­tion: Lara

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