Eine Starbesetzung und ein Mordfall

by Geschichtenzeichnerin Celina

Wäh­rend einer Zug­fahrt wird Edward Rat­chett tot auf­ge­fun­den. Tat­waffe: Ein Mes­ser, mit dem mehr­fach auf ihn ein­ge­sto­chen wurde. Doch wer ist der Mör­der? Geschich­ten­zeich­ne­rin Celina folgt den Ermitt­lun­gen in der mitt­ler­weile vier­ten Ver­fil­mung von Aga­tha Chris­tis Roman „Mord im Ori­ent­ex­press“.

Her­cule Poi­rot ent­schei­det sich auf der Rück­reise von einem Fall, in den Ori­ent­ex­press ein­zu­stei­gen. Sein Freund und Sohn des Direk­tors der Eisen­bahn­ge­sell­schaft Mon­sieur Bouc ver­hilft ihm zu einem Platz im eigent­lich aus­ge­buch­ten Express. Gemein­sam tre­ten sie die Reise an. Wäh­rend der Fahrt kommt es zu einem Unwet­ter, das eine Lawine aus­löst, wel­che die Lok ent­glei­sen lässt. Ein Wei­ter­kom­men ist erst­mal nicht mög­lich. Dar­über hin­aus wird der dubiose Kunst­händ­ler Rat­chett, gespielt von Johnny Depp, ermor­det in sei­nem Abteil auf­ge­fun­den. Der bel­gi­sche Detek­tiv Poi­rot, der sich eine ruhige Reise erhofft hatte, nimmt wider­stre­bend die Ermitt­lun­gen auf, um somit den Täter unter den Rei­sen­den zu finden.

Ein unschlag­ba­rer Ermittler

Her­cule Poi­rot, ver­kör­pert von Ken­neth Bra­nagh mit mar­kant kräf­ti­gem Schnurr­bart, ist nach sei­ner über­aus erfolg­rei­chen Lauf­bahn als Detek­tiv dem Ruhe­stand nahe. Er ist raf­fi­niert und in sei­nem Métier einer der Bes­ten, aber bei die­sem Fall wirkt er teils ver­zwei­felt. Anders wird dies im gleich­na­mi­gen Roman beschrie­ben, wo er zwar klei­ner ist, dies aber durch ein rie­si­ges Ego aus­gleicht. Dort denkt er nicht an den Ruhe­stand, son­dern ist über­aus moti­viert und reibt einem immer wie­der unter die Nase, einer der bes­ten Detek­tive der Welt zu sein. Dies bekom­men im Buch auch Mon­sieur Bouc und der Dok­tor Stav­ros Con­stan­tine, die Poi­rot bei den Ermitt­lun­gen hel­fen, mit. Immer wie­der ist er über­heb­lich und glänzt mit recht­ha­be­ri­schem Sar­kas­mus die­sen gegen­über. Im Film gibt es diese Kon­stel­la­tion nicht, da Poi­rot allein ermit­telt und sich höchs­tens sei­ner Freund­schaft zu Mon­sieur Bouc sicher sein kann. Dok­tor Con­stan­tine fällt als Cha­rak­ter kom­plett weg.

Aber die­ses Phä­no­men, dass Inhalte ver­än­dert wer­den, scheint es viel­fach bei Buch­ad­ap­tio­nen zu geben. Alle ande­ren Cha­rak­tere, die sich im Zug befin­den, sind eben­falls neu inter­pre­tiert; man­che mehr, andere weniger.

Hol­ly­wood-Strei­fen

Die Abwei­chun­gen zwi­schen Buch und Film las­sen sich auch an äußer­li­chen Merk­ma­len erken­nen. So ist Mon­sieur Bouc im Film, gespielt von Tom Bateman, ein Jung­spund, wäh­rend die­ser im Roman ein klei­ner, älte­rer, unter­setz­ter Mann mit Bürs­ten­haar­schnitt ist. Wei­ter­hin ist die­ser ursprüng­lich nicht ein­fach nur der Sohn des Direk­tors der Eisen­bahn­ge­sell­schaft, son­dern selbst der Direk­tor. Ver­gleich­bar ist das etwa mit den Neu­ver­fil­mun­gen von Sher­lock Hol­mes, in denen bei­spiels­weise die Haupt­dar­stel­ler jün­ger sind als in der Romanvorlage.

Dafür wim­melt es nun im Zug vor Stars. Ken­neth Bra­nagh, der den Prot­ago­nis­ten mimt und gleich­zei­tig Regie führt, gibt Her­cule Poi­rot ein tref­fen­des Gesicht und setzt seine Rolle über­zeu­gend um. Ebenso ist die kurze und den­noch ent­schei­dende Dar­bie­tung von Johnny Depp als Rat­chett bemer­kens­wert gut.
Wei­tere pro­mi­nente Dar­bie­tun­gen sind unter ande­rem: Pené­lope Cruz als streng­gläu­bige Mis­sio­na­rin Pilar Est­ra­va­dos, der Wie­ner Pro­fes­sor Mr. Hard­man, gespielt von Wil­lem Dafoe, Judi Dench als Prin­zes­sin Nata­lia Dra­go­mi­roff oder die Witwe Caro­line Hub­bard, von Michel Pfei­fer in Szene gesetzt. Ebenso hat Star-Wars-Hel­din Daisy Rid­ley eine Rolle als Gou­ver­nante Mary Debenham.

Ich habe gese­hen, wer es war

Die prä­sen­tier­ten Land­schafts­auf­nah­men und die Kame­ra­füh­rung sind große Plus­punkte des Films. Teils wird in der Tota­len die Fahrt durch ver­schneite Berg­land­schaf­ten gezeigt oder es wird fron­tal auf den Zug gefilmt. Hinzu kom­men Auf­nah­men, wel­che die Zuschauer durch die Wagons füh­ren. Wobei die Sze­nen im Zug auch wie­der unter­schied­li­che Kame­ra­ein­stel­lun­gen auf­wei­sen. So erhält man als Betrach­ter ver­schie­dene Per­spek­ti­ven auf die ent­spre­chen­den Sze­nen. Durch einige Ent­schei­dun­gen bezüg­lich der Sze­ne­rien – etwa in der Befra­gung von Mary Deben­ham oder die kom­plette Auf­lö­sung des Falls – geht die bedrü­ckende, kam­mer­spiel­ar­tige Atmo­sphäre des Ori­gi­nals etwas ver­lo­ren. Trotz­dem kann man von „Mord im Ori­ent­ex­press“ gut unter­hal­ten werden.

Mord im Ori­ent­ex­press. Regis­seur: Ken­neth Bra­nagh. Dreh­buch: Michael Green. Dar­stel­ler: Ken­neth Bra­nagh, Daisy Rid­ley, Johnny Depp, Judi Dench, et al. Fox. USA. 2017.

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