Die Rezeptur einer Spielwelt

by Bücherstädter Peter

Was braucht es, um eine Welt zum Leben zu erwe­cken, eine vir­tu­elle Welt, mit der wir Spie­len­den anders als in Film und Buch inter­agie­ren, die wir aktiv durch­su­chen und hin­ter­fra­gen kön­nen? Details! Code­jä­ger Peter meint jedoch damit nicht bloß jene Details, die den Spie­len­den am Rande ihres Sicht­fel­des oder im Hin­ter­grund einer Szene, in Neben­sät­zen prä­sen­tiert wer­den, son­dern jene, die viele gar nie­mals zu Gesicht bekom­men. Und exem­pla­risch für diese Art von sekun­dä­rem Wel­ten­bau­werk­zeug, das die Lücken zwi­schen dem Aben­teuer der Spie­len­den und der zu bele­ben­den Welt füllt, sol­len hier Koch­re­zepte stehen.

Was macht man mit Tie­ren, die es nur in der eige­nen Welt gibt und nir­gends sonst? Einer ima­gi­när gefähr­de­ten Spe­zies? Natür­lich kocht man Suppe dar­aus oder backt sie in Knö­del­teig ein. Zumin­dest ist es das, was mit dem viel besun­ge­nen Hag­fish in „Dis­ho­no­red geschieht. Was könnte bes­ser sein, um einer Welt Glaub­wür­dig­keit zu ver­lei­hen, als den Spie­len­den weis zu machen, dass die furchbar häss­li­chen Fische, wie sie an den Mark­stän­den Dun­walls bau­meln, ein­fach nur groß­ar­tig schme­cken. Hag­fish Quenel­les sind genau das, was die Welt des stre­cken­weise doch sehr linea­ren Ste­alth-Action-Sspiels braucht, um sich echt anzu­füh­len. Dass sich das Rezept (mit Ersatz­fisch­sorte) im Test der eng­li­schen Web­site Euro­ga­mer als durch­aus genieß­bar erwie­sen hat, spricht nur für die erzäh­le­ri­sche Kraft der haute cuisine.

Vor allem Online­rol­len­spiele kön­nen in ihrer inheren­ten, kom­ple­xen Mehr­spie­ler-Spiel­ele­men­ten geschul­de­ten Künst­lich­keit, jede Form von Glaub­wür­dig­keit für ihre Spiel­wel­ten gebrau­chen. „The Elder Scrolls Online““(kurz TESO) ist dabei ein Mus­ter­bei­spiel für kuli­na­ri­sches World­buil­ding. In jeder Ecke kön­nen die Spie­len­den in der Spiel­welt Tam­riel auf Koch­re­zepte sto­ßen, die die kul­tu­relle Ein­zig­ar­tig­keit des jewei­li­gen Teils des Impe­ri­ums greif­bar machen. Alle diese Rezepte kön­nen sogar online nach­ge­schla­gen wer­den und bis auf einige nicht exis­tente (und einige ein­fach nicht ess­bare) Zuta­ten, auf köst­li­che Art und Weise nach­ge­kocht wer­den. (Selbst­ver­such geglückt! – frit­tier­ter Salz­reis der Vollendung.)

Rezepte sind ein oft über­se­he­ner und im Spiel­de­sign ver­nach­läs­sig­ter Aspekt des Wel­ten­baues. Dabei ist Essen ein so wich­ti­ger Teil unse­res Lebens und jeder Kul­tur seit Men­schen­ge­den­ken. Nicht nur Dis­ho­no­red und TESO bewei­sen, dass die fik­tio­nale Exis­tenz einer kuli­na­ri­schen Kul­tur auch ohne, wie es durch­aus häu­fig der Fall ist, selbst eine Spiel­me­cha­nik dar­zu­stel­len, statt­des­sen bloß exis­tiert, um der Spiel­welt ein wenig Geschmack zu verleihen.

The Elder Scrolls Online, Stu­dio: Zen­imax, Publis­her: Bethesda, 2014, Plat­for­men: PC, Play­sta­tion 4, Xbox One. / Dis­ho­no­red, Dis­ho­no­red 2, Stu­dio: Bethesda, Publis­her: Bethesda, 2012/2016, Plat­for­men: PC, Play­sta­tion 4, Xbox One, Play­sta­tion 3, Xbox 360.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #lit­fut­ter. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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