Ein Leben nach dem Cape

by Bücherstadt Kurier

Was machen Hel­den, wenn sie ihr Cape able­gen? Kön­nen sie über­haupt noch ein nor­ma­les Leben füh­ren oder ver­fol­gen sie ihre Hel­den­ta­ten wei­ter? Die­sen Fra­gen ging Brian Micheal Ben­dis 2001 in der „Alias“-Comicreihe rund um die ehe­ma­lige Super­hel­din Jes­sica Jones nach. Diese Comic-Reihe, wel­che auch als Vor­lage für die gleich­na­mige Serie ist, erscheint nun in zwei Mega­b­än­den. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian Leo­nardo hat sich den ers­ten Mega­band ange­schaut und beglei­tet die Pri­vat­de­tek­ti­vin mit den Super­kräf­ten bei ihren Fällen.

jessica-jones_aliasEinst als gefei­erte Super­hel­din mit dem glän­zen­den Namen „Jewel“ befin­det sich Jes­sica Jones nun in einem ver­qualm­ten und dre­cki­gen Büro im Man­hat­ta­ner Stadt­teil Hell’s Kit­chen. Ein Schick­sals­schlag brachte sie dazu, ihr Kos­tüm nie­der­zu­le­gen und sich einem nor­ma­len Leben zuzu­wen­den. Jedoch ist es gar nicht so leicht, seine Ver­gan­gen­heit hin­ter sich zu las­sen, wenn sie in einer Welt lebt, wo Super­hel­den zum all­täg­li­chen Stadt­bild gehö­ren. Immer wie­der flüch­tet sie sich in den Alko­hol und in kurze Bett­ge­schich­ten, unter ande­rem mit dem eben­falls ehe­ma­li­gen Super­hel­den Luke Cage.
Ihr Geld ver­dient sie als Pri­vat­de­tek­ti­vin, was sie nicht sel­ten auf die Spur ihres alten Lebens zurück­bringt. So soll sie die ver­schwun­dene Schwes­ter einer Kli­en­tin fin­den, wel­che wohl mit einem Typen durch­ge­brannt ist. Schnell ent­puppt sich die­ser Typ jedoch als Steve Rogers alias Cap­tain Ame­rica und Jes­sica fin­det her­aus, dass sie als Teil eines poli­ti­schen Macht­kamp­fes miss­braucht wurde.
Ein ande­rer Fall führt sie in eine Klein­stadt und auf die Suche nach einer ver­schwun­den, jun­gen Frau. Das Gerücht, dass diese junge Frau eine Mutan­tin sein soll, zusam­men mit den mutan­ten­feind­li­chen Pre­dig­ten des dor­ti­gen Pries­ters füh­ren Jes­sica Jones vor Augen, dass Ras­sis­mus gegen­über „Anders­ar­ti­gen“ bezie­hungs­weise Mutan­ten in vie­len Tei­len der „nor­ma­len“ Bevöl­ke­rung noch stark ver­brei­tet ist.

Sex, drugs and investigation

Allein das erste Wort, wel­ches in die­ser Comic-Reihe fällt, zeigt, dass man keine strah­lende Super­hel­den­ge­schichte erwar­ten kann. Mit einem lau­ten, durch Satz­zei­chen zen­sier­ten „FUCK!“, dass durch die schwarz-braune Tür der „Alias Inves­ti­ga­tion“ – Jes­sica Jones‘ Pri­vat­de­tek­tei – schallt, ist klar, dass das hier dre­cki­ger wer­den könnte. Durch die Ver­öf­fent­li­chung bei Mar­vel MAX-Imprint, wo Mar­vels erwach­se­nere Super­hel­den­ge­schich­ten ver­öf­fent­licht wer­den, war es mög­lich, eine selbst­zer­stö­re­ri­sche Jes­sica Jones zu zei­gen, die raucht, trinkt und flucht. Zudem schaffte es Brian Michael Ben­dis eine düs­tere Noir-Atmo­sphäre zu erzeu­gen, wel­che an Detek­tiv-Geschich­ten aus den 20er oder 30er Jah­ren erinnerte.

Das Spiel mit den Farben

Der Fokus von Micheal Gay­dos Zeich­nun­gen liegt auf den Figu­ren und den wich­ti­gen Details, wäh­rend Hin­ter­gründe meist eher wie Skiz­zen­zeich­nun­gen wir­ken. Eben­falls ist in den Panels eine gelun­ge­ne­Dy­na­mik zu erken­nen. Selbst wenn Jes­sica immer in der glei­chen Hal­tung den Erklä­run­gen ihrer Kli­en­ten lauscht, so wir­ken die Bil­der den­noch nicht mono­ton, was gerade solch klei­nen Details wie dem Rauch der Ziga­rette zuzu­schrei­ben ist.
Eines der prä­gnan­tes­ten Dinge in die­ser Comic-Reihe ist das Spiel mit den Licht- und Farb­stim­mun­gen, wel­che von Matt Hol­lings­worth in Szene gesetzt wur­den. Je näher Jes­sica etwa einem dunk­len Geheim­nis kommt, desto dunk­ler wer­den auch die Panels, bis sie schließ­lich mehr Schat­ten als Licht ent­hal­ten. In glück­li­chen oder zufrie­de­nen Momen­ten aber zie­hen sich diese Schat­ten wei­test­ge­hend zurück und machen Platz für far­ben­fro­here Bil­der. Mit der Farbe Lila ver­bin­det Jes­sica Jones ihr nega­tivs­tes Erleb­nis. Diese Farbe kommt dann zum Ein­satz, wenn es um starke sowie nega­tive Gefühle geht.

Ist das etwas für mich?

bk_superheldDie Alias-Comics erzäh­len die Geschichte einer sehr ver­bit­ter­ten ehe­ma­li­gen Super­hel­din, die sich den­noch immer einen Fun­ken Opti­mis­mus behält. Eben die­ser Kampf mit sich selbst wird im Comic sehr gut auf­ge­zeigt – und erzählt durch Dia­loge und meist ruhige Bil­der eine viel­sei­tige Detek­tiv-Noir-Geschichte. Wer hier ein Action­feu­er­werk wie bei den „Aven­gers“ oder „Spi­der-Man“ erwar­tet, wird ent­täuscht wer­den. Wem jedoch Comics wie „Mar­vels“ oder „Got­ham Cen­tral“ zuge­sagt haben und wer sich für die mensch­li­che Seite der Super­hel­den inter­es­siert, wird auch mit „Jes­sica Jones“ sei­nen Spaß haben.

Jes­sica Jones: Alias – Mega­band 1. Brian Micheal Ben­dis. Zeich­ner: Michael Gay­dos, Bill Sien­kie­wicz, Mark Bag­ley, David Mack. Far­ben: Matt Hol­lings­worth. Panini. 2016.

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