Die Seele des Punk

by Bücherstadt Kurier

Mit PIL eröff­net die japa­ni­sche Zeich­ne­rin Mari Yama­zaki einen eher unbe­kann­ten Blick auf die Punk-Bewe­gung der Acht­zi­ger. Eine Com­ing-of-Age-Geschichte zwi­schen Japan und England...

1983: Der Punk erobert Eng­land und die ganze Welt. Harte, ehr­li­che Musik aus der Arbei­ter­klasse begeis­tert die jun­gen Wil­den. Nanami ist eine von ihnen. Die japa­ni­sche Ober­schü­le­rin träumt davon, in Lon­don zu leben und zu arbei­ten. Doch wie es bei Träu­men oft so ist, macht ihnen der All­tag einen Strich durch die Rech­nung – im wahrs­ten Sinne des Wor­tes. Denn Nanami lebt mit ihrem Groß­va­ter zusam­men und das Geld wird knapp, weil er es für unnütze Dinge ver­prasst. Nanami muss des­halb mehr Ver­ant­wor­tung über­neh­men als die meis­ten Mäd­chen in ihrem Alter. Um den Pro­ble­men des All­tags zu ent­flie­hen, beschallt sie sich mit Songs ihrer Lieb­lings­bands – allen voran Public Image Ltd. – und sucht Zuflucht in Punk-Knei­pen. Zur gro­ßen Sorge ihres Groß­va­ters: Ein Genera­ti­ons­kon­flikt bahnt sich an, der zwi­schen Streit und beid­sei­ti­ger Besorg­nis pendelt.

Yama­za­kis Gra­phic Novel – übri­gens „nor­mal“ von links nach rechts zu lesen – schafft es, Gegen­sätze mit­ein­an­der zu ver­söh­nen. Ost und West, Jung und Alt, Tra­di­tion und Moderne: Gren­zen erwei­sen sich plötz­lich als weni­ger stark aus­ge­prägt, als man glaubt. Ins­ge­samt ist es ein kurz­wei­li­ger, greif­ba­rer Blick in die Zeit und die Musik-Szene, der beweist, dass Punk mehr ist als ein aggres­si­ves Lebens­ge­fühl. Es ist auch ein Gefühl, das Men­schen verbindet.
Es ist fast schade, dass die Lek­türe so kurz ist. Man­che Fra­gen blei­ben offen, man­che Ant­wor­ten wer­den nur ange­deu­tet. Doch die Figu­ren zeich­nen sich durch Tiefe und Ori­gi­na­li­tät aus, leichte Über­zeich­nun­gen sor­gen für humo­ris­ti­sche Effekte. Optisch sticht die Gra­phic Novel aus den japa­ni­schen Manga kaum her­aus, was jedoch nicht nega­tiv gemeint ist. Redu­zierte Zeich­nun­gen mit einem Auge für Mimik und Ges­tik las­sen in die Story ein­tau­chen und Sym­pa­thie für Nanami und ihren Groß­va­ter empfinden.

Alles in allem bie­tet PIL einen span­nen­den Blick­win­kel, der Lust auf mehr macht. Sehr authen­tisch, von einer Autorin, die selbst eine Grenz­gän­ge­rin zwi­schen Ost und West ist.

Maike

PIL, Mari Yama­zaki, John Schmitt-Wei­gand (Über­set­zer), Carl­sen, 2014,
Alters­emp­feh­lung: ab 14 Jahren

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