„Dragon Age“: Politik, Magie und Weltenbau

by Bücherstädter Peter

In der Welt von The­das herrscht nie­mals Man­gel an län­der­ver­schlin­gen­den Gefah­ren, poli­ti­scher Intri­gen, zivi­li­sa­to­ri­scher Kon­flikte und Offen­ba­run­gen lang ver­ges­se­ner Geschichte. Drei­mal schickte Bio­ware die Spie­ler in der Rolle eines Hel­den wider Wil­len in den Kampf um den Fort­be­stand der Welt und ließ sie tie­fer und tie­fer in die Mys­te­rien hin­ter den Vor­komm­nis­sen in Ferel­den, Orlais, Kirk­wall und Co. ein­tau­chen. Von Code­jä­ger Peter

Welt am dau­er­haf­ten Abgrund

Die Rol­len­spiel­reihe im „Dra­gon Age“-Universum beginnt mit einer denk­bar ein­fa­chen Aus­gangs­lage: Alle paar Jahr­zehnte taucht eine Armee mor­den­der orkähn­li­cher Wesen namens Darks­pawn, unter Füh­rung eines Arch­de­mon, aus den Tie­fen der Welt auf und über­zieht das Land mit Krieg und Zer­stö­rung. Der Spie­ler schlüpft in die Rolle eines ange­hen­den Grey War­den, deren Bru­der­schaft nur einer Bestim­mung folgt: Die Darks­pawn zu bekämp­fen und den Arch­de­mon zu töten. Die­ses simple Sze­na­rio ver­tieft und ver­zweigt sich jedoch schnell, da sich die Hin­ter­gründe und Gesetze der Welt von „Dra­gon Age“ Stück für Stück ent­schlüs­seln und eine Viel­falt von The­men und Moti­ven preis­ge­ben. Von Skla­ve­rei über Völ­ker­mord, Ras­sis­mus, Armut, Reli­gion bis hin zu den Ursprün­gen der Exis­tenz als sol­cher sind Teil der Erzählung.

In der Rolle des Entscheidungsträgers?

Ähn­lich der „Mass Effect“-Saga ver­läuft die Hand­lung anhand bekann­ter Rol­len­spiel­me­cha­ni­ken, die sich im Ver­lauf der Reihe, wie schon bei MS gewan­delt haben. Wäh­rend „Dra­gon Age: Ori­gins“ am ehes­ten einem klas­si­schen Rol­len­spiel ent­sprach, war „Dra­gon Age 2“ eher mit einem Able­ger von „Mass Effect“ zu ver­glei­chen und Inqui­si­tion eine Mischung aus „Mass Effect“ und einem groß­an­ge­leg­ten MMO. Dazu kommt ein (zumin­dest im ers­ten Teil) nuan­cier­tes Dia­log­sys­tem, wel­ches ermög­licht, die Hand­lung mit­zu­ge­stal­ten. Hier­bei erlau­ben die Spiele stets Ein­griffe in den Ver­lauf des Gesche­hens, sel­ten jedoch tat­säch­li­chen Ein­fluss auf das Ergeb­nis in gro­ßem Maßstab.

Die Mehr­zahl der Ent­schei­dun­gen dreht sich um die per­sön­li­chen Schick­sale der Prot­ago­nis­ten und ande­rer Cha­rak­tere, was jedoch das Erleb­nis und die emo­tio­nale Ver­bin­dung zur Welt und den Figu­ren ver­tieft und fes­tigt. Dabei soll das nicht hei­ßen, die Ent­schei­dun­gen hät­ten kei­ner­lei Kon­se­quen­zen auf höhe­ren Ebene. Vor allem auf den soge­nann­ten World-State von „Dra­gon Age: Inqui­sis­tion“ (DS3). Die ein­ge­schla­ge­nen Wege von DS1 und DS2 bestimm­ten bei­spiels­weise, wer im König­reich Ferel­den auf dem Thron sitzt oder wel­che Cha­rak­tere erneut auf­tre­ten, jedoch hat dies kei­nen tat­säch­li­chen Ein­fluss auf den Spiel­ab­lauf als sol­chen, sehr wohl jedoch auf das Nar­ra­tiv. Die Emo­tio­nen und Reak­tio­nen der ein­zel­nen Figu­ren, ihre Welt­an­schau­ung und ihre Ant­wor­ten und Fra­gen ver­än­dern sich, abhän­gig von den über hun­dert impli­zi­ten und expli­zi­ten Ent­schei­dun­gen der ver­gan­ge­nen Teile.

Ein Fan­ta­sy­kon­glo­me­rat

„Dra­gon Age“ bedient sich offen vie­ler unter­schied­li­cher Inspi­ra­tio­nen aus ande­ren Able­gern des Fan­tasy-Gen­res jeden Medi­ums. Von der an „A Song of Ice and Fire“ ange­lehn­ten poli­ti­schen Intrige hin zu an den „Herr der Ringe“ ange­lehnte Schlacht- und Kul­tur­sze­na­rien und die Ras­sen sowie Kul­tu­ren von „The­das“. Sogar direkte Anspie­lun­gen und Eas­ter eggs (dh. lus­tige Ver­weise auf Bekann­tes aus ande­ren Wer­ken ver­schie­de­ner Medien) ver­wei­sen auf die Wur­zeln von „Dra­gon Age“. Dabei ist „Dra­gon Age“ jedoch stets mehr als nur gut gemachte Neu­zu­sam­men­set­zun­gen oder Zitate, son­dern baut auf die­ses Fun­da­ment eine eigene Kul­tur­ge­schichte und Mytho­lo­gie sowie poli­ti­sche Situa­tion, wel­che sich auf sehr phi­lo­so­phi­sche Weise mit ernst­haf­ten The­men beschäf­tigt. Einige der zen­tra­len The­men sind bei­spiels­weise Ras­sis­mus, Kolo­nia­lis­mus, Skla­ve­rei, Reli­gion und Theo­rien der Herrschaft.

Ein Koloss unter Kolossen

Die „Dra­gon Age“-Trilogie ist in ihren Aus­ma­ßen so gewal­tig, dass es unmög­lich scheint, alle ihre Aspekte geschlos­sen zu bespre­chen. Dabei trägt diese Größe dazu bei, die The­das als leben­dige und glaub­wür­dige Welt wahr­zu­neh­men. Die Cha­rak­tere sind zwar stets über­zeich­net, jedoch lebens­nah genug, um sich zu iden­ti­fi­zie­ren und die tief­grei­fen­den Hin­ter­gründe klar aber auch mys­te­riös genug, um stets das Inter­esse am Gesche­hen wach zu hal­ten. Bio­ware hat ein Epos geschaf­fen, des­sen Ende noch nicht in Sicht ist und den Spie­lern genug Frei­heit in ihrer aus­ge­klü­gel­ten Erzäh­lung zuge­steht, um den Ein­druck von Ein­fluss und Frei­heit auf die Welt am Leben zu erhal­ten. Diese Balance hält „Dra­gon Age“ raf­fi­niert und hat sich sei­nen Platz an der Spitze der nar­ra­ti­ven Rol­len­spiel­welt neben den Tei­len der „Elder Scrolls“ Reihe und „The Wit­cher“ verdient.

Dra­gon Age: Ori­gins, Dra­gon Age 2, Dra­gon Age: Inqui­sis­tion. Bio­ware. Elec­tro­nic Arts. Ver­öf­fent­li­chung: 2009, 2011, 2014.

Ein Bei­trag in der Reihe um ent­schei­dungs­ba­sierte Spiele.

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