Ein bildschönes Krokodil

by Zeilenschwimmerin Ronja

Unsicht­bar sein, flie­gen kön­nen, Geld aus dem Nichts erschaf­fen. Das sind die Träume vie­ler Men­schen. Was, wenn es tat­säch­lich Men­schen gäbe, die das könn­ten? Mit­ten unter uns. Zau­be­rer. Nein, nicht Harry Pot­ter und Co. Zei­len­schwim­me­rin Ronja hat „Das Glück des Zau­be­rers“ von Sten Nadolny gelesen.

Zau­be­rer ver­ra­ten nie­mals ihre Geheim­nisse an Außen­ste­hende. Kaum jemand außer den Zau­be­rern selbst darf wis­sen, dass Zau­be­rei exis­tiert. Pahroc hat ein lan­ges Leben hin­ter sich und Fähig­kei­ten erlangt, von denen viele nur träu­men. Er kann durch Wände gehen, flie­gen, Bücher in Sekun­den lesen und vie­les mehr. In Brie­fen gibt er sein Wis­sen und seine Weis­heit an seine Enkel­toch­ter weiter.

Natür­lich gibt es keine Hin­weise dar­auf, wie man es nun schafft, durch Wände zu gehen oder unsicht­bar zu wer­den. Die Zau­ber­ge­mein­schaft hätte sonst sicher nie zuge­las­sen, dass die Briefe ver­öf­fent­licht wer­den. Dafür ent­hal­ten die Briefe Lebens­er­kennt­nisse, die auch all­ge­mein­gül­tig sein kön­nen. Pahroc erzählt nicht nur von der Zau­be­rei, er erzählt auch seine Lebens­ge­schichte. Auch wenn es im Ansatz ein wenig an den Hun­dert­jäh­ri­gen (den, der aus dem Fens­ter stieg und ver­schwand) erin­nert, geht „Das Glück des Zau­be­rers“ einen ande­ren, deut­lich erns­te­ren und weni­ger abstru­sen Weg – trotz der Zau­be­rei. Es fliegt viel weni­ger in die Luft und Zau­be­rer sind im All­ge­mei­nen gegen Gewalt, vor allem gegen das Töten.

„Guten Mor­gen, Herr Schlosseck!“
„Hallo Pahroc“, ant­wor­tete das Kro­ko­dil und ließ eine Menge Zähne sehen. „Du sieht heute irgend­wie appe­tit­lich aus.“ […]
„Sie sind ein bild­schö­nes Kro­ko­dil, Herr Schloss­eck, meine Hochachtung!“
Da schmun­zelte er. Es ist unglaub­lich, an wie viel Stel­len sei­nes rie­si­gen Mauls ein Kro­ko­dil gleich­zei­tig schmun­zeln kann. (S. 43)

Auf der einen Seite kann die Zau­be­rei als real inner­halb der erzähl­ten Welt ange­se­hen wer­den. Gleich­zei­tig lässt sie sich aber auch als Sinn­bild ver­ste­hen. Jede Fähig­keit, die Pahroc lernt, ist ihm erst zu einem gewis­sen Zeit­punkt in sei­nem Leben zugäng­lich. So stellt sich bei­spiel­weise die Kunst, Geld aus dem Nichts zu erschaf­fen, erst ein, als seine Kin­der bei­nahe für sich selbst sor­gen kön­nen und die Not nicht mehr so groß ist. Dabei sind die mah­nen­den Worte Pahrocs manch­mal zu beleh­rend und dürf­ten daher weder seine junge Enke­lin noch die Lese­rIn­nen nach­hal­tig beein­flus­sen. Gleich­zei­tig ste­cken viele Beob­ach­tun­gen in die­sem Brief­ro­man, die durch­aus zum Nach­den­ken anre­gen können.

Ob nun als Para­bel oder als phan­tas­ti­sche Geschichte, „Das Glück des Zau­be­rers“ funk­tio­niert für beide Les­ar­ten. Ein unter­halt­sa­mer und nach­denk­li­cher Lesegenuss.

Das Glück des Zau­be­rers. Sten Nadolny. Piper. 2017. Erhält­lich in der Buch­hand­lung eures Vertrauens.

Weiterlesen

Leave a Comment

Diese Seite verwendet Cookies. Mit der Nutzung unserer Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Erfahre mehr