Eine schicksalhafte Reise durch Raum und Zeit

by Bücherstadt Kurier

Die fünf­zehn­jäh­rige Yuri Suzuki, aus Chie Shi­no­h­a­ras „Ana­to­lia Story“, ist über­glück­lich ihren ers­ten Kuss von ihrem Freund bekom­men zu haben. Auch sonst scheint alles im Lot: Hat sie doch im ers­ten Anlauf die Auf­nah­me­prü­fung zur Ober­schule bestan­den. Doch plötz­lich ereig­nen sich selt­same Dinge. Das Was­ser in ihrer Nähe ent­wi­ckelt ein Eigen­le­ben und sie wird schließ­lich von mys­te­riö­sen Hän­den in die Tiefe gezo­gen. Yuri kann sich befreien, doch als sie die Was­ser­ober­flä­che durch­bricht, befin­det sie sich nicht mehr im moder­nen Japan...

Fremde Men­schen, eine fremde Spra­che und ein Ort, den Yuri nie in ihrem Leben gese­hen hat. Wie sich spä­ter her­aus­stel­len soll, ist Yuri im Hat­tu­sha des 14. Jahr­hun­derts vor Christi Geburt gelan­det, der Haupt­stadt des Kai­ser­rei­ches der Hethi­ter im heu­ti­gen Ana­to­lien im Her­zen der tür­ki­schen Repu­blik. Von den Stadt­wa­chen ver­folgt, stol­pert Yuri über einen gut­aus­se­hen­den, jun­gen Mann, der sie zunächst ret­tet, indem er sie als seine Geliebte aus­gibt und vor den Wachen ver­birgt – ja sogar küsst! Dass sie nun auf wun­der­same Weise die Spra­che ver­steht, nimmt Yuri erneut Reiß­aus, nur um den Wachen doch noch in die Arme zu lau­fen und der Draht­zie­he­rin ihrer Zeit­reise aus­ge­lie­fert zu wer­den. Köni­gin Nakia beab­sich­tigt, die erst­ge­bo­re­nen Söhne ihres Man­nes durch einen Fluch zu töten und ihren eige­nen Sohn auf den Thron zu set­zen. Dazu bit­tet sie als Pries­te­rin des Was­sers die Göt­ter um ein Opfer, das sie ihr schi­cken – Yuri.
Nur mit der Hilfe des jun­gen Man­nes, der sich als Prinz Kail Mur­sili ent­puppt und sie als seine Kon­ku­bine aus­gibt, ent­geht Yuri dem siche­ren Opfer­tod. Unter­rich­tet über Nakias Pläne und diese zer­schla­gen wol­lend, ver­spricht er Yuri einen Weg nach Japan zurück zu finden.

Dies ist der Beginn eines lan­gen, abwechs­lungs­rei­chen Aben­teu­ers, das die junge Hel­din nicht nur durch die Zeit, son­dern auch weit durch das hethi­ti­sche Groß­reich bis nach Ägyp­ten unter der Herr­schaft Nofre­te­tes führt.
Mit „Ana­to­lia Story“ („Sora wa Akai Kawa no Hotori“) legte Chie Shi­no­h­ara von 1995 bis 2002 eine 28-bän­dige Shoujo-Reihe vor, in der sich die Ereig­nisse nur so über­schla­gen. Hier­zu­lande erschien die Geschichte zunächst beim Egmont Manga & Anime-Ver­lag kapi­tel­weise in der Antho­lo­gie „Manga Twis­ter“ bis sie 2005 den Sprung zur Ein­zel­ver­öf­fent­li­chung schaffte. Seit 2011 liegt die Serie abge­schlos­sen vor.

Für das Shoujo-Seg­ment erscheint „Ana­to­lia Story“ recht unge­wöhn­lich. Schon das Set­ting hebt sich deut­lich von denen der zahl­reich erschei­nen­den High­school und Romance Manga ab und ori­en­tiert sich mal mehr und mal weni­ger genau an his­to­ri­schen Fak­ten. Dem Leser wer­den die Gefah­ren der anti­ken Welt deut­lich gemacht. Es wird Gewalt ange­wandt, Men­schen wer­den getö­tet und Kriege geführt. Nicht nur ein­mal bangt man mit Yuri um ihr oder das Wohl ihrer neu gewon­ne­nen Freunde. Nakia ver­sucht unun­ter­bro­chen durch unter­schied­li­che poli­ti­sche Intri­gen an ihr Ziel zu kom­men. Und sie bleibt nicht die ein­zige Feindin.
Die Geschichte bleibt dabei abwechs­lungs­reich und war­tet mit eini­gen Über­ra­schun­gen und dra­ma­ti­schen Wen­dun­gen auf. Natür­lich spielt auch hier die Liebe eine große Rolle, die Yuri bald vor die schwere Wahl stellt. Soll sie bei Kail blei­ben, in den sie sich lang­sam aber sicher ver­liebt, oder doch nach Hause zurückkehren?

„Ana­to­lia Story“ ist ein unter­halt­sa­mer Manga aus den spä­ten 90er bis 2000er Jah­ren und war­tet mit gut durch­dach­ter Sto­ry­line, inter­es­san­ten Cha­rak­te­ren und hüb­schen Zeich­nun­gen auf. Wer sich auf ein gro­ßes Aben­teuer mit his­to­ri­schen Ein­schlä­gen ein­las­sen möchte und Abwechs­lung zum Shoujo Ein­heits­brei sucht, ist mit die­sem Titel gut beraten.

Clau­dia

Ana­to­lia Story, Chie Shi­no­h­ara, Egmont Ver­lag, 2005

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