Eine tierische Zombieapokalypse

by Geschichtenerzähler Adrian

Mit dem Roman „Hol­low King­dom“ lie­fert die Autorin und Jour­na­lis­tin Kira Jane Bux­ton ihren Debüt-Roman ab. In die­sem geht es um die Krähe Shit Turd, kurz S.T., sowie den Hund Den­nis, die sich, nach dem Aus­bruch einer Zom­bie­apo­ka­lypse, ihren Weg durch Seat­tle bah­nen. Geschich­ten­er­zäh­ler Adrian war begeis­tert von der Idee des Per­spek­tiv­wech­sels, schaffte es aber nur bis zur Hälfte des Buches, bis er aufgab.

Eigent­lich lebt die Haus­krähe S.T. ein ent­spann­tes Leben, denn sowohl ihr als auch dem Hund Den­nis geht es bei ihrem Besit­zer Big Jim, der alle Men­schen nur als Mofos, bezie­hungs­weise Mother­fu­ckers, bezeich­net, recht gut. Als die­ser sich eines Tages selt­sam ver­hält, ver­sucht S.T. alles, was in sei­ner Macht steht, um sei­nen Besit­zer wie­der nor­mal zu machen. Doch weder Medi­ka­mente noch irgend­et­was ande­res scheint zu helfen.

Über Echo, das Intra­net der Vögel, hört S.T. eines Tages die Stimme eines mys­te­riö­sen Wesens namens Onida, das ihn zu rufen scheint, machen sich die bei­den Haus­tiere zusam­men auf den Weg und stel­len sich den Gefah­ren der neuen, ver­än­der­ten Welt.

Ein inter­es­san­ter Perspektivwechsel

Wie erle­ben eigent­lich die Tiere solch ein Sze­na­rio? Um diese Frage zu beant­wor­ten, ist die Wahl eines Vogels, durch des­sen Augen man blickt, eine gelun­gene Idee, da aus der Luft alles etwas anders aus­sieht. Hier eine Krähe zu wäh­len, ist eine gute Ent­schei­dung, da sie als eine beson­ders kluge sowie soziale Vogel­art gilt.

Aller­dings ist diese Idee schlep­pend und lang­at­mig umge­setzt. Man­che Kapi­tel bestehen größ­ten­teils aus Land­schafts­be­schrei­bun­gen, in denen S.T. immer wie­der sei­nem gemüt­li­chen Leben bei Big Jim nach­trau­ert und auf­zählt, was er jetzt alles nicht mehr hat.

Eine nette Auf­lo­cke­rung sind dabei die klei­nen Kurz­ge­schich­ten von ande­ren Haus­tie­ren und deren Umgang mit der neuen Situa­tion. Diese kom­men jedoch viel zu sel­ten vor – etwa alle 30 bis 50 Sei­ten – und neh­men mit ihrer durch­schnitt­li­chen Länge von zwei­ein­halb Sei­ten ins­ge­samt gerade mal circa 35 Sei­ten des gesam­ten Romans ein.

Kom­mu­ni­ka­tion im Tierreich

Natür­lich ist ver­ständ­lich, dass, wenn Tiere ver­schie­de­nen Arten ange­hö­ren, sie nicht ein­fach unter­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren kön­nen. So gibt es hier für ver­schie­dene Spe­zies unter­schied­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­tho­den. Vögel haben wie gesagt Echo, die Was­ser­le­be­we­sen Aura und die Land­le­be­we­sen Netz. In Letz­te­ren sind eben­falls die Bäume und Pflan­zen vertreten.

Was in „Hol­low King­dom“ als wirk­lich gutes und nach­voll­zieh­ba­res Sys­tem eta­bliert wird, wird an man­cher Stelle immer wie­der durch­bro­chen. Prä­gnant ist dabei, dass es zwi­schen S.T. und sei­nem Hun­de­be­glei­ter Den­nis keine ver­bale Kom­mu­ni­ka­tion gibt, da der eine ein Vogel und der andere ein Hund ist, kann man anfangs den­ken. Doch als S.T. auf einen Maul­wurf und ein Opos­sum trifft, scheint sie nichts an einem net­ten Plausch zu hin­dern. Warum sich S.T. und Den­nis nicht ver­bal unter­hal­ten kön­nen, wird von Kapi­tel zu Kapi­tel immer frag­li­cher und weni­ger nachvollziehbar.

Unglei­ches Gespann

Durch den unver­ständ­li­chen Aus­tausch sowie die unter­schied­li­chen Stär­ken der bei­den Weg­ge­fähr­ten, ähnelt die Inter­ak­tion mit- und für­ein­an­der sehr Figu­ren­kon­stel­la­tio­nen wie bei­spiels­weise bei „Aste­rix und Obelix“, oder „Pinky and the Brain“. Im Film oder in der Lite­ra­tur ist solch ein Duo als ‚brain-and-brawn-trope‘ (deutsch etwa: Hirn-und-Sülze-Motiv) bekannt.

‚Trope‘ (engl.) nennt man ein wie­der­keh­ren­des, nar­ra­ti­ves Stil­mit­tel in unter­schied­li­chen Geschich­ten / Erzäh­lun­gen. So fal­len bei­spiels­weise auch a heroes jour­ney (die Hel­den­reise) oder die dam­sel in dis­tress (die Jung­frau in Nöten) unter diese Kate­go­rie. (https://​tvtro​pes​.org/​p​m​w​i​k​i​/​p​m​w​i​k​i​.​p​h​p​/​M​a​i​n​/​T​r​o​pes)

S.T. über­nimmt hier die Rolle des Hirns und Den­nis die des Kraft­pa­kets, da er als gro­ßer Hund auf viele andere Tiere abschre­ckend wirkt. Doch die Kom­bi­na­tion zwi­schen Land- und Luft­tier ist nicht so vor­teil­haft für die Erzäh­lung. Den­nis wirkt zum Groß­teil der Geschichte eher wie ein Klotz am Bein von S.T., da die­ser immer wie­der zurück­ge­las­sen oder sogar geret­tet wer­den muss.

Gute Idee mit opti­mier­ba­rer Umsetzung

Wie schon erwähnt ist die Idee, solch ein Sze­na­rio durch die wort­wört­li­che Vogel­per­spek­tive zu erle­ben, wirk­lich sehr inter­es­sant. Bux­ton regt mit „Hol­low King­dom“ dazu an, sich ein­mal damit aus­ein­an­der zu set­zen, wie wohl das eigene Haus­tier in solch einer Situa­tion klar kom­men würde. Jedoch ist der Fokus auf die Krähe S.T. teils sehr ermü­dend und die Flug­pas­sa­gen ähneln ein­an­der stark.

Da die klei­nen Kurz­ge­schich­ten von ande­ren Haus­tie­ren zwi­schen­drin die Stim­mung etwas auf­lo­ckern, hätte es dem Buch gut getan, wenn die­ser Part aus­ge­wei­tet wor­den wäre. Eine Kurz­ge­schich­ten­samm­lung rund um unter­schied­li­che Haus- und Wild­tiere, mit der Rah­men­hand­lung einer (Zombie-)Apokalypse, bezie­hungs­weise ein Welt-ohne-Men­schen-Sze­na­rio, wäre eine bes­sere Mög­lich­keit gewesen.

Hol­low King­dom. Kira Jane Bux­ton. Über­set­zung: Hen­ning Ahrens. Fischer Tor. 2020.

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