Ein Hoch auf die Bücherliebe

by Bücherstädterin Kathrin

Ihr liebt Bücher – egal, ob Taschen­buch, gebun­de­nes Buch, Schmuck­aus­gabe, mit Lese­bänd­chen oder ohne? Ihr liebt den Geruch von Büchern und wenn ihr euch in eurer Woh­nung umschaut, sind sie über­all? Tja, dann gehört ihr wohl zum biblio­phi­len Teil der Bevöl­ke­rung, was bedeu­tet, dass ihr sicher auch Bücher über Bücher und die Liebe zu ihnen zu schät­zen wisst. Genau um diese Bücher­liebe geht es im gleich­na­mi­gen Buch von Annie Aus­ten. Auch Bücher­städ­te­rin Kath­rin konnte nicht wider­ste­hen und hat es sich mit die­sem Kleinod gemüt­lich gemacht und darin geschmökert.

Bücher­sam­meln ist wie­der en vogue ...

Die­sen Trend erkennt die Autorin Annie Aus­ten. Dies macht sie nicht nur an den schein­bar unend­li­chen Zah­len von Shel­fies (ein Foto des Bücher­re­gals allein oder mit sei­nen stol­zen Besit­ze­rin­nen und Besit­zern) in den sozia­len Medien fest, son­dern führt auch noch wei­tere Punkte an. Wuss­tet ihr zum Bei­spiel, dass Ikeas belieb­ter Bücher­re­gal­klas­si­ker Billy welt­weit seit 1979 bereits 110 Mil­lio­nen Mal ver­kauft wurde? Pro Jahr geht es heute circa sie­ben Mil­lio­nen Mal über die Laden­theke, in Groß­bri­tan­nien sind es in etwa 600.000 Billy-Regale. Wisst ihr, wie viel Platz das für Bücher umge­rech­net bedeu­tet? Hal­tet euch fest, euer biblio­phi­les Herz wird bei die­ser Summe höher­schla­gen: Das ist Platz für 90 Mil­lio­nen Bücher – wohl­ge­merkt pro Jahr!

Inter­es­sant, nicht wahr? In dem klei­nen Büch­lein von Annie Aus­ten fin­det ihr viele wei­tere span­nende Über­le­gun­gen (muss man Bücher zum Bei­spiel immer zu Ende lesen? Wie geht man vor, wenn man mit Part­ne­rin oder Part­ner zusam­men­zieht und die Bücher­samm­lun­gen nun ein gemein­sa­mes Zuhause haben?). Dane­ben gibt es immer wie­der Lis­ten zu ganz unter­schied­li­chen Berei­chen: Zehn fik­tive Orte in der Lite­ra­tur, zwölf Bücher, die in Fil­men gele­sen wer­den, Barack Oba­mas letzte Som­mer­lek­türe als Prä­si­dent oder sechs völ­lig schräge Buch­ti­tel – um nur einige zu nen­nen. Gespickt ist das Ganze oben­drein noch mit Zita­ten berühm­ter Per­sön­lich­kei­ten zum Thema Buch, Bücher­liebe und Lesen.

„Ach, wie gut es doch ist, unter lesen­den Men­schen zu sein.“ – Rai­ner Maria Rilke

Wenn euer Herz bei sol­chen biblio­phi­len Fak­ten auch einen Hüp­fer vor lau­ter Bücher­liebe macht, seid ihr bei die­sem Exem­plar gut auf­ge­ho­ben. Spre­chen diese Fak­ten und Über­le­gun­gen schon für sich, kommt der lockere, leichte und sehr ange­nehme Schreib­stil von Annie Aus­ten noch hinzu. In kur­zen Kapi­teln stellt sie mit viel Wort­witz, Selbst­iro­nie und teil­weise gna­den­lo­ser Über­spit­zung viel Wis­sens­wer­tes zum Thema Bücher­liebe zusam­men. Als Kost­probe soll hier ihre Empö­rung zu einem Bild eines Regals aus der Zeit­schrift „Ideal Home“ die­nen. Dort ist ein gro­ßes Regal zu sehen, in wel­chem alle Bücher mit dem Buch­schnitt nach vorne ste­hen (also mit dem Buch­rü­cken zur Rück­wand des Regals!) und ein ein­heit­li­ches papie­re­nes Gesamt­bild abge­ben. Annie Aus­ten schreibt dazu:

„Buch­lieb­ha­ber emp­fan­den die­sen reiz­ar­men Anblick als ver­stö­rend und abso­lut erschre­ckend. Wie, um Him­mels Wil­len, konnte irgend­je­mand dar­auf kom­men, ein der­art wider­li­cher Akt von frei­wil­li­ger kul­tu­rel­ler Selbst­zen­sur in den eige­nen vier Wän­den sei eine gute Idee? [Wie soll man da etwas wie­der fin­den?] Hat man nicht Glück und greift aus purem Zufall nach dem rich­ti­gen Band, wird man letz­ten Endes mit Sicher­heit inmit­ten eines Hau­fens wild durch­ein­an­der­ge­wor­fe­ner Bücher heu­lend zusammenbrechen.“

Die Farbe, die durch sol­che eine Sor­tie­rung ent­steht und das Bücher­re­gal domi­niert, beti­telt sie als „die ödeste, depri­mie­rendste aller Far­ben […], näm­lich ver­gilb­tes Weiß.“ Das Augen­zwin­kern dürfte dem ein oder ande­ren Bücher­wurm sicher ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Das kleine schmu­cke Büch­lein hält viel span­nen­des Wis­sen und einige Gedan­ken zur Buch­liebe fest. Es zele­briert das Bücher­re­gal und ist eine Hom­mage an die Lese­freude. Ein Auf­ruf, stolz dar­auf zu sein, zu lesen.

Doch ein klei­ner Kritikpunkt?

Der ein­zige kleine Wer­muts­trop­fen ist der vom Ver­lag gewählte Unter­ti­tel des Buches „Was Bücher­re­gale über uns ver­ra­ten“, denn auf­grund des­sen habe ich inhalt­lich etwas ande­res erwar­tet. Bei mir hat der Unter­ti­tel die Asso­zia­tio­nen geweckt, man würde etwas über seine eigene Per­sön­lich­keit anhand des eige­nen Bücher­re­gals und Lese­ge­schmacks erfah­ren. Um ein Bei­spiel zu nen­nen, ich hatte so etwas erwar­tet wie: Du sor­tierst deine Bücher nach Far­ben, dann bist du ein beson­ders ord­nungs­lie­ben­der Mensch und hast einen Sinn für Ästhe­tik oder Ähn­li­ches. So ist der Unter­ti­tel tat­säch­lich etwas irre­füh­rend, da er mei­ner Mei­nung nach nicht zum Inhalt des Buches passt, das, wie schon erwähnt, eine Hom­mage an Bücher­re­gale im All­ge­mei­nen und an die Bücher­liebe im Spe­zi­el­len ist. Das eng­li­sche Ori­gi­nal hat übri­gens kei­nen Unter­ti­tel. Dort heißt es ein­fach nur „Shelf Respect“. Der Titel „Bücher­liebe“ alleine wäre aus­rei­chend und vor allem pas­sen­der gewesen.

Doch die­ser Kri­tik­punkt betrifft wirk­lich nur den Unter­ti­tel und nicht den Inhalt des Buches. Denn die­ses Büch­lein ist ein unter­halt­sa­mes Kleinod für alle Biblio­phi­len unter uns. Wenn euch also inter­es­siert, was es mit den rei­ten­den Biblio­the­ka­rin­nen von Ken­tu­cky auf sich hat oder was Oscar Wilde mit den obe­ren Ecken sei­ner Bücher wäh­rend des Lesens gemacht hat (Spoi­ler: Er hat sie geges­sen), dann soll­tet ihr unbe­dingt zu die­ser Lie­bes­er­klä­rung an das Buch grei­fen oder es an euch bekannte Lese­rat­ten ver­schen­ken. Viel Spaß beim Schmökern!

Bücher­liebe – Was Bücher­re­gale über uns ver­ra­ten. Annie Aus­ten. Aus dem Eng­li­schen von Kat­rin Har­laß. Har­per­Col­lins. 2021.

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