Ein Vampirfilm, der keiner ist

by Buchstaplerin Maike

Mit „Only Lovers Left Alive“ hat Jim Jar­musch einen Film auf die Lein­wand gebracht, der unter dem Deck­man­tel einer Vam­pir-Lie­bes­ge­schichte die Frage nach der Zer­stö­rungs­wut der Mensch­heit, dem Wert von Lite­ra­tur und Musik und der über­dau­ern­den Macht der Liebe stellt.

Der welt­fremde Musi­ker Adam (Tom Hidd­les­ton) fris­tet sein Dasein im her­un­ter­ge­kom­mens­ten Teil Detroits. Von Depres­sio­nen geplagt, fasst er Pläne, sei­nem Leben ein Ende zu set­zen. Wäh­rend­des­sen streift seine Geliebte Eve (Tilda Swin­ton) durch Tan­ger. Von Sor­gen geplagt reist sie zu Adam, um ihn von sei­nem Vor­ha­ben abzu­brin­gen. Beide Unto­ten gehen in ihrer kul­ti­vier­ten Lebens­weise auf, in der sie dem Bei­ßen von Men­schen abge­schwo­ren haben. Doch Adams und Eves Zwei­sam­keit währt nicht lange: Eves jün­gere Schwes­ter Ava (Mia Was­i­kow­ska) mischt sich in das Leben des Paa­res ein, mit fata­len Konsequenzen.

Was „Only Lovers Left Alive“ von ande­ren Vam­pir­fil­men abhebt, ist die Tat­sa­che, dass es sich eigent­lich nur am Rande um einen Vam­pir­film han­delt: Kein ein­zi­ges Mal fällt die Bezeich­nung Vam­pir, und auch sonst wird immer nur ange­deu­tet, was die Prot­ago­nis­ten im Ver­gleich zu den Men­schen (hier „Zom­bies“ genannt) sind. Der Fokus liegt viel­mehr dar­auf, eine Welt zu zei­gen, die im Nie­der­gang begrif­fen ist. Was bleibt, wenn man in einer Welt lebt, die sich selbst zer­stört? Die Part­ner­schaft von Adam und Eve lässt nur eine Ant­wort zu: Man muss die Schön­heit der Welt bewah­ren, die Lite­ra­tur, die Musik, das Tan­zen, die Wis­sen­schaft. Und genauso ver­webt Jar­musch den Kul­tur­pes­si­mis­mus mit Anek­do­ten über Lite­ra­tur und Musik. Beglei­tet von einem mit­rei­ßen­den Sound­track, der auf dem Film­fes­ti­val in Can­nes 2013 aus­ge­zeich­net wurde, und mit beein­dru­cken­der Kame­ra­füh­rung ent­fal­tet sich ein tra­gi­ko­mi­sches Bild von einer Zivi­li­sa­tion, in der die letz­ten leben­den Lie­ben­den um ihren Platz kämp­fen müssen.
Auf­ge­lo­ckert wird das düs­tere Set­ting von manch­mal fast unfrei­wil­lig komi­schen Ent­wick­lun­gen und Details, sodass die Welt zwi­schen Detroit und Tan­ger leben­dig und viel­fäl­tig erscheint.

Wer zu Hal­lo­ween etwas ande­res sehen will als einen Hor­ror­film vol­ler Blut, son­dern einen Film, bei dem der Gru­sel aus den melan­cho­li­schen Bot­schaf­ten resul­tiert, sollte zu „Only Lovers Left Alive“ grei­fen. Der für eine Gol­dene Palme nomi­nierte Film ist eine Erzäh­lung vol­ler Iro­nie, die auf Ästhe­tik und Musik setzt und deren Nach­denk­lich­keit den Zuschauer fesselt.

Buch­stap­le­rin Maike

Only Lovers Left Alive; UK/D 2013; 123 Minu­ten; FSK 12; Buch und Regie: Jim Jarmusch
Dar­stel­ler (Aus­wahl): Tom Hidd­les­ton, Tilda Swin­ton, Mia Was­i­kow­ska, Anton Yelchin

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1 comment

amethyststurm 1. November 2014 - 11:08

Hat dies auf ame­thyst­sturm reb­loggt und kommentierte:
Ihr kennt mich doch mitt­ler­weile. Tom Hidd­les­ton, Tilda Swin­ton, Anton Yel­chin, also die Leute, die gerne in mein Bett kom­men dür­fen, und sie alle sind mit Mia Was­i­kow­ska und John Hurt in einem Nicht-Main­stream-Film über Vam­pire, die nicht glit­zern, und die auch gar nicht Vam­pire genannt wer­den... hach. Ich muss jetzt kurz den Sound­track auf vol­ler Laut­stärke hören...

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