„Die Liebe sucht man sich nicht aus, mein Herz.“

by Worteweberin Annika

Wie viel liebt man in einem Leben? Oder bes­ser gesagt: Wie viele? Kurz zusam­men­ge­fasst ist es viel­leicht diese Frage, der Moni­que Schwit­ter in ihrem Roman „Eins im Andern“ nach­geht. Ein Roman, der auf der dies­jäh­ri­gen Short­list des Deut­schen Buch­prei­ses gelan­det ist. Zu Recht? Worte­we­be­rin Annika hat nachgelesen.

Ohne lange dar­über nach­zu­den­ken, gibt die Prot­ago­nis­tin des Romans eines Abends den Namen ihrer ers­ten Liebe in eine Such­ma­schine ein. Und als sie kurz dar­auf von sei­nem Selbst­mord liest, beginnt sie, die Ver­gan­gen­heit Revue pas­sie­ren zu las­sen. Gleich­zei­tig hat sie mit ihrer Gegen­wart zu kämp­fen, dem spiel­süch­ti­gen Ehe­mann, den Kin­dern, dem Hund, dem Leben. Doch in ihrem Hin­ter­kopf pocht es: Petrus. Andreas. Jakob. Johan­nes. Tho­mas. Natha­nael. Phil­ipp. Mathieu. Simon. Tade­usz. Das alles sind bloß Namen. Aber hin­ter ihnen steht mehr. Sei es nun die erste Liebe, eine Affäre, eine wilde Nacht in Ber­lin oder ein­fach nur die Idee von der Liebe. Und „Die Liebe sucht man sich nicht aus, mein Herz.“ Manch­mal hat man mit ihr ganz schön zu kämp­fen. Trotz­dem ist es nicht unmög­lich, mit ihr auch glück­lich zu wer­den. Oder?

Schwit­ters Roman ent­steht, wäh­rend man ihn liest. Die Prot­ago­nis­tin schreibt ihr Buch, und gleich­zei­tig schreibt das Buch ihr Leben. In einem Kapi­tel zum Bei­spiel erzählt sie, wie sie bei einer Lesung das erste Kapi­tel vor­stellt, und was sich dar­auf­hin in ihrem Leben ver­än­dert. So, wie die Geschichte bis zum Ende nicht weiß, wohin sie sich ent­wi­ckeln wird, hat auch der Leser nicht die lei­seste Ahnung. Das kann einen in den Bann schla­gen, kann mit­fie­bern las­sen und fes­seln. Manch­mal aber wirkt es etwas kon­stru­iert. Dann erschöpft sich die Erzäh­lung in Wie­der­ho­lun­gen, erfährt man zum zwei­ten Mal, was damals eigent­lich gesche­hen ist, als hätte die Prot­ago­nis­tin ver­ges­sen, es schon ein­mal berich­tet zu haben. Viel­leicht hat sie das ja sogar. Nicht zuletzt schwebt dadurch auch noch eine andere Frage über dem Roman: Wie viel ist hier erdich­tet, wie viel Wirklichkeit?

Letzt­end­lich ist „Eins im Andern“ wohl kein Meis­ter­werk, son­dern ein Roman mit eini­gen Schwä­chen, der aber auch von klu­gen Ein­fäl­len und einer fes­seln­den Spra­che durch­zo­gen ist. Da ist auch die Nomi­nie­rung für den Deut­schen Buch­preis ver­ständ­lich. Ob aber mehr draus wird? Die große Liebe wohl eher nicht.

Eins im Andern. Moni­que Schwit­ter. Dro­schl Ver­lag. 2015.

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