Ein kolossaler Glücksfund

by Zeilenschwimmerin Ronja

„Colos­sal“ ist einer jener Filme, von dem ich zum Zeit­punkt sei­nes Erschei­nens über­haupt nichts mit­be­kom­men habe. Wäre er mir nun nicht zufäl­lig in der Biblio­thek in die Hände gefal­len, hätte ich ihn ver­mut­lich nie bemerkt. – Von Zei­len­schwim­me­rin Ronja

„Colos­sal“ wurde – sieht man sich ein­mal auf den übli­chen Sei­ten im Inter­net um – gene­rell von Kri­ti­kern bes­ser auf­ge­nom­men als vom all­ge­mei­nen Publi­kum und ist aus finan­zi­el­ler Sicht ein Flop. Nun, da ich den Film gese­hen habe, glaube ich zu wis­sen warum. Kei­nes­falls, weil „Colos­sal“ schlecht ist – im Gegen­teil, ich fand ihn groß­ar­tig. Die­ser Film ist ledig­lich etwas spe­zi­ell und daher nicht das, was all­ge­mein als mas­sen­taug­lich gilt.

Mons­ter­film trifft Kleinstadtdrama

Regis­seur und Dreh­buch­au­tor Nacho Viga­londo hat Gen­res ver­mischt, die übli­cher­weise nicht gerade Hand in Hand gehen. Tat­säch­lich beginnt der Film wie ein Klein­stadt­drama. Glo­ria (Anne Hat­ha­way) ist arbeits­los und kommt erst mor­gens betrun­ken von ihren nächt­li­chen Par­tys in die Woh­nung ihres Freun­des zurück. Die­ser hat genug von ihren lee­ren Ver­spre­chun­gen und wirft sie raus. Glo­ria sieht kei­nen ande­ren Weg, als in die Klein­stadt zurück­zu­keh­ren, in der sie auf­ge­wach­sen ist. Dort trifft sie auf ihren Kind­heits­freund Oscar (Jason Sude­ikis), der eine Bar betreibt und ihr hilfs­be­reit unter die Arme greift. Dabei hat er ganz eigene Pro­bleme zu bewäl­ti­gen. Diese zei­gen sich nach und nach, als Glo­ria ent­deckt, dass sie das Mons­ter, das Seoul angreift, steu­ern kann.

Diese unge­wöhn­li­che Kom­bi­na­tion funk­tio­niert erstaun­lich gut. Alko­hol­pro­bleme, beruf­li­che und pri­vate Miss­erfolge – das ist für sich genom­men schon genug für einen Film. Ein zusätz­li­cher Erzähl­strang um ein gigan­ti­sches Mons­ter, noch dazu so gen­re­fremd, würde da nor­ma­ler­weise stö­ren. Viga­lon­dos Mons­ter aller­dings ist kein zusätz­li­cher Erzähl­strang, son­dern tief mit den Pro­ble­men der Cha­rak­tere ver­strickt. In einem über­tra­ge­nen Sinne ist das Mons­ter Aus­druck und gleich­zei­tig auch Lösung die­ser Pro­bleme. Sie füh­ren einen Kampf gegen die inne­ren Mons­ter. (Aber keine Sorge, die­ser Film greift nicht auf den ‚Traumtrick‘ zurück, bei dem sich am Ende alles bloß als Traum oder Hal­lu­zi­na­tion her­aus­stellt – ein oft recht bil­li­ger Trick, um eine der­ar­tige Ana­lo­gie zu schaffen.)

Nicht der übli­che 0–8‑15-Standardfilm

Auch wenn ich mir erklä­ren kann, warum „Colos­sal“ kein unglaub­li­cher (finan­zi­el­ler) Erfolg wurde, bedaure ich es. Denn in sei­ner Art erin­nerte mich „Colos­sal“ ein wenig an Guil­lermo del Toros „The Shape of Water“, vor allem aber an den unge­wöhn­li­chen Sci­ence-Fic­tion-Film „Arri­val“ von Denis Ville­neuve. Nicht auf Grund inhalt­li­cher Ähn­lich­kei­ten, son­dern eher unter­grün­dig sti­lis­tisch. Viel­leicht auch ein­fach nur, weil beide Filme eben­falls gen­re­un­ty­pisch sind. Den­noch würde ich behaup­ten: Wenn dir diese bei­den Filme gefal­len haben, ist auch „Colos­sal“ etwas für dich.

Colos­sal. Nacho Viga­londo (Regie & Dreh­buch). Mit Anne Hat­ha­way, Jason Sude­ikis, Dan Ste­vens u.a. Uni­ver­sum Film. Spa­ni­en­/­Ka­na­da/U­SA/­Süd-Korea. 2017. Ab 12 Jahren.

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