Ein Hauch Romantik im blutigen Zeitalter

by Bücherstadt Kurier

Der eng­li­sche Hof zur Zeit Hein­rich VIII.: Die­ser ist einer der bekann­tes­ten eng­li­schen Herr­scher, der aller­dings nicht durch sein poli­ti­sches Geschick berühmt wurde, son­dern dadurch, dass er fünf Frauen „ver­schliss“, ehe ihn die sechste über­lebte. Hier beginnt der his­to­ri­sche Roman „Die zwölfte Nacht“ von Char­lotte Lyne und hier lässt man sich auch hin­ein­trei­ben in den Zau­ber der zwölf­ten Nacht, die in Eng­lands Hof jedes Jahr groß gefei­ert wird und in wel­cher es keine Regeln gibt. – Von Bücher­bän­di­ge­rin Eli­sa­beth

Cathe­rine Parr wuchs bei den Sey­mours im eng­li­schen Adel auf. Wie so viele andere ist auch sie begie­rig dar­auf, die Zau­ber und Reich­tü­mer zu Hofe zu erfah­ren, sodass sie die zwölfte Nacht – um den Drei­kö­nigs­tag – eines Tages am Hofe ver­brin­gen darf. In die­ser Nacht ist alles anders. Es gibt keine Regeln, der Arme darf reich sein, der Rei­che arm. Alles, was in der zwölf­ten Nacht pas­siert, ist nie pas­siert. Noch ist sie unbe­darft bezüg­lich der Ver­wir­run­gen zu Hofe. Die Schei­dung von Katha­rina von Ara­gon, der ein Bruch mit dem Papst folgt, die Ver­mäh­lung mit Anne Boleyn, Hein­rich VIII. zeigt sich nicht so, wie das Volk es erwartet.
Wäh­rend Cathe­rine ihre Liebe für Tom Sey­mour ent­deckt, mit wel­chem sie auf­ge­wach­sen ist, regt sich der Drang nach einer neuen Reli­gion, die für alle zugäng­lich ist. Cathe­rine hat den Wunsch, ein Buch über ihre Fröm­mig­keit zu schrei­ben und sie will die Bibel lesen kön­nen, aber Latein beherrscht sie nicht. Die Leh­ren Luthers kamen ihr gele­gen, doch dies alles sind ver­bo­tene Schrif­ten, die in Eng­land mit dem Tode bestraft werden.
Tom Sey­mour und sein Bru­der Edward sind Ver­fech­ter des neuen Glau­bens, des Pro­tes­tan­tis­mus. Cathe­rine ent­deckt ihre Liebe für Tom, doch sie wird zuguns­ten der Fami­lie und des Stan­des wil­len mit einem ande­ren Adli­gen ver­mählt. Als sie zum zwei­ten Mal aus einer unlieb­sa­men Ehe her­aus ver­wit­wet, glaubt sie ihren Weg zu Tom Sey­mour gefun­den zu haben. Doch die Ver­fech­ter des neuen Glau­bens sind durch die schar­fen Ver­fol­gun­gen durch den König in größ­ter Gefahr. Und dann steht auch noch Hein­rich VIII. mit einer ver­hee­ren­den Bitte vor ihr.

Char­lotte Lynes „Die zwölfte Nacht“ ist ein gelun­ge­nes Werk, das sich zwi­schen geschicht­li­chen Fak­ten und klei­nen, wert­vol­len Roman­zen und Details bewegt. Ihre Spra­che wirkt ein wenig wie aus einer ver­gan­ge­nen Zeit, aber kei­nes­wegs kom­pli­ziert oder schwer zu lesen. Sie arbei­tet mit schö­nen Bil­dern, tref­fen­den Wor­ten und einem flüs­si­gen Schreib­stil, sodass die Span­nung nicht ver­lo­ren geht. Die Sehn­sucht und Liebe zu Tom, die innige Bezie­hung zu sei­nem Bru­der Edward und zu den pro­tes­tan­ti­schen Leh­rern, die sie hatte, wer­den beschrei­bend in die geschicht­li­chen Hin­ter­gründe und Fak­ten ein­ge­wo­ben, die stim­mig beschrie­ben und ange­ord­net sind.
Dabei ver­zich­tet Char­lotte Lyne kei­nes­wegs auf genaue und exakte Recher­che, bleibt nahe an den his­to­ri­schen Fak­ten. Dass sie sich kleine Frei­hei­ten nimmt, der Ein­fach­heit hal­ber einen unwich­ti­gen Namen ver­än­dert oder ein Ereig­nis ein wenig anders anord­net, ohne dabei den eigent­li­chen Ver­lauf zu stö­ren, tut der tra­gisch-schö­nen Geschichte kei­nen Abbruch.

Char­lotte Lyne hat mich das ganze Buch hin­durch gefes­selt durch einen schö­nen Schreib­stil, eine span­nende und emo­tio­nale Schreib­weise und der stän­di­gen Hoff­nung, den bei­den Prot­ago­nis­ten ein gutes Ende zu wün­schen. Wenn Bücher Geschichte ver­än­dern könn­ten, hätte die­ses es wahr­schein­lich geschafft.

Die zwölfte Nacht. Char­lotte Lyne. Blan­va­let. 2015.

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