Eine schrecklich unaufgeräumte Familie #Todesstadt

by Geschichtenerzähler Adrian

Geis­ter, Dämo­nen, Wer­wölfe, magi­sche Rei­che und ein Mes­sie-Pro­blem. Die Fami­lie Gray hat es nicht leicht in der Geschichte der Wim­mel­bild-Com­pu­ter­spiel­reihe „Grim Tales“ des deut­schen Ent­wick­ler­stu­dios astra­gon Enter­tain­ment. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian und Geschich­ten­zeich­ne­rin Celina haben sich um die ers­ten vier Fami­li­en­pro­bleme gekümmert.

In „Grim Tales: Die Braut“ fängt alles eigent­lich ganz harm­los mit einer Hoch­zeit zwi­schen Luisa und John an. Doch die Fami­lie Gray, zu der John gehört, würde ihrem Ruf nicht gerecht wer­den, wenn das nicht kom­plett schief­ge­hen würde. Stand der Dinge: Luisa ist tot und John wird ver­däch­tigt, sie umge­bracht zu haben. Mit der Fähig­keit, durch Bil­der und Fotos in die Ver­gan­gen­heit rei­sen zu kön­nen, macht sich die namen­lose Schwes­ter von Luisa auf, um die Gescheh­nisse auf­zu­klä­ren. Dies endet in einem Vater-Töch­ter-Drama mit einem Hauch von Dämon.

Wenn man als namen­lose Schwes­ter nun denkt, die Pro­bleme seien vor­bei und die Grays wür­den glück­lich wer­den, falsch gedacht. Kurz nach der Geburt ihres Nef­fen stellt sich in „Grim Tales: Das Ver­mächt­nis“ her­aus, dass das dunkle, unheim­li­che Schloss der Grays ein Wer­wolf-Pro­blem hat, das auf einen Vor­fah­ren der Gray-Fami­lie zurückgeht.

Nun sollte die kleine Fami­lie doch glück­lich bis an ihr Ende leben, aber mal wie­der muss die Prot­ago­nis­tin den Kar­ren aus dem Dreck zie­hen. In „Grim Tales: Gefähr­li­che Wün­sche“ hat ihr Neffe Bran­don einen Pakt mit einer Hexe geschlos­sen, um seine Puppe leben­dig zu machen. Oder war es um sei­nen Vater John Gray wie­der­zu­be­kom­men, der irgendwo am Polar­kreis ver­schol­len ist? Man weiß es nicht. Nun ja, auch die Hexe macht es nicht lange und wie­der ist der Tag gerettet.

Im vier­ten Teil „Grim Tales: Die Stein­kö­ni­gin“ geht es in die Klein­stadt Stone­ville, die mit einem Stein­pro­blem zu kämp­fen hat – bei dem Namen war das vor­her­zu­se­hen. Die namens­ge­bende Stein­kö­ni­gin ver­wan­delt die Klein­stadt­be­woh­ner in Stein­sta­tuen. Wo sol­che merk­wür­di­gen Ereig­nisse statt­fin­den, kann ein Gray nicht weit sein und es dau­ert nicht lange, da wird die Prot­ago­nis­tin auch fün­dig. Eigent­lich nur durch Zufall trifft man in der Stadt gleich auf zwei Ange­hö­rige der Unglücks­fa­mi­lie, Bran­don und den Bru­der von John. Ers­te­rer scheint nur noch so halb­le­ben­dig und es ist mal wie­der an der Prot­ago­nis­tin, den Tag zu retten.

Geschich­ten wie aus einem Zeitungskiosk

Geht man allein von den Geschich­ten der ein­zel­nen Wim­mel­bild­spiele aus, so sind diese nicht beson­ders abend­fül­lend. Wäh­rend die Zusam­men­fas­sung jedes Aben­teu­ers wohl auf einen Bier­de­ckel pas­sen würde – wenn nicht sogar die von allen Vie­ren zusam­men – beruht die Länge der Spiele größ­ten­teils auf den vie­len Rät­seln und Wim­mel­bil­dern, bzw. wie lange man für diese braucht.

Auch wenn die Geschich­ten nicht beson­ders viel her­ge­ben und mit rei­hen­weise lächer­li­chen Momen­ten auf­war­ten, unter­strei­chen sie die Wege von Rät­sel zu Rät­sel und machen die Exis­tenz die­ser bis zu einem gewis­sen Grade nachvollziehbar.

Wenn der Müll überhandnimmt

Neben ihrem Hang dazu, aller­lei magi­sche Pro­bleme anzu­zie­hen, haben die Grays auch noch ein rie­si­ges Müll­pro­blem. Zwar eig­nen sich diese Berge von Unrat wun­der­bar dafür, als Wim­mel­bild darin nach ver­schie­dens­ten Gegen­stän­den zu suchen, doch es ist beein­dru­ckend, was alles aus einem Schrank oder Gully quillt, sollte man wagen ihn zu öff­nen. Ins­ge­samt glei­chen die Unter­künfte der Fami­lie Gray meist eher einer bau­fäl­li­gen Ruine als einem war­men, ange­neh­men Heim: So etwa ein altes, ver­fal­le­nes Schloss oder ein halb­ka­put­tes Haus mit zuge­müll­tem Gar­ten und ver­si­ff­ter Küche.

Einen Ham­mer für zu harte Rät­sel­nüsse, bitte.

Neben all dem Schmutz, gleicht es einer schie­ren Unmög­lich­keit sich frei in einem Heim der Fami­lie Gray zu bewe­gen. Gefühlt neun­zig Pro­zent der Schlös­ser dort sind ent­we­der durch Sym­bol-Embleme und/oder kom­pli­zierte Rät­sel ver­schlos­sen. Wir wol­len nicht den Schlüs­sel­bund die­ser Fami­lie besit­zen, bezie­hungs­weise, was tun, wenn man schnell mal auf die Toi­lette muss?

Die Rät­sel sind ent­we­der lang­wei­lig ein­fach oder bock­schwer und gerade die­ses hin und her sorgt meist für ein frus­trier­tes Seuf­zen. Viel zu häu­fig kam der Wunsch auf – und viel zu häu­fig wurde die­sem Wunsch nach­ge­ge­ben – ein­fach auf ‚Lösen‘ zu kli­cken. Die­ses gefühlt stun­den­lange Hocken vor eini­gen Rät­seln reißt immer wie­der aus einem flüs­si­gen Spielgefühl.

Warum hat sie das weggeschmissen?

Auch die Prio­ri­tä­ten, die das Spiel bei Gegen­stän­den setzt, sowie die Hand­lun­gen der Spiel­fi­gur, sind hin und wie­der kaum bis gar nicht nach­voll­zieh­bar und schei­nen – wie einige Rät­sel – nur dazu zu die­nen, das Spiel unnö­tig in die Länge zu zie­hen. Bei­spiels­weise ver­schwin­det eine, ein­ma­lig genutzte Schere aus dem Inven­tar, obwohl nur zwei bis drei Bil­der wei­ter erneut eine benö­tigt wird.

Ebenso kön­nen Hand­lun­gen, wie etwa das Bei­sei­te­räu­men von ein paar Baum­blät­tern oder eini­gen Ästen, nicht per Hand getä­tigt wer­den, son­dern nur mit Hilfe von Harke und Gar­ten­schere. Das wirkt teil­weise sehr gestellt.
Die ab dem zwei­ten Teil bereit­ge­stellte Karte, die das Fin­den von Gegen­stän­den und Rät­sel ver­ein­fa­chen soll, weist immer wie­der Lücken auf, sodass sich zwar eine Gewöh­nung an die Benut­zung ein­stellt, man aber immer wie­der fest­stellt, dass sie eini­ges nicht anzeigt und so zu einer leich­ten Ver­wir­rung füh­ren kann.

Gut gezeich­net, schlecht animiert

Rein optisch sind die „Grim Tales“-Teile ein wirk­li­cher Hin­gu­cker. Die vie­len Bil­der und Loca­ti­ons sind mit einem hohen Grad an Detail­reich­tum gestal­tet und bie­ten viele Momente, in denen man sich bei­spiels­weise in den Wim­mel­bil­dern umschaut und kleine Tiere, fili­grane Schmuck­stü­cke oder sons­ti­ges schön Design­tes ent­deckt. Atmo­sphä­risch sor­gen die ein­zel­nen Sze­nen für die rich­tige Stim­mung. Auch wenn das Schloss im zwei­ten Teil bereits halb aus­ein­an­der­fällt und man sich als Spie­len­der fragt, wie ein Leben hier mög­lich ist, sieht es wenigs­tens dabei unheim­lich aus und zele­briert seine Unordnung.

Wo die ruhi­gen und (fast) unbe­weg­li­chen Bil­der durch ihre Hoch­wer­tig­keit glän­zen, so wird man bei den Bewe­gungs­ani­ma­tio­nen von den Figu­ren ruck­ar­tig aus der Welt geris­sen. Diese sind meist höl­zern, nicht ins Bild pas­send und gra­fisch weit unter dem Niveau des rest­li­chen Spiels.

Ein Hor­ror für Sauberkeitsfanatiker

Obwohl die Geschich­ten der ers­ten vier Teile etwas an den Haa­ren her­bei­ge­zo­gen wir­ken, sind sie unter­halt­sam und unter­ma­len ein stim­mungs­vol­les Wim­mel­bil­d­er­leb­nis – obwohl sie im betrun­ke­nen Zustand bei Wei­tem amü­san­ter sind.

Auch wenn das Zusam­men­sam­meln der ein­zel­nen Sym­bol­schlüs­sel und das Back­tracking (immer wie­der bekannte Orte nach Sachen absu­chen) auf Dauer etwas anstren­gend sind, so ist es eher das schwan­kende Rät­sel­ni­veau, das Grim Tales für Rät­sel­neu­linge weni­ger emp­feh­lens­wert macht. Die ver­schie­de­nen, namens­ge­ben­den Wim­mel­bil­der sind wohl das High­light der Spielereihe.

Grim Tales 1–4. Ent­wick­ler: astra­gon Enter­tain­ment. Publis­her: Big Fish Games. 2012–2013. PC.

Ein Bei­trag zum Spe­cial #Todes­stadt. Hier fin­det ihr alle Beiträge.

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