Die Hex‘ geht um

by Geschichtenerzähler Adrian

Mit „The VVitch“ wollte Robert Eggers als Regis­seur und Dreh­buch­au­tor 2015 eine düs­tere Geschichte über Reli­gion und Hexe­rei prä­sen­tie­ren. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian hat sich davon über­zeugt, ob ihm das gelun­gen ist.

Der Film beginnt um das Jahr 1630 – zehn Jahre nach­dem die May­flower die ers­ten Sied­ler nach Ame­rika brachte – in einem Dorf in den neuen ame­ri­ka­ni­schen Kolo­nien. Dort fin­det ein Kir­chen­pro­zess gegen den streng­gläu­bi­gen Wil­liam statt, wel­cher dazu führt, dass Wil­liam und seine Fami­lie das Dorf ver­las­sen müs­sen. Sie fin­den in der Nähe eines Wal­des ein neues Zuhause. Dort sol­len sie getreu nach der Bibel leben und beten.
Jedoch stellt die Fami­lie bald fest, dass ein Schat­ten über die­sem Land liegt und dem angren­zen­den Wald. Mit dem Ver­schwin­den des Babys Samuel vor den Augen sei­ner Schwes­ter Tho­ma­sin beginnt ein unheim­li­cher Spuk, der die Fami­lie heim­sucht und lang­sam in den Wahn­sinn treibt. Das Vieh und die Wald­tiere beneh­men sich selt­sam und die Zie­gen­milch wird zu Blut. Eine Hexe scheint umzu­ge­hen und unter den Fami­li­en­mit­glie­dern beginnt nun immer grö­ßere Zwie­tracht zu herr­schen. Mehr und mehr ver­dich­tet sich der Ver­dacht, dass Tho­ma­sin, die älteste Toch­ter, die Hexe sei.

Reli­giö­ser Weltschmerz

Gleich vorab gesagt: Der Film ist ziem­lich mies. Dass er seine Geschichte sehr lang­sam erzählt, wodurch sich die 92 Minu­ten Lauf­zeit auf gefühlt zwei bis zwei­ein­halb Stun­den stre­cken, ist noch das kleinste Manko. Eher stößt einem schon der stark reli­giöse Welt­schmerz sauer auf, wel­cher in dem Film trans­por­tiert wird. Ich kann schon ver­ste­hen, dass solch eine reli­giöse Starr­köp­fig­keit zu die­ser Zeit Gang und Gäbe war – und man­cher­orts heut­zu­tage bestimmt noch immer ist – aller­dings denke ich, dass dies beim Groß­teil des heu­ti­gen Publi­kums eher auf Unver­ständ­nis trifft. Einem viel­leicht neun- oder zehn­jäh­ri­gen Jun­gen dabei zuzu­hö­ren, wie er die „Theo­rie“ der Erb­sünde aus der Bibel zitiert, sorgte bei mir schon für lachen­des Kopfschütteln.
Zudem sind die Cha­rak­tere – mal abge­se­hen von Tho­ma­sin – ziem­lich über­zeich­net. Neben dem reli­giö­sen Vater Wil­liam, dem indok­tri­nier­ten Sohn Caleb und der hys­te­ri­schen Mut­ter Kath­rin, gibt es noch die Zwil­linge Mercy und Jonas. Diese sagen die meiste Zeit des Films offen­sicht­lich sata­nisch anmu­tende Kin­der­reime vor sich hin, wel­che dem schwar­zen Zie­gen­bock der Fami­lie hul­di­gen. Und zu guter Letzt ist da noch die Sache mit der Hexe. Ohne viel spoi­lern zu wol­len, hät­ten dem Film mehr Geheim­nisse und Mys­tik ein­deu­tig gut getan. Schon recht früh wird klar, dass dort wirk­lich eine Hexe im Wald lebt, die Kin­der ent­führt und der Fami­lie scha­det. So kann sich der Zuschauer das Spe­ku­lie­ren schnell schen­ken, ob es eine Hexe in der Fami­lie gibt und wer es sein könnte.

Irgend­et­was Posi­ti­ves? Joa…

Posi­tiv sei zu erwäh­nen, dass das Cas­ting der Kin­der­dar­stel­ler gut gewählt ist. Dem jun­gen Caleb kauft man seine Rolle des got­tes­fürch­ti­gen Soh­nes gut ab und auch den Zwil­lin­gen sei ein Lob aus­ge­spro­chen, denn irgend­wann beginnt man diese bei­den anstren­gen­den Bäl­ger der­art zu has­sen, dass es bei­nah gut tut. Das klingt jetzt viel­leicht hart, aber ist durch­aus posi­tiv gemeint. Es ist im Grunde ver­gleich­bar mit Jack Glee­son als King Joff­rey aus Game of Thro­nes – nicht ganz so extrem, aber es kommt nahe daran.
Auch die Sze­ne­rie ist gut gewählt, sodass der Ort wenigs­tens etwas natür­li­che Mys­tik ver­sprüht, die dem Film ansons­ten groß­flä­chig fehlt. Anzu­mer­ken sind auch die bei­den – ob nun frei­wil­lig oder unfrei­wil­lig ent­stan­de­nen – Eas­ter Eggs. Zum einen die Hän­sel und Gre­tel-Anspie­lung, wenn die Kin­der des Nachts durch die dün­nen Wände des Hau­ses die Unter­hal­tung der Eltern mit­hö­ren, einige der Spröss­linge weg­zu­schi­cken, damit die Fami­lie über­le­ben kann. Das zweite Eas­ter Egg wäre die Ver­gif­tung von Caleb durch einen roten Apfel, wie in Schneewittchen.

Ein Fazit

Wem emp­fehle ich jetzt die­sen Film? Ganz ehr­lich: nie­man­dem. M. Night Shy­a­malan hätte den Film in sei­ner Tief­phase – ja, ich meine dich „The Hap­pe­ning“ – bes­ser hin­be­kom­men. „The VVitch“ ist in mei­nen Augen gro­ßer Mum­pitz und eine ziem­li­che Zeit­ver­schwen­dung. Wer ihn sich trotz­dem antun will, sel­ber schuld.

The VVitch – A New-Eng­land Folk­tale. Regie & Dreh­buch: Robert Eggers.
Mit u.a. A. Tay­lor-Joy, R. Ine­son, K. Dickie. Uni­ver­sal. USA et. al., 2015.

Ein Fund aus der Todes­stadt.

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1 comment

Aaron 22. Oktober 2017 - 0:54

Ich sehe eine Stärke darin, wenn kurze Filme es schaf­fen, eine Länge zu erzeu­gen, solange diese Länge auch gefüllt wird. Viel ent­täu­schen­der erlebe ich manch­mal 120-minü­tige „Block­bus­ter“, in denen nichts neues gebo­ten wird und die Tiefe ver­mis­sen lassen.
Für spon­tan-such­faule Lesende hier die Namen der zum Cas­ting erwähn­ten DarstellerInnen:
Har­vey Scrims­haw (Caleb)
Ellie Grain­ger (Zwil­ling Mercy)
Lucas Daw­son (Zwil­ling Jonas)

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