Die Axt im Blumenstrauß

by Bücherstadt Kurier

Zeit­gleich zum neuen Kino­film über den Akti­vis­mus und die Kämpfe der Suf­fra­get­ten in Groß­bri­tan­nien nimmt sich auch die Gra­phic Novel „Votes For Women“ von Mary Tal­bot (Egmont) den Anfän­gen der Frau­en­rechts­be­we­gung an. Kein leich­tes Thema, aber Buch­stap­le­rin Maike fin­det, hier ist ein scho­nungs­lo­ser aber wich­ti­ger Über­blick geschaf­fen worden.

Votes for womenWäh­rend sich im Eng­land zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts die Woman’s Social and Poli­ti­cal Union grün­det, die das Frau­en­wahl­recht mit zum Teil extre­men Mit­teln ein­for­dert, kann Dienst­mäd­chen Sally sich nur schwer eman­zi­pie­ren. Doch es gelingt, denn obwohl ihr Bil­dung und soziale Stel­lung feh­len, brennt in ihr der Drang nach Ver­än­de­rung. Sie wird bald selbst zur Kämp­fe­rin, für die Stö­rung der öffent­li­chen Ord­nung, Gefäng­nis, Hun­ger­streik und sogar Bom­ben­an­schläge nicht fremd werden.

Obwohl die Prot­ago­nis­tin Sally fik­tiv ist, sind die dar­ge­stell­ten Ereig­nisse so pas­siert und für die Gra­phic Novel auf­be­rei­tet. So glei­tet die Story zwi­schen Geschichts­stunde und per­sön­li­chem Schick­sal hin und her, wobei nicht immer klar wird, wor­auf der Fokus lie­gen soll. Für einen umfas­sen­den Blick auf die Suf­fra­get­ten­be­we­gung wird man etwas zu unvor­be­rei­tet in das chao­ti­sche Gesche­hen gewor­fen und Sal­lys eige­ner Lebens­weg wirkt stel­len­weise pla­ka­tiv. Es ist nicht immer klar, wo sie eige­nen Wil­len zeigt und wo sie Mit­läu­fe­rin ist. Den­noch wird ihre Eman­zi­pa­tion ein­dring­lich geschil­dert und ver­deut­licht die Bedeu­tung von Bil­dung und eigen­stän­di­gem Denken.
An Sally, die sich ihren Platz zwi­schen den Wider­stands­kämp­fe­rin­nen sucht, wird so eini­ges ver­han­delt. So blei­ben Klas­sen­un­ter­schiede oft unhin­ter­fragt. Und auch zwi­schen den Frau­en­recht­le­rin­nen gibt es Unstim­mig­kei­ten und Zer­würf­nisse. Das lässt die pro­mi­nen­ten Figu­ren mensch­li­cher wir­ken und deu­tet ebenso an, dass auch his­to­ri­sche Erfolge mit kri­ti­schem Auge betrach­tet wer­den müs­sen. Ein Appen­dix mit Anmer­kun­gen hilft dabei, die Sta­tio­nen der Gra­phic Novel bes­ser zu ver­ste­hen und regt zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen an.

Die Zeich­nun­gen ste­chen sofort ins Auge. Mit brei­ten schwar­zen Kon­tu­ren, redu­zier­ten Figu­ren und haupt­säch­lich in Grau­tö­nen colo­riert, wird Farbe spar­sam, aber bedeu­tungs­voll ein­ge­setzt. Beson­dere Figu­ren und Gegen­stände tre­ten in den Vor­der­grund. Natür­lich ist da die Prot­ago­nis­tin Sally, dere001-192_5527_1A_EGN_VOTES_FOR_WOMEN.IND7n oran­ge­ro­tes Haar sie in jedem Panel her­vor­hebt. Aber auch andere Figu­ren wer­den so iden­ti­fi­zier­bar: Emmeline Pankhurst etwa ist immer blass­vio­lett geklei­det. Die Far­ben der WSPU wer­den in Ban­nern oder Pla­ket­ten zur Schau gestellt, und auch Feuer und Blut bekom­men ihren Platz zwi­schen dem typi­schen Lon­do­ner Grau.
Die Gra­phic Novel ist durch­zo­gen von den unter­schied­lichs­ten Medien, die neue Ebe­nen öff­nen. Wahl­pla­kate, Ban­ner und Zei­tungs­ar­ti­kel ver­voll­stän­di­gen, was in der Figu­ren­rede ange­deu­tet wird. Bewe­gend ist, dass Sal­lys Zeit als Suf­fra­gette ein­ge­rahmt ist von Sze­nen, die sie als alte Frau im Pfle­ge­heim zeigt. Es mischen sich Nost­al­gie und Hoff­nung für kom­mende Genera­tio­nen. Dass jetzt erneut auf gut hun­dert Jahre west­li­che Frau­en­rechts­be­we­gung geblickt wird, macht nicht zuletzt deut­lich, dass auch heute noch ein lan­ger Weg zu gehen ist. Ein Marsch viel­leicht, doch ob mit den Mit­teln der Suf­fra­get­ten, muss man für sich selbst urteilen.

Votes For Women: Der Marsch der Suf­fra­get­ten. Mary M. Tal­bot, Kate Charles­worth, Bryan Talbot.
Aus dem Eng­li­schen von Johanna Wais. Egmont Gra­phic Novel. 2015.

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